Riesenmaschine

16.07.2006 | 04:31 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Habemus Pulverem


Gegenpapst mit Papamobil (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wenn vom Papst die Rede ist, denken wohl die meisten an jenen weisshaarigen Herrn Professor mit dem huschenden Gang und dem Bären im Wappen. In unserer verwirrend vielfältigen Welt ist die Identität des Papstes eine wunderbar eindeutige Sache. Unsere Vorfahren hingegen hatten es schwerer, bis zum Jahr 1449 gab es oftmals mehrere Päpste gleichzeitig, welche dann natürlich auch auf unerfreuliche Weise aneinander geraten sind. Heute hingegen scheint in dieser Hinsicht Ruhe zu herrschen.

Wenn man aber ganz still ist und ganz genau hinsieht, kann man auch heute noch Gegenpäpste entdecken. Z.B. Earl Pulvermacher aus den USA, der sich von seinen Anhängern auch gerne als Papst Pius XIII. verehren lässt. Er residiert in einer Hütte in den tiefen Wäldern Montanas, neuerdings wird offenbar auch an einer päpstlichen Residenz in Springdale gebaut. Sein ruhmreicher Werdegang zum Papst liest sich wie eine Anleitung für all jene, die auch gerne Papst sein, aber dazu bitteschön nicht von der Bildzeitung ernannt werden möchten: Man gründe mit einer Handvoll treuer Seelen eine Wahre Katholische Kirche, erkläre die restlichen 1,2 Milliarden Katholiken zur satanischen Sekte und den Heiligen Stuhl für sedisvakant. Man lasse sich kraft lateinischem Kirchenrecht aus der Zeit vor dem Papstwahldekret Nikolaus' des II. von der übriggebliebenen Christenheit (bei Papa Pulvi also die zehn eigenen Anhänger) zum Papst wählen. Und dann kaufe man sich beim Kostümhandel eine Papstsoutane und warte geduldig auf den Tag, an dem der antichristliche Usurpator unter Spott und Prügel aus Rom vertrieben wird, damit man endlich als wahrer Papst in den Vatikan einziehen kann.

Also aufgepasst: Wenn Sie sich demnächst im Wald wieder einmal vor einem Bären in Sicherheit bringen müssen und auf eine Holzhütte stossen, aus der schwarzer oder weisser Rauch aufsteigt, könnte es sein, dass Sie sich dort nicht hineinretten können, da es sich um ein Konklave handelt, d.h., insbesondere ist dann abgeschlossen.

Ruben Schneider | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


Kommentar #1 von CFB:

Es scheint, als würden die Amerikaner sich allmählich auf eine postimperialistische Zeit vorbereiten, in der Transkontinentalflüge wegen der Ölpreise zu teuer sind (wobei dieses ja bald aus Alaskas unberührter Natur bezogen wird), Krieg nicht mehr finanzierbar und auch sonst in der Welt da draussen nichts "Sinnvolles" mehr zu tun ist.
Die wesentlichen Sehenswürdigkeiten der Welt hat man in Las Vegas nachgebaut, deutsche Traditionsfeste werden gefeiert und Städte semiakkurat repliziert oder zumindest deren Namen aufs eigene Festland gerettet. Auch für politische Heterogenität wird gesorgt, wobei hier die Wahl weder glücklich noch zeitgemäss getroffen wurde. Und jetzt auch noch der Papst...
So hat der Amerikaner also bald alles, was ihn irgendwie interessieren könnte, im eigenen Land. Bald wird dann der Rest der Welt negiert und an den Schulen gelehrt, die Erde sei eine Scheibe (die Evolution ist ja schon abgeschafft). Die passende Gesellschaft hat man vorsorglich schon vor Jahren aus dem Boden gestampft.
Der Plagiarismus der Amerikaner hat also vermutlich eine utopistische Dimension, wobei der Markenplagiarismus der Chinesen rein auf wirtschaftlicher Ebene funktioniert. 1:0 für Amerika.

16.07.2006 | 11:25

Kommentar #2 von Kathrin:

Verdammt, erst Ruben und jetzt CFB, wir können doch nicht alle Kommentatoren zu Autoren befördern, wer soll denn dann noch kommentieren?

16.07.2006 | 11:34

Kommentar #3 von Ruben:

Also ich finde das klasse, wenn ein Kommentator den Beitrag einfach weiterschreibt.

16.07.2006 | 12:29

Kommentar #4 von langweiler:

Krieg ist schon lange zu teuer deshalb wird er privatisiert, er lohnt sich nur für die Warlords die nichts anderes können und deshalb an einem Ende auch nicht interessiert sind.
Die Aufgabe der Zivilgesellschaft ist die Zurückeroberung des Gewaltmonopols der Staatlichkeit, in der die Kosten nicht auf unbeteiligte Dritte abgewälzt werden können.
Und dies ist ausnahmsweise mal keine antiamerikanische Forