Riesenmaschine

12.02.2006 | 15:56 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Ringe, Rätsel, Riesenwelten


Juni 2005: Ringe, im Vorbeifahren (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

September 2005: Schwamm gefunden (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Oktober 2005: Bergsteigen auf Dione (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Saturn ist eindeutig der Trend-Planet 2005, 2006, 2007 und so weiter. Saturn ist unter den Planeten das, was das Schnabeltier unter den Tieren ist, ein offensichtlicher Beweis für den absurden Humor des alten Mannes mit dem langen Bart, der sich das ja wohl alles ausgedacht hat, zufällig kommt sowas doch nicht zustande, wie wir gleich sehen werden. Ursache für die neue Saturn-Begeisterung unter den Planeten-Begeisterten ist natürlich die wagemutige Raumsonde Cassini, die seit anderthalb Jahren dort herumreist und immer mal wieder bizarre Urlaubsgrüsse nach Hause schickt.

Man muss gar nicht über die Ringe sprechen, denn Ringe kennt und schätzt jeder, und auch wenn niemand weiss, wo sie eigentlich herkommen, es sind eben nur Ringe. Bestürzend dagegen die Rätselhaftigkeit der Saturnmonde, vom "New Scientist" kürzlich wissenschaftlich korrekt "Motley Crew" genannt: Japetus hat eine weisse und eine schwarze Seite, zudem rätselhafte schwarze Flecken, und exakt um den Äquator herum zieht sich ein viele Kilometer hoher Gebirgsgrat, so dass der Mond aussieht wie eine Walnuss, auf der man Schach spielen kann. Enceladus ist das weisseste Objekt im Sonnensystem, weil es komplett mit herrlichem Wassereis bedeckt ist, eine Art Gletschermond ohne Punkt und Komma, aber mit aktiven Vulkanen, der ausserdem eigenhändig einen der Saturnringe aus sich herausgedampft hat. Hyperion wiederum kommt daher wie ein unförmiger Schwamm, in den irgendein Schwammesser an einer Seite ein grosses Loch genagt hat. Phoebe ist vielleicht gar kein Mond, sondern ein Komet und sieht auch dementsprechend wirr aus. Und dann Mimas, der Darth Vaders "Todesstern" erschreckend ähnlich sieht, was beim Cassini-Bodenpersonal offenbar Anlass zu grosser Heiterkeit ist.

Schliesslich Titan, eigentlich der populärste dieser Bande, nicht erst seit vor gut einem Jahr Cassini-Abkömmling Huygens auf ihm landete, ein ähnliches schwieriges Kunststück wie die Quadratur des Kreises oder so. Dank Huygens wissen wir nicht nur, dass Titan aussieht wie ein Elefantenarsch, was kaum überraschend Wissenschaftler zu Vergleichen mit Frankreich oder England nötigt, sondern auch von den grossartigen Rauschgeräuschen, die er zustandebringt. Seit Jahrzehnten steht Titan auf der Wunschliste von allen, die es auf der Erde nicht mehr aushalten, obwohl niemand so genau wusste warum. Heute kann man es sehen: Titan bietet Methanflüsse, Eisdünen, schönes Wetter und eine phantastische Aussicht, und das ist weit mehr als die allermeisten anderen Orte.

Saturn hat übrigens mindestens 49 Monde und das waren bis jetzt nur sechs davon. Wieso haben wir eigentlich nicht 49 Monde, alter Mann?


05.02.2006 | 05:11 | Berlin | Nachtleuchtendes

müllfunk aus dem all


Abbildung ähnlich (Foto: numb3r) (Lizenz)
Rund 330 Millionen menschengemachte Objekte schwirren im Erdorbit, schätzt das Institut für Luft und Raumfahrtsysteme. Kronkorken umkreisen leere Westerntopfdosen, Astronautensocken ziehen Buttersäurespuren durchs Vakuum, und Kekskrümelwolken verdunkeln den Himmel. Ein ganz kleines bisschen, jedenfalls.

