Riesenmaschine

21.11.2005 | 11:02 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Filterhouse


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Vor ziemlich genau 20 Jahren schuf der Produzent Larry Heard mit "Can you feel it" gleichsam die Discomutter aller nachfolgenden House Tracks. Dass House immer wieder auch in den Hitparaden eine fröhliche und wichtige Rolle spielt, beweist machtvoll momentan eine andere Mutter, nämlich die Mutter vom ganzen, Madonna.
Wer ihren neuen Hit "Hung up" nur aus dem Radio kennt, oder mit dem sprichwörtlichen halben Ohr gehört hat, wird unter Umständen nur das sehr dominante ABBA Sample von "Gimme Gimme Gimme" dort abspeichern. Dabei ist es auf eine so geschickte Weise integriert, dass das überhaupt nie penetrant ins Gewicht fällt. Und wenn man dazu auch noch das sensationellste und stimmigste Video (Real hi/lo, WMV hi/lo) seit sehr langer Zeit gesehen hat, oder zumindest seit Jay Zs "99 Problems" mit Cameoauftritten von Rick Rubin und Vincent Gallo, ist, muss man für diesen zwingenden Song, muss man für Madonna restlos eingenommen sein. Omar Sharif als genervter Taxifahrer, die kleine Tanzszene in der Sushibar mit dem Fisch, das alles unterlegt mit dem vom von Daft Punk entwickelten so genannten Filterhouse, bei dem also einzelne Elemente verschwinden, um dann später zunächst dumpf, und dann immer präziser wieder auftauchen (Siehe Daft Punks "One more time"). Absolut massstabsetzend und killend!
Und da interessiert es bis auf Salvatore Acquaviva momentan wohl eher niemanden, dass ihr sieben Jahre alter Hit "Frozen" in Belgien ab sofort nicht mehr gespielt werden darf.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


Kommentar #1 von irgendwem:

Dietmar Dath am 12.11 in der FAZ:
"...Man nehme nur die Sampling-Frage: Irgendeinen "Led Zeppelin"-Schlagzeug-Nebensatz kann heute jeder Rübenbauer elektronisch ins ansonsten doofste und berechnendste Stück Wegwerfkrach schieben. Nur die Schlausten können da noch überzeugen... für die Eröffnungsnummer eines Party-Albums wie "Confessions" ein paar Takte aus "Gimme gimme gimme (A man after Midnight)" von "Abba" zu enteignen, wie Madonna das unter dem Titel "Hung up" jetzt vollbracht hat, dazu gehört mehr – nämlich eine Idee, auf die unzählige "Abba"-Verehrer unter den Musikschaffenden nicht gekommen sind.
Die smartesten Produzenten der Neuzeit haben das, was die Schweden der Menschheit hinterliessen, immer nur als Fest des Leichten und Graziösen, als etwas Reines, Heiliges, eine erdfern durch das All schwebende fettglänzende Hochzeitsnudel gefeiert. Madonna aber legt für "Hung up" die andere, die dreckige und fordernde, kurz: die brutale Seite der "Abba"-Erfahrung frei, das tonnenschwere Kettenfahrzeug der Liebe, den High-Tech-Tanzpanzer."
Der Schluss dieses ansonsten unterschreibbaren Textes ist nicht ganz richtig, denn es waren davor, so um 1988, bereits die Hells Angels Rocker "Leather Nun", die die verzweifelte, billige Kettenkarussellathmosphäre von Gimme Gimme Gimme entdeckt und gecovert haben, und kurze Zeit später KLF, die aus einem Sample von Dancing Queen ebenfalls die brilliante Billigkeit von Abbaliedern adäquat umgesetzt haben in einem Ihrer Lieder, und weil sie das illegal taten, wurde die Platte verboten und musste vernichtet werden, dafür fuhren sie natürlich nach Schweden und verbrannten die paartausend Exemplare auf einem Acker. Später verbrannten sie dann noch mal 1 Million Pfund, aber das ist eine andere Geschichte.

21.11.2005 | 21:57

Kommentar #2 von kosmar:

ach, nur in belgien? ich hatte die nachricht mit dem anderen 'halben ohr' verfolgt und im geiste schon das spekulative schwarzbrennen begonnen.

21.11.2005 | 22:22

Kommentar #3 von betty:

ja, madonna ist definitiv die musiksensation des jahres (neben tokio hotel). das sehen natürlich nicht alle so. hier gibts einige interessante anti-madonna-anmerkungen:
http://www.popkulturjunkie.de/wp/?p=1752

23.11.2005 | 10:13

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