Riesenmaschine

20.12.2005 | 18:04 | Berlin | Anderswo | Listen

Das Grosse Hässliche Ding


DGHD Berlin (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

DGHD Wien (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

DGHD Hamburg (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Jede Stadt hat ein Das Grosse Hässliche Ding (DGHD): ein Gebäude, dessen Verschandelungspotential so gewaltig ist, dass ihm Landmark-Charakter zuwächst. In Berlin handelt es sich dabei um den grössten Umlauf- und Kavitationstank der Welt im Tiergarten, der dem Studiengang Nautik an der FU als Strömungssimulator und Versuchsanstalt dienen sollte, allerdings neben seinem Äusseren mit dem Makel behaftet ist, niemals in Betrieb gewesen zu sein, da zum Zeitpunkt der Fertigstellung die Computersimulation gerade so weit fortgeschritten war, dass man seiner nicht mehr bedurfte. In Wien ist es ganz eindeutig die Müllverbrennungsanlage von Hundertwasser, zu der sich jeder weitere Kommentar erübrigt. Hamburg schickt als Kandidaten den Flakbunker auf dem Heiligengeistfeld ins Rennen.
Bisher steckt die flächendeckende systematische Erfassung aller DGHDs im deutschsprachigen Einzugsgebiet allerdings noch in den Anfängen. Ganz anders in Grossbritannien, wo der Sender Channel 4 sich dankenswerterweise dieser Aufgabe angenommen hat. Für die Serie Demolition ging er sogar noch weiter, und befragte die Briten unter der steil formulierten Annahme, Grossbritannien sei "vermüllt mit Häusern, die scheusslich sind, ihre Funktion nicht erfüllen und die Gesellschaft demoralisieren", welche Gebäude sie am liebsten abgerissen und dem Erdboden gleichgemacht sähen. Aus dem immensen Rücklauf, den die Sendung generierte, wurde das Dirty Dozen, die zwölf abrissreifsten Gebäude Englands, ermittelt, wozu neben mehrheitlich Nachkriegs-Verwaltungsbauten auch ein Supermarkt in Yorkshire und das neue Schottische Pararment in Edinburgh zählen.

Nun ist die Riesenmaschine bekanntlich jeder Form des Populismus abhold, der hinter der quotenträchtigen Forderung nach Plattmachen und Kaputthauen steht. (Wobei wir die archaische Faszination, die von implodierenden Häuserkomplexen ausgeht, sehr wohl nachvollziehen können.) Nichtsdestoweniger wollen wir dem Beispiel folgen und unsere Leser aufrufen, uns Vorschläge für DGHDs aus anderen Städten zu senden, auf dass eine möglichst vollständige Übersicht entstehe. Die Einsendungen, nach Möglichkeit mit kurzer Beschreibung und Begründung, werden wir in loser Folge hier veröffentlichen.


Kommentar #1 von masterblaster:

Leverkusen ist das grösste DGHD in Leverkusen.

20.12.2005 | 19:45

Kommentar #2 von mir:

Tabakkontor Dresden.

21.12.2005 | 02:00

Kommentar #3 von irgendwem:

ich seh nicht ganz, was an den 3 Besipielen hässlich sein soll, das erste ist doch ein wunderschönes, idyllisch gelegenes Monstrum, das noch dazu nichts kann, also als eine Art pataphysische Versuchsanstalt durchgehen kann. Das zweite ist allenfalls komisch, wenn man davon absieht, dass Touristen das mögen, direkt neben der Müllverbrennungsanlage, auf der übrigenes, was man auf dem Foto nicht sehen kann, eine überdimensionierte Mütze des Meisters liegt, also direkt daneben hat gerade Szenedarling Zaha Hadid ein nicht minder "hässliches" Studentenheim gebaut, Hässlich weil unfunktionabel, und das dritte Besispiel finde ich ebenfalls ganz wunderbar, wie ein abgestürzter Meteor mitten in der Stadt, geht auch gut, oder zumindest besser als jedes künstlerische, Mahnmal gegen den Krieg.
Grosse hässliche Dinge: Palast der Republik/Berlin, Kölner Dom, Frank Gehry Ensemble in Düsseldorf, Flughafen Wien/Schwechat.
Und wenn es scheint, dass es in Grossbritannien überprozentual viele hässliche Gebäude gibt (Slough!), liegt das mE daran, dass der einfache Mann auf der Strasse ja in punkto Wohnen schon nicht mal Geschmack hat, Stichwort Teppichboden im Klo, also warum sollen die Zweckbauten da anders aussehen?

21.12.2005 | 06:19

Kommentar #4 von irgendwem:

die Tabakfabrik in Kommentar Nr 2 ist aber wirklich ein Gipfel der Scheusslichkeit, und apropos Gipfel, der Bunker in Hamburg sieht ja nicht nur aus wie ein Meteor oder Felsmassiv, sondern auch wie die Burg, die Hamburg nie hatte

21.12.2005 | 06:30

Kommentar #5 von irgendwem:

Ich würde diesen Sammelaufruf eher anders anlegen, Das Gebäude, das nichts macht (DGDMN), in das Schema würde obiger Umlauftank passen.
In Zwentendorf/Österreich zB gibt es zB ein voll funktionstüchtiges Atomkraftwerk, das aber nie Strom produzierte, weil ein Volksentscheid Anfang der 80er Jahre (?)das Land atomstromfrei haben wollte. Das Ding muss aber immer gewartet werden, hat auch einen, vielleicht den einsamsten Hausmeister usw, weil die Meinung im Volke könnte sich auch mal wieder ändern, aber so richtig Lust hat wohl niemand die Umfrage anzuzetteln, weil mittlerweile alle Parteien gegen Atomstrom sind.

21.12.2005 | 06:57

Kommentar #6 von MartinG:

Waere es nicht angebracht nur haessliche Dinge auszuwaehlen, die z.B. durch ihre zentrale Lage
auch taeglich zahlreiche Leute stoeren und die man dort nicht erwarten sollte?
In Berlin z.B.: Kanzleramt, Potsdamer Platz,...

21.12.2005 | 07:54

Kommentar #7 von mArTiN:

Noch ein wunderschöner Bunker:
http://www.relikte.com/brm_valentin/index.htm
Leider haben es die englischen Bomberpiloten nicht geschafft, das Ding "abzureissen"...

21.12.2005 | 09:19

Kommentar #8 von Joachim Graf:

In München ist das so: Da ist man stolz auf sein Ganz Grosses Ganz Hohes Hässliches Ding (GGGHHD).
Die viele Dutzend Meter hohe Vierkantschraube heisst " Uptown München" und hat sogar eine stolze Website: http://www.uptownmuenchen.com/index_f.htm

21.12.2005 | 10:12

Kommentar #9 von Bernie:

Das GHD von Mönchengladbach, das "Haus Westland" wird leider bald abgerissen. Immerhin wird es durch ein ebenso GHD ersetzt, nämlich das "Haus Westland":
Durch diesen Austausch wird gewährleistet, dass der Stadt Mönchengladbach ein GHD auf Jahrzehnte erhalten bleibt. Die Gefahr, die von allen hässlichen Gebäuden ausgeht, ist nämlich: Irgendwann finden die Leute sie schön, und dann muss man neue bauen.
Die alten lässt man manchmal einfach stehen, wie die Hedwigskathedrale in Berlin, ein Mahnmal gegen die Vorhautverengung.

21.12.2005 | 10:12

Kommentar #10 von irgendwem:

Das GHD von Jena ist das "B59", das vermutlich unter der Erde gebaut werden sollte und nur durch einen sehr dummen Zufall an die Oberfläche gelangte: B59.
Das Gebäude liefert zugleich die Erklärung, warum e so wenig braune Legosteine gibt: Sie sind einfach nicht schön. Indes erfüllt es einen wichtigen Zweck im Stadtbild von Jena. Während mittelmässig aussehende Mädchen sich gerne mit Mauerblümchen umgeben, um hübsch auszusehen, ist das B59 die Antwort auf den alles überragenden Uniturm. Dessen spiegelglänzende Würde und phallische Pracht entstehen erst durch den Dialog mit seinem missratenen Nachbarn.

21.12.2005 | 10:37

Kommentar #11 von boxenluder:

DGHD russland: nikolai valujev

21.12.2005 | 11:08

Kommentar #12 von Hansen:

In Berlin recht eindeutig das Kreuzberger Urbankrankenhaus bzw. jetzt auch Vivantes Klinikum am Urban, innerlich und äusserlich, seelisch wie architektonisch gleichermassen hässlich, wenn auch überragend!
Es deswegen abreissen zu wollen, wäre natürlich töricht und pubertär, denn merke: Abreissen ist immer die schlechteste Lösung.

21.12.2005 | 12:07

Kommentar #13 von qualle:

ich kenne noch eins in berlin, es ist mehr eine investitionsruine (wie so viele).
am s-bhf landsbergerallee sollte neben dem "forum landsberger allee" noch ein einkaufsdings gebaut werden. nur leider ist man über den rohbau nicht hinausgekommen.und jetzt steht das teil seit mindestens 4/5 jahren in der gegend rum, und nichts passiert. es wird auch nicht abgerissen oder für eine andere nutzung (graffiti?) freigegeben.
vor allem, wer bezahlt den wachschutz?

21.12.2005 | 12:33

Kommentar #14 von Bernie:

DGHG in anderen Ländern: In Johannesburg steht "Ponte City" (http://www.emporis.com/en/wm/bu/?id=103534), ein riesiger Zylinder, der innen hohl ist. Wer auf der Innenseite wohnt, freut sich über eine Aussicht (http://archidose.blogspot.com/2005/06/ponte-city.html), die sonst nur der Todesstern bietet (http://www.theforce.net/swtc/Pix/dvd/zs/rotj/airshaft2.jpg). Die Bewohner der drei untersten Etagen konnten an dieser Aussicht lange Zeit nicht teilhaben, vor ihren Fenstern landete der Müll, der von oben heruntergeworfen wurde. Diese Zeiten sind vorbei; aus Rücksicht auf die zahlreichen Suizidenten, die kein Interesse an einer weichen Landung haben, wird der riesige Abfalleimer mittlerweile täglich geleert. Der Turm ist der Beweis dafür, dass Entwicklungshilfe auch andersherum funktioniert: Einige hundert Journalisten weltweit bestreiten ihren Lebensunterhalt ausschliesslich mit einfühlsamen Sozialreportagen über dieses Bauwerk und seine Bewohner.

21.12.2005 | 14:33

Kommentar #15 von Holm Friebe:

Danke, Bernie und alle.
Wenn ihr alles in diesen Kommentarstrang schreibt, brauchen wir es gar nicht mehr in loser Reihenfolge zu veröffentlichen. Auch Recht.

21.12.2005 | 15:29

Kommentar #16 von irgendwem:

Muenchner Angebote:
die sog. Allianz-Arena in Froettmaning (genau,
der gigantische Ring aus dem Bauch des Michelin-Maennchens, in dessen Mitte gelegentlich Fussball gespielt wird), z.B. http://www.moeller-horcher.de/de/pressezentrum/download/zaunz/allianz_arena2.jpg
die Propylaeen auf dem Koenigsplatz – ein Bau, ueber den sich die Griechen scheckig gelacht haetten, weil sie nicht haetten glauben koennen, dass jemand einen solchen Aufwand fuer nichts treibt: http://www.engr.psu.edu/deutschlandsarchitektur/muenchen/sonstiges/propy.html
(wirklich, mit dem Ding ist nichts anzufangen, es taugt hoechstens bei Starkregen fuer's Unterstellen einiger Dutzend Passanten und – na ja, gut – fuer's Befestigen der Open-Air-Kinoleinwand im Sommer.)

21.12.2005 | 16:29

Kommentar #17 von mir:

kaiserbau in troisdorf/spich, leider schon kaputt, "aber nicht in unseren Köpfen":
http://www.thomas-ballof.de/sprengung.htm
allein wegen des Namens, das World Trade Center in Dresden: http://www.das-neue-dresden.de/wtc-dresden.html

21.12.2005 | 16:50

Kommentar #18 von sonstwer:

hier könnte noch ein unterstrang entstehen über evangelische kirchturmversuche der 50er, 60er und 70er jahre. aber vielleicht hat man sich ja schon zu sehr dran gewöhnt.

21.12.2005 | 22:35

Kommentar #19 von anrainer:

das gustavohaus
http://www.berlinansichten.de/20050725174748.html
oder google suche nach monstrosity +gustavo
frau s. bunny wusste zu berichten, die fassadenumgestaltung habe die lebensqualität der einwohner dramatisch verbessert, und die begeisterung habe sich sogar in dankesschreiben an den künstler bahn gebrochen, worauf frau passig erwiderte, die gestiegene lebensqualität der bewohner des gustavohauses sei sicher auf die gesunkene lebensqualität der anwohner zurückzuführen, die täglich sichtkontakt mit dem ding haben.

22.12.2005 | 15:37

Kommentar #20 von ex-langzeitstudent:

Das DGHD Berlin gehört übrigens zur TU, die FU hat ihre eigenen DGHDs.
Und wer das Urban-Krankenhaus seelisch grausam findet, dem empfehle ich einen Besuch in (!) der Poliklinik 'Dr. Karl Kollwitz'. (http://www.berliner-gesundheitszentrum.de/poliklinikdrkarl.0.html)
Plötzlich fühlt man sich wieder ganz gesund...

22.12.2005 | 20:45

Kommentar #21 von Papakiesel:

Flaktürme gehören meines Erachtens nach zu den hässlichsten Gebäuden, die je von Menschenhand zusammengeklempnert worden sind. Wien hat übrigens wirklich erlesen hässliche Flaktürme im Angebot. Brrr. Dieses Ponte-Dings ist allerdings auch sehr gruselig. Machbarkeitswahn! Machbarkeitswahn!

26.12.2005 | 21:07

Kommentar #22 von pacobest:

Das Grosse Hässliche MEGA-Ding (DGHMD) ist der "Ballermann"-Strand auf Mallorca, verschandelt zwar nur einen klitzekleinen Teil der Insel, den aber nachhaltig.
Und ewig auf diese Welle hoffen hab ich keinen Bock mehr.
http://www.wdr.de/themen/panorama/katastrophe/
seebeben_suedostasien/050104_tsunamiforschung.jhtml?pbild=1

29.12.2005 | 10:46

Kommentar #23 von marone:

zu sprengen in berlin: hotel adlon, berliner schloss (zukünftig) + alle anderen pseudoklassizismen. und die nachwende – einkaufzentren in der frankfurter allee dürfen auch weg, bis auf das mauritiuskirchcenter. kavitationstanks, krankenhäuser und kanzlerämter bitte stehen lassen.

24.01.2006 | 12:37

Kommentar #24 von neugiergenügt:

ist zwar schon was länger her, aber das thema ist zeitlos, finde ich... Eigentlich ist die ganze Kölner Innenstadt ein GGGHD, insbesondere auch die von den Nazis sanierte Altstadt um den Alter Markt. Aber eine besonders 'schöne' Auswahl findet sich hier: http://tinyurl.com/p5js9

30.05.2006 | 23:59

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