Riesenmaschine

08.11.2005 | 04:33 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Fruchtsaftkomplott


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Reifegrad einer Zivilisation, früher einfach an der Anzahl verbrannter Hexen oder der Anzahl der Kleinstaaten in Deutschland ablesbar, muss heute aufwendig mit Hilfe von Fruchtsäften ermittelt werden. Europa zum Beispiel steckt immer noch tief im dunklen Fruchtsaftmittelalter, mit ausgeprägtem Ständewesen (Orange, Apfel, Sonstige) und knallharter Fruchtsaftverordnung. Im Würgegriff von Usurpatoren wie Onkel Dittmeyer (siehe Bild) müssen sich die bedauernswerten Deutschen entweder dem ewigen Orangensaftfaschismus ergeben (kein Konzentrat, kein Zuckerzusatz), oder aber den sogenannten Multivitaminsaft konsumieren. "Multivitamin" klingt zwar tolerant und menschenfreundlich, schmeckt aber immer genau gleich, und zeugt daher ganz klar von ideologischer Gleichschaltung tropischer Früchte – ein Euphemismus wesensverwandt mit Schlagworten wie "Nationale Front" und "War against terror".

Wie die Fruchtsaftneuzeit aussieht, demonstriert der amerikanische Marktführer Tropicana, der auf die kluge Idee gekommen ist, dass man aus cirka zehn gängigen Südfrüchten durch einfache Permutationstechniken insgesamt mehrere Tausend verschiedene Arten Dreifruchtsaft herstellen kann. In der Fruchtsaftmoderne muss man daher nie mehr zwei Tage in Folge denselben Saft trinken, was zu Arroganz, Halt- und Masslosigkeit, aber eben auch zu grundloser Euphorie und überschäumender Freude führt – Grundlage für offene Gesellschaften, geistige Überlegenheit und wirtschaflichen Wohlstand. Weil es nicht verboten ist, mit dem Mittelalter Geschäfte zu machen, kaufte Tropicana-Mutterkonzern "Pepsico" vor einigen Monaten Punica auf, und versorgt den deutschen Markt seitdem mit traditionell-feudalistischer Fruchtsaftbrühe – ein extrem cleverer Schachzug, vergleichbar etwa mit der Unterwerfung felltragender Germanen durch die Römer oder mit dem Siegeszug der Mauren in Südeuropa. Wie immer wird es zu einer Fruchtsaftkonterrevolution kommen (vgl. Schlacht im Teutoburger Wald, Reconquista), gefolgt von einer kurzen Phase des Rückfalls in grausame Möhrensaftdiktaktur, bevor dann in der endgültigen Revolution die Befreiung des gesamten Kontinents gelingt und eine neue, glorreiche, ähm, Fruchtsaftzeit anbricht. Wobei es natürlich auch ganz anders kommen könnte.


Kommentar #1 von irgendwem:

Ich bin ja Möhrensaftfaschist. Spart das Sonnenstudio.

09.11.2005 | 14:05

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