Riesenmaschine

27.10.2005 | 14:41 | Berlin | Was fehlt

Provoaktion ohne Provokation


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Seit gut vier Wochen sind in Berlin an ausgewählten Stellen Plakate zu sehen, auf denen ein Gemälde mit einem lustigen Burschen mit Benzinkanister abgebildet ist. Im Hintergrund kräht kein Hahn brennt der Reichstag. Dazu passend heisst das Bild "Wenn Marinus wieder kommt", gemeint ist Marinus van der Lubbe, der vermutliche angebliche Brandstifter des Reichstags von 1933. Mit der Überschneidung von Kunst und Marketing beschäftige ich mich intensiv, weil man für beides nicht so viel Ahnung haben muss, sondern schlechtangezogen so aus dem Bauch raus rumwursten kann beide Felder in unserer Kultur des alltäglichen Aufmerksamkeitsfaschismus kognitiv miteinander verwoben sind. Aus dieser Sicht ist das Projekt, das auf der Website des Malers Sigurd Wendland tolldreist überhaupt nicht erklärt ist, hochinteressant: Nachdem die Werbung die Kunst vereinnahmt hat, schlägt die Kunst zurück und erobert Werbeflächen – super!
Wie wir jedoch einer Pressemitteilung des Künstlers entnehmen, die der Riesenmaschine nicht vorliegt (der Berliner Zeitung aber wohl schon), ist das Gemäldeplakat nicht als Marketingkunstmarketing oder gar als Kunstmarketingkunst gemeint, sondern als politische Provokation. Nicht die Form sollte hier revolutionär erscheinen, sondern der Inhalt! Um so erschütternder, dass sich niemand, nicht einmal die Berliner CDU, provoziert fühlt, was ja gerade bei einer Provo-Aktion so ärgerlich ist wie in fremden Sourcecodes zu spionieren etwas sehr Schlimmes.


Kommentar #1 von Juliette Guttmann:

Und der Grosse Zapfenstreich, gestern Abend vor dem Reichstag, ist die subversive Performance zur Plakataktion?

27.10.2005 | 15:24

Kommentar #2 von Daniel Erk:

Pressemitteilung hin oder her: Selbstverständlich handelt es sich um eine Marketingkunstmarketing mit einem überraschenden Auftraggeber: Plakatwandvermieter. Die Ansammlung alter Film- und Werbeplakate in den Berliner U-Bahnhöfen ist nämlich wohl doch keine Sammluung eines durchgeknallten Sammlers – sondern einfach ein Zeichen für geringe Nachfrage. Dagegen, haha, kann man schon mal etwas Öl ins Feuer schütten. Dazu passender Clain: Wir brennen für Werbung. Irgendwie nicht witzig halt!

28.10.2005 | 00:52

Kommentar #3 von Correctness:

Ich würde nur darum bitten, [...]Marinus van der Lubbe, der vermutliche Brandstifter[...] in [...]Marinus van der Lubbe, der angebliche Brandstifter[...] zu ändern! Dass van der Lubbe nur als Vorwand von den Nazis benutzt wurde, ist nahezu sicher.
Danke.

28.10.2005 | 10:02

Kommentar #4 von Sascha Lobo:

Ein richtiger und guter Einwand. Ist geändert.

28.10.2005 | 11:32

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