Neuester Tänzer im Abfallreigen ist ein gebrauchter Raumanzug, der am Freitag aus der Internationalen Raumstation geschmissen wurde, mit einem alten Funkgerät drin, das vermutlich auch keiner mehr wollte. Jetzt umkreist der Anzug die Erde und funkt einmal pro Minute nutzlos seine Innentemperatur, fünfsprachige Grussbotschaften und ein Fernsehbild durch die Gegend – eine konsequente, multimediale Müllskulptur also. Ausgedacht haben sich das pfiffige Recyclingprojekt angeblich die Russen, was vermutlich ebenso gelogen ist wie die alte Legende, die Amerikaner hätten 12 Millionen Dollar für die Entwicklung eines Space Pen ausgegeben, der unter Schwerelosigkeit schreibt, während die Russen einfach Bleistifte mit ins All nahmen.

Wer dem leeren Anzug zuhören will, sollte seine riesige Antenne jetzt dann mal so langsam, nämlich gegen 6 Uhr in den Himmel über Mitteleuropa richten, wenn die ISS und ihre Müllwolke vorbeischwirren. (Nichteuropäer müssen selber nachgucken.) Aber nicht zuviel erhoffen, denn wie es aussieht, ist der Anzug entweder ganz kaputt, oder jedenfalls deutlich sendeschwächer als gedacht. Weltraummüll, eben.


31.01.2006 | 13:51 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Strahlende Kinder


Sieht so komplex aus wie es ist (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Sterne und Kinder haben eines gemeinsam: Bei der Geburt geht vieles durcheinander. Der Trifid-Nebel, Abbildung links, sieht schon mit normalen Fernrohren vollkommen chaotisch aus; noch viel schlimmer wird es, wenn man es mit Infrarotkameras probiert, z.B. mit dem Spitzer Weltraumteleskop, einem, wie schon erwähnt, Wunderding. Der Wechsel zum Infraroten bedeutet praktisch, das man die Temperatur dessen, was man sieht, herunterregelt, von einigen tausend auf einige hundert Grad; man beobachtet die kalten Staub- und Gaswolken, aus denen sich Sterne bilden, zusammen mit den frisch entstandenen Embryos und ihren schon etwas älteren Säuglingsgeschwistern, alles gleichzeitig, bunt und ineinander verschachtelt. Ein verwirrendes Gebilde.

Die akkurate Interpretation dieses Bildes dauerte daher auch etwas länger, aber jetzt hat sich die enthusiastische Pressemitteilung vom Januar 2005 in einen erwachsenen Aufsatz verwandelt, auch eine Art Geburtsvorgang. Der sehr helle Stern im Zentrum der unteren runden Struktur sorgt nicht nur für die ansprechende Beleuchtung des Nebels, nein, er bläst mit seinem heissen, nicht mal so übelriechenden Atem alles in seiner Umgebung hinfort, erzeugt damit dieses rote höhlenartige Etwas und presst gleichzeitig das umliegende Zeug zusammen (wie beim Schneeschieben), so dass sich daraus grosse Klumpen bilden. Diese Klumpen wiederum, bisher hielt man sie für dunkel und düster, enthalten einen oder mehrere sanft glühende Sternembryos, kaum mehr als ein paar Tausend Jahre alt, und in diesem Bild erstmals richtig zum Ansehen. Ein wahrhaftiges, echtes Wunder, und alles direkt, naja, nicht so ganz, vor unseren Augen.

Ausserdem sieht es viel besser aus als diese Ultraschallbabies oder gar das anschliessende Gemetzel im Kreisssaal. Sterne haben, was Farben und Formen angeht, wahrscheinlich einfach mehr Ahnung.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


29.01.2006 | 03:46 | Nachtleuchtendes | Sachen kaufen

Dunkelheit wohin?


