Riesenmaschine

16.01.2006 | 16:43 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Die PDS unter den Lastkraftwagen

"Wer IFA fährt, fährt nie verkehrt, weil IFA nämlich gar nicht fährt!" An diesen flotten Spruch aus DDR-Zeiten – einer Verballhornung des IFA-Claims – erinnert sich Diplom-Informatiker Marcel Gnoth auf seiner privaten Homepage, und wundert sich gleich darauf, dass das gar nicht stimmt: "Auch 14 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR fahren erstaunlich viele W50 durch Vietnam und die sehen erstaunlich gut aus."

Tatsächlich stammen auch fünfzehn Jahre nach Ende der DDR noch rund ein Viertel der LKW, die man auf Vietnams Strassen sieht, aus dem Werk des führenden DDR-Lastwagenherstellers in Ludwigsfelde. Insgesamt 591.500 der robusten LKW vom Typ IFA W 50 und L60 wurden hier von 1966 bis 1991 produziert, wovon nicht wenige ins Ausland gingen. Dabei war das sozialistische Vietnam ein wichtiger Abnehmer. Die Vietnamesen waren es dann auch, die sich Ende 2002 noch schnell die letzten 500 fabrikneuen IFAs sicherten. Die hatten Jahre lang auf einer Wiese im nordbrandenburgischen Dorf Heiligengrabe herumgestanden, waren dort zwischenzeitlich zu einer kleinen Attraktion geworden, und erreichten erst Anfang 2003 vietnamesische Häfen.

Dass aber die DDR-LKW nicht allzu schnell von den vietnamesischen Strassen verschwinden werden, dafür sorgen neben ans Improvisieren gewöhnte, einheimische Kfz-Mechaniker auch die Nachfolgefirma der IFA, die IFA Gesellschaft für Internationalen Fahrzeughandel, ebenfalls in Ludwigsfelde, bei der selbst heute noch IFA-"Baugruppen, Verschleissteile von der kleinsten Schraube, Feder, Dichtung bis zu Kolben und Filter" lagern. Hier kann sich der Fanatiker obendrein mit Spielzeugmodellen des Lasters eindecken, der zwar nicht schön war, aber immerhin noch wie ein echter Lastkraftwagen aussah. Diverse Gimmicks, von der IFA-Tasse für 4,50 EUR bis zur IFA-Fahne für 45,00 EUR gibt es auch. Letztere könnte sich vielleicht auch Marcel Gnoth besorgen und zu Hause aufhängen, damit er sich jeden Tag daran erinnert, dass vieles, was der DDR-Volks- und Untergrundmund so von sich gab, zwar ganz lustig klang, aber eben der reine Blödsinn war.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Asien Spezial: Korea & Vietnam

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


Kommentar #1 von irgendwem:

Abgesehen von einer pflichtgemässen Abwägung des wahrscheinlichen Wahrheitsgehaltes lustiger DDR-Sprüche im Allgemeinen hat Marcel Gnoth es auch verabsäumt sich ein"v"allen zu lassen, dass dieser Spruch im Besonderen eigentlich "Wer MIFA fährt..." hiess, da er sich nämlich auf die Fahrradmarke MIFA bezog und von Diamantradfahrern gegen das ehrenrührige "Diamant ist weltbekannt und wird im Ausland Schrott genannt" der feindlichen MIFA-Radfahrer geschleudert wurde.

17.01.2006 | 12:09

Kommentar #2 von irgendwem:

Das ist wirklich sehr lustig. Wie auch diese Einschätzung hier: "Ein Stück Gummi, ein Stück Draht, und fertig ist das Mifa-Rad" http://www.mtb-news.de/forum/showthread.php?t=110922

17.01.2006 | 12:55

Kommentar #3 von Stefan:

Um festzustellen, dass W50 und Co. noch leben, hätte die Riesenmaschine nicht erst nach vietnam fahren müssen. Ein kurzausflug in den osten der republik hätte gereicht. Insbesondere in der Landwirtschaft und bei der Feuerwehr gibt es noch viele IFA fahrzeuge. die teilweise älter als 20 jahre sind und immernoch laufen.

17.01.2006 | 13:26

Kommentar #4 von irgendwem:

Ob es sowas auch im Reich der Menschen gibt? Man stelle sich das mal vor: Menschen die älter als 20 jahre sind und immernoch laufen.

18.01.2006 | 03:32

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