Riesenmaschine

19.01.2006 | 11:00 | Was fehlt

Tiny Auseinandersetzung


Dialoge als Kulturtechnik haben sich bewährt (hier wurde ein sinnloses Bild aus Rechtegründen entfernt)
Für URLs, die zu lang sind, um sie beispielsweise problemlos mit der Mail zu verschicken, gibt es seit vielen Jahren den praktischen Service tinyurl, der aus sperrigen URLs kleine, handliche macht, und tippfaule Web-Nutzer können mit YubNub das Tippen von fast allem einsparen. Anders sieht es im zwischenmenschlichen Bereich aus: Wie oft sieht man sich hier mit schnell gemachten Vorwürfen konfrontiert, die in der vorhandenen Zeit kaum zu beantworten sind. Wir brauchen daher Abkürzungen für langwierige Argumentationen, etwa so:

1.
Mutter mit Kind: "Es ist ROT!"
Passant: "Egal*!"
* "Ich kann Ihr erzieherisches Konzept, Ihr Kind vor allen schädlichen Einflüssen schützen zu wollen, nicht gutheissen. Kinder sind daran gewöhnt, dass Erwachsene vieles tun, was sie selbst nicht dürfen. Da Sie nicht zeitlebens verhindern können, dass Ihr Kind schlechte Vorbilder zu sehen bekommt, wäre es doch sinnvoller, dem Kind einen vernünftigen Umgang damit beizubringen. Und überhaupt ist es in manchen Ländern gar nicht verboten, bei Rot über die Ampel zu gehen."

2.
Autofahrer: "Es ist ROT!"
Fahrradfahrer: "Aufsmaul*!"
* "Wenn ich nicht Ihretwegen hätte bremsen müssen, hätte ich die Strasse noch einwandfrei bei Grün überqueren können."

3.
Korrekter Herr: "Nehmen Sie doch bitte die Füsse von der Bank, das ist ja unhygienisch."
Nicht ganz so korrekter Herr: "Ach gar nicht*."
* "Bedenken Sie doch, lieber Herr, in einer ruhigen Minute den kategorischen Imperativ. Wollen wir lieber eine Welt, in der auch mal die Füsse auf die Bank gelegt werden, oder wollen wir eine Welt, in der erwachsene Menschen einander gegenseitig ungefragt zurechtweisen, weil ihnen irgendwas am anderen nicht passt? Na also."


Kommentar #1 von irgendwem:

Heute wollte ich mal wieder vorbeischauen, gebe wie gewöhnlich, gewöhnlich faul, "riesenmaschine" ohne Zusätze in die Browserleiste ein. Stosse aber nicht, wie gewöhnlich, auf irgendeinen alten Beitrag, von dem man ("nur einen Klick entfernt") zu Hauptseite kommt, sondern auf dieses ungewöhnlich wunderschöne Ding (http://tinyurl.com/c27yl) das das gesamte Blog auf eine Seite einschmilzt und jede weitere Lektüre überflüssig macht, endlich.
(Mein schönstes Ampelerlebnis: Beim Queren bei Rot riefen mir zwei Grün erwartende 10 Jährige Mädchen zu: "Ey, doch nicht vor kleinen Kindern".)

19.01.2006 | 11:29

Kommentar #2 von Philip:

Wer auch immer als Erster die Idee mit "Kurz-URLs" hatte, gehört geteert und gefedert und sollte gezwungen werden, das ganze schlaue Konzept hinter URIs 100 mal abzuschreiben.
Wirklich schade, wenn tinyurl und andere offline gehen und damit ein erheblicher Teil von Referenzen unbrauchbar werden.

19.01.2006 | 14:11

Kommentar #3 von Beirotdiefüßehochleger:

Ich finde die Texte hinter dem * ziemlich zauberhaft, klar und ausserdem gut durchdacht. Bisher hatte ich immer nur ein diffuses Schuldgefühl gegenüber den ordentlichen Menschen. Beim nächsten Mal, wenn mich einer wg. siehe oben anmacht, werde ich den Nutzwert der Argumentation – und damit der Riesenmaschine überhaupt – am lebenden Subjekt austesten.

19.01.2006 | 16:30

Kommentar #4 von einem Meckerer:

Schlaues Konzept der URLs? Für'n Arsch! Wenn man die Dinger wenigstens so robust konstruiert hätte, dass sie den ein oder anderen Zeilenumbruch im inneren locker wegstecken – ja, das wäre visionär gewesen. Aber so? Verdammte Weicheier, diese URLs!

20.01.2006 | 01:49

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