Hässliches Bett separat erhältlich (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Dunkelheit ist bei den meisten Menschen nicht sonderlich beliebt, selbst wenn sie unter dem Bett stattfindet, wo sie unter sich bleibt und eigentlich niemanden stört. Energisch strebt man danach, die Dunkelheit aus jeder Nische herauszufeudeln, so dass man schon bald eintrittspflichtige Dunkelheitsschutzanlagen aufsuchen müssen wird, nur um seinen Kindern einmal im Leben eine gepflegte Dunkelheit zu zeigen. Weil wir aber den Wunsch unserer Leser achten, ihre Wohnungen frei von ungepflegten dunklen Stellen zu halten, weisen wir hier auf das bei Strange New Products vorgestellte Blue Moon Night Light hin. Unter dem Bett aufbewahrt wirkt es bis zu zehn Jahre lang gegen menschenfressende Monster. Dunkelheitsschutztipp: Ein ersatzhalber aufgestellter umgedrehter Blumentopf, ein Laubhaufen oder zur Not auch das Innere eines (geschlossenen!) Kühlschranks gewähren der Dunkelheit Zuflucht und helfen, sie auch für kommende Generationen zu erhalten.


28.01.2006 | 05:24 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Die Wellen da draussen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wirft man einen Stein ins Wasser, so fällt es kaum noch jemandem auf, dass er Wellen produziert, die sich konzentrisch in alle Richtungen ausbreiten. Macht man dasselbe im Weltall, schwebt der Stein natürlich sinnlos durch die Gegend, was bestimmt auch ganz lustig aussieht, aber nach wenigen Minuten langweilt. Um echte Wellen zu erzeugen, muss man schon mehr unternehmen, zum Beispiel einen recht ansehnlichen Stein, ähm, Stern explodieren lassen. Dann aber hat man viele Jahrzehnte Freude: Das nebenstehende Bild zeigt "Lichtechos" der Supernova von 1987 – genaugenommen sieht man in jedem Schritt die Differenz zweier Bilder, die in einem Jahr Abstand aufgenommen worden sind. Die Analogie mit dem Stein war ehrlich gesagt nur dazu gedacht, den Leser zu fesseln, denn Steine ins Wasser werfen, was könnte aufregender sein. Ansonsten aber ist sie vollkommener Quatsch, denn in Wahrheit sieht man nicht das Wasser, sondern dessen Echo, ach, das hilft auch nicht, also die Wahrheit ist, man sieht Reflexe des original Supernovalichts an interstellaren Staubklumpen. So ist das. Übrigens enthält das Bild eine Fläche so gross wie der Vollmond, denn auch Licht braucht schliesslich eine Weile, genaugenommen 20 Jahre, um von da (Bildmitte) nach dort (Echo) zu kommen. Der Staubumweg ermöglicht es uns, das Licht des Sterns zu sehen, obwohl er schon lange nicht mehr lebt, so ähnlich wie Hitler oder Jesus auch heute noch Wellen in die Welt werfen. Zum anderen findet man so genau heraus, wo denn der Stern starb, was zur Rekonstruierung des Tathergangs recht nützlich ist. Und ausserdem kann man stundenlang auf dieses Bild starren und dabei masselose Steine in den leeren Raum werfen.


... 31 32 33 34 35 [36] 37 38 39 40 41 ...

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- regelmässig geformte Stücke

- Cunningham-Diskurs am Morgen (fresh!)

- Kumpelfeeling im Büro

- Dinkelpower (immer noch)

*  SO NICHT:

- Kommentare schreiben

- Kragenweite fehlschätzen

- Königspudel verspotten (haben guten Kern)

- Millionen Übertreibungen


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Fur: An Imaginary Portrait of Diane Arbus", Steven Shainberg (2006)

Plus: 44, 77
Minus: 14, 18, 32, 41, 93, 97, 98, 107
Gesamt: -6 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV