11.03.2006 | 06:10 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In letzter Zeit wird es immer wichtiger, bestimmte Dinge einfach runterschlucken zu können. Viele Menschen haben damit grosse Probleme, und zwar nicht, weil sie störrisch und unangepasst sein wollen, sondern weil ihr Schlucksystem schlecht funktioniert: Alle Tabletten bleiben auch nach hundertfachen Schluckversuchen im Mund liegen, wo sie allmählich aufweichen und ihren oft widerwärtigen Inhalt freigeben. Wie vernagelt ist die Speiseröhre für alles, was grösser ist als die Kerne von Erdbeeren. In der Folge verbringt man viel unnütze Zeit mit Mörsern, lernt, dass manche Kapseln Pulver, andere Flüssigkeit enthalten, und teilt Obstsorten in "gut" und "hat kleine Kerne" ein. Der Leidensdruck unter den Schluckunfähigen ist gewaltig, wird man doch von zahlreichen Vergnügungen des modernen Lebens (synthetische Drogen, Empfängnisverhütung, Himbeerjoghurt) rigoros ausgeschlossen. Letztlich ist man genau schlimm dran wie andere Menschen, die auch etwas sehr sehr Wichtiges nicht können.
Jetzt bietet Amazon, wie man bei Medgadget erfährt, einen Schluckhilfebecher an, der zumindest ganz interessant aussieht. Über einen Gitterrost, auf dem zu Schluckendes plaziert wird, schwemmt man die Schluckware mit der Flüssigkeit in den Mund. Wie sie von da aus weiterkommt, bleibt dem Schluckenden immer noch selbst überlassen. Ein seltsames Konzept: Als würde man versuchen, jemandem ohne Beine Stelzen zu verkaufen, damit er besser laufen kann. Benutzer weisen zudem darauf hin, dass der Plastikbecher schlecht schmeckt, nicht von Autos überfahren werden kann und sich nicht zum Schlucken von Hühnern eignet, ernsthafte Mängel also, auf die der Hersteller offenbar nicht eingeht. Letztlich ein grausames, menschenverachtendes Produkt und überhaupt gar keine Hilfe für die armen Schluckbehinderten, die weiterhin jede Erdbeere in Wasser auflösen müssen.
10.03.2006 | 04:31 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Goldene Schnitte: B:C und A:B (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Weil sich junge Menschen (Architekturstudenten und solche, die so tun, als wären sie welche, einmal ausgenommen) in der Regel für den goldenen Schuss, aber kaum für den Goldenen Schnitt interessieren und die restliche Zeit an ihren Geräusche und Licht erzeugenden Gadgets rumwürgen, wird die Welt berechtigter Weise zunehmend menschenfeindlich, also hässlicher. Zu grosse Puppen, zu kleine Telefone, zu breite Waschmaschinen, zu lange Leitungen – fast täglich wünscht man sich mehr Goldenen Schnitt ins eigene, kleine Leben.
Keine sonderlich neue Problemstellung: Schon Le Corbusier versuchte sich am rechten Mass und veröffentlichte 1922 mit dem Modulor (von "module d'or") ein Merkblatt mit "goldenen" Zahlenreihen, das helfen sollte, den Goldenen Schnitt ins tägliche Leben zu integrieren. Die veranschlagten 2,26 Meter Raumhöhe für durchschnittlich grosse Menschen waren dann aber doch etwas wenig, so dass sich das Konzept kaum durchsetzen konnte. Die von Le Corbusier "Wohnmaschine" titulierten Serienbau-Wohnungen sorgten in selbiger Mission ebenfalls für wenig Enthusiasmus.
Doch das Projekt hat neuen Schwung bekommen, neuerdings dadurch, dass es den Goldenen Schnitt to go gibt. Das kleine Ding kann schnell Mass nehmen und so mehr Verhältnismässigkeit in unsere Gesellschaften, Städte, Büros und Wohnungen bringen. Allein der Preis von 283,50 Dollar für das nützliche Ding fällt noch etwas arg aus dem Rahmen. Aber vorerst kann man das ja auch weiterhin im Kopf ausrechnen. Oder im Modulor nachsehen.
07.03.2006 | 04:07 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Genau wie wir tagsüber nutzlos: der SkyScout (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Manchen unserer Leser ist es vielleicht schon aufgefallen: Nachts sind am Himmel bei gutem Wetter einige Tausend helle Punkte zu erkennen. Nun ist die Welt voll von äusserlich ununterscheidbaren und zur Orientierung nutzlosen Punkten, deren Namen zu kennen daher ziemlich sinnlos ist, also z.B. Leberflecken oder deutsche Kleinstädte. Angesichts des Kosmos verspürt der Mensch aber häufig den Wunsch, das Vorhandene wenn schon nicht begreifen, so doch wenigstens benennen zu können ("ach so, das ist nur Zubenelgenubi"). Da es aber wenig Sinn hat, die menschliche Gehirnkapazität auf das Identifizieren und Merken einförmiger Leuchtpunkte zu verschwenden, gibt es jetzt den (bei Wired gesehenen) SkyScout, der Sterne benennen oder den Benutzer freundlich zum gewünschten Himmelsobjekt geleiten kann. Ausgeliefert wird der SkyScout leider erst ab April 2006 irgendwann im Jahr 2006 und kostet dann so um die $399. Bis dahin müssen wir die kleinen weissen Punkte weiterhin konsequent ignorieren, es ging ja bisher auch so.
03.03.2006 | 04:23 | Berlin | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es handelt sich nicht um die Gewinner des Wettbewerbs "Die schlechtesten Fotos des Berliner Fernsehturms bei Tag & Nacht". Es handelt sich auch nicht um eine französische Rasseigelzucht, aber das war klar. Es handelt sich vielmehr einmal um eine Projektion des Einsteinzitats "Nur wer nicht sucht, ist vor Irrtum sicher" auf den Betonschaft des Fernsehturms (Nov. '05) und das andere Mal um die Beklebung der Kugel des Fernsehturms mit dem Muster eines T-Com Fussballs, eine Riesenguerilla Werbemassnahme, die praktisch jede existierende Werbeagentur praktisch jedem existierenden Kunden seit 2003 zur WM 06 mehrfach vorgeschlagen hat. Da der Turm der Telekom gehört, war irgendwann auch klar, wer die grösste Diskokugel Berlins zur WM in den grössten Fussball der Welt verwandeln darf.
Das alles hat natürlich einiges zu bedeuten. Zum einen wird schnell klar: In diesem Leben werde ich nicht mehr Fotograf. Zum anderen zeigt es aber auch einen neuen Werbetrend, den ich hier und jetzt "Giant Ambient Marketing" taufen möchte. Dass diese Entwicklung früher oder später kommen musste, war vorauszusehen. Viel mehr Spass macht aber, sich schon mal neue Giant Ambient Marketingmassnahmen auszudenken. iPod-Kopfhörer für die Köpfe von Mount Rushmore. Die Jesus-Statue in Rio eingekleidet von H&M. Die Cheops-Pyramide beklebt als abgebrochenes Stück Toblerone-Schokolade. Oder schliesslich, als ultimative GAM-Aktion die Umsetzung eines mittelokayen amerikanischen Witzes aus den 70er Jahren. "Mr. President, die Russen haben den Mond rot angemalt! Was sollen wir tun?" – "Schreiben Sie mit weisser Farbe 'Coca Cola' drauf."
28.02.2006 | 06:03 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Kommt das Huhn zum Schwein und schlägt vor: "Schwein, lass uns ein Joint Venture machen!" "Prima Idee," entgegnet das Schwein, "was wollen wir denn herstellen?" Darauf das Huhn: "Bacon and eggs, natürlich." Vielen Marken geht es dieser Tage schlecht, sie stehen vor Problemen, die sie aus eigener Kraft nicht lösen können. Deshalb suchen sie sich Verbündete, Freunde und Partner, die all das mitbringen, was sie nicht haben, mal für punktuelle Aktivitäten, mal für längerfristige Liaisons. Oft ist unklar, wer dabei Schwein ist und wer Huhn. So schmücken sich Sportartikelhersteller mit japanischen Designerlabels. Wenn BMW mit Apple kooperiert, und VW mit Apple kooperiert, um vom Nimbus des iPod zu partizipieren, dann setzt Mercedes mit dem "Smart imove" noch eins drauf und kooperiert mit Apple und MTV. Marketingstrategen sprechen in diesem Zusammenhang sicherlich von "Win-Win-Situation", aber wie so oft gilt auch hier mitunter der Satz "Zwei Einbeinige ergeben noch keinen Sprinter". Zu den schlimmsten Totalausfällen auf diesem Gebiet zählt die Verbindung von Nestlés Smarties und Haribos Goldbären zu Fruity Smarties, wobei gegen die Ehe von Milka und Langnese aus den verfeindeten Häusern Kraft und Unilever prinzipiell nicht viel einzuwenden ist. Branded Brands nennen die Kollegen von Trendwatching.com diesen neuerlichen Hang zur seriellen Monogamie von Marken und führen eine lange Liste weiterer Beispiele auf. Die Annalen der jüngeren Zeit verzeichnen zwei wunderschöne Neueinträge, bei denen abrutschender europäischer Auto-Adel aus der Playboy-Ära sich mit neuem Computerschrott-Geld aus Fernost paart, wodurch gleichzeitig der gemeinsame Nachwuchs – sprich: generische Laptops – mit einem Sehnsuchtsfluidum physikalischer Beschleunigung und Geschwindigkeit überzogen wird, das man im Zeitalter unsichtbarer digitaler Taktung schon unwiederbringlich verloren glaubte: Nachdem der Volumenhersteller Acer sich mit Ferrari verbandelt hatte und mit dem Ferrari 4000 das erste Notebook "in exklusivem Ferrari-Rot" auf den Markt gebracht hatte, dessen "ultimative Technologie ... in der Welt der Formel 1 entwickelt und perfektioniert wurde", antwortet Konkurrent Asus gar nicht faul mit einer Serie von Lamborghini Notebooks in den typischen Farben Schwarz und Gelb, die "alle markanten Eigenschaften eines echten Lamborghini" aufweisen sollen. Was die Zukunftstauglichkeit dieser ungleichen Paarungen anbelangt, so scheiden sich daran die Geister. Niklas Luhmann jedenfalls wäre skeptisch und warnt: "Ehen werden im Himmel geschlossen, im Auto gehen sie auseinander."
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Cortado (span. Eroberer)
- nach links gehen (bei SuperMario)
- Wirklichkeit als Wirkstoff
- Bratbutt in Bratbutter
SO NICHT:
- Nabelbruch verschleppen
- schädigende Stoffe
- versalzene Milch
- Blendwerk
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Inside Man", Spike Lee (2006)
Plus: 5, 37, 42, 80 Minus: 119 Gesamt: 3 Punkte
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