Riesenmaschine

04.04.2006 | 17:24 | Anderswo

Addio Amigo


mexikanerverachtend, aber verständlich (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

nicht mögen, aber müssen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Jeder Schweizer ist stolz auf das hohe Niveau der Gebrauchsgrafik in seinem Land. Humorlos, minimalistisch und meist unter rigoroser Anwendung eines Gestaltungsrasters bewahrt sie das Andenken an die klassische Moderne und die Schweizer vor einem allzu bunten Alltag. 'Schweizer Grafik' ist zu einem feststehenden Begriff geworden, über den schmollmundige Sachverständige ihre Magisterarbeiten schreiben.
Doch nun ist die Schweizer Grafikeridylle in Gefahr. Die Zürcher Verkehrbetriebe nämlich brachten in allen ihren Fahrzeugen Aufkleber an, die mit Piktogrammen auf das richtige Verhalten im Wagen aufmerksam zu machen versuchten. Daneben klebte ein weiterer, in seiner Widersprüchlichkeit und Verzweiflung fast schon rührender Aufkleber mit der Aufschrift: " Wir möchten nicht den ganzen Wagen mit solchen Verbotsschildern zupflastern müssen."

Die Verbote nun waren dem Zürcher Fahrgast egal, denn Kriminalität ist in der Schweiz sowieso verboten. Ein Aufschrei des Entsetzens ging jedoch wegen der Gestaltung der Piktogramme durchs Land. Lediglich eines der Piktogramme war nämlich auf Anhieb verständlich, die anderen schienen das Verpacken des Kopfes des Vordermannes mit Sprechblasen (Rauchverbot), das Mitfahren mit heraushängenden Hosentaschen (Schwarzfahrverbot) oder das Zersägen von Sitzen (Zersägen-von-Sitzen-Verbot) zu verbieten. Das verständliche Piktogramm jedoch zeigte einen als Mexikaner Verkleideten beim Guitare spielen (Musizierverbot).
Die Mexikanische Botschaft intervenierte und die Mexikaner wurden überklebt.
An diesem Punkt wurde der Fall nun zum Politikum. Wer nun aber denkt, die Mexikanerfeindlichkeit der VBZ sei Gegenstand der 'Schriftlichen Anfrage', die die Zürcherische SP, vertreten durch Rolf Kuhn, an den Zürcher Stadtrat stellte, kennt den Schweizer schlecht. Es ist natürlich die 'amateurhafte Grafik' der Piktogramme, sie sich die SP nicht bieten lässt:
Inferiore Grafik sowie sprachliche Ungelenkheit legen den Schluss nahe, dass die Verbotsschilder von Amateuren (...) produziert wurden. Trifft diese Vermutung zu? Falls ja: Weshalb wurde der Auftrag nicht an Profis vergeben?


Kommentar #1 von Joshua Seibold:

"Sprachliche Ungelenkheit" ist aber sprachlich ziemlich ungelenk. Wie nennt man eigentlich so eine Stilfigur?

04.04.2006 | 17:39

Kommentar #2 von Thimotaeus:

Das ist egal, aber warum nicht erwähnt wird, dass die 'SP' zudem wohl auch die Mexikanerfeindlichkeit interessiert, das wird gar nicht erklärt. Hier wird doch allzu schlampig recherchiert.

04.04.2006 | 17:43

Kommentar #3 von Joshua Seibold:

Das ist natürlich total falsch, Thimotaeus, bitte lesen doch nocheinmal aufmersam den Text und schauen Sie vorher im Grossen Buch der Sprachlichen Mittel nach unter "indirekte Rede".

04.04.2006 | 18:06

Kommentar #4 von lukas:

weisst du, thimodings, natürlich wurde beim recherchieren festgestellt, dass die sp auch die 'mexikanerfeindlichkeit' interessiert. es wurde allerdings auch festgestellt, dass diese nur so nebenbei als punkt 6 angeführt wird und sich die anfrage vorwiegend um die grafik dreht. für eifrige wie dich haben wir die anfrage ja verlinkt.

04.04.2006 | 18:09

Kommentar #5 von Markus Widmer:

Ganz ehrlich, manchmal wünsche ich mir die selige Strenge der Schweizer Grafik und deren Verankerung in der Gesellschaft hierher nach Wien, wo in Powerpoint gestaltete und auf Plakatgrösse aufgeblasene Pixellogos absolut okay zu sein scheinen.

05.04.2006 | 13:30

Kommentar #6 von lukas:

humorlos und rigoros meinte ich durchaus nicht negativ.

05.04.2006 | 19:10

Kommentar #7 von Felix:

Ich fand die Kleber super und hab nur drauf gewartet, dass ich mal einen Musikguerilla in der Tram mit erhobenem Finger auf das Verbotsschild verweisen kann, aber dann waren sie schon weg, und die Sombreros scheinen eh unpraktisch zu sein, weil man die Nervensaegen (haette man ja auch schoen in ein Pikto packen koennen, evtl mit dem 'leeren Hosensack Pikto' zusammen: Bitte nicht mit schlechtem Gitarrengeschrammel an meinen Nerven saegen, ich hab eh kein Geld!) ja vor dem Einsteigen schon an den Gitarrenkaesten erkennt. Solange es keine Profikiller sind. Jedenfalls waeren da Sombreros noch hinderlicher. Die SVP haette den Piktos vermutlich zugestimmt und sie selber entworfen, wenn sie nur irgendein Pikto entwerfen koennte, auf dem jugoslawischen Gitarrenspielern in peruanischen Trachten das spielen spanischer Populaermusik verboten wird.
Ist aber schwierig, das. Vielleicht hat hier wer nen Vorschlag?
PS: Man haette mit dem Geld, dass das Ueberkleben gekostet hat auch einfach Geldspendeautomaten fuer mittellose Musikanten aufstellen koennen.

06.04.2006 | 13:31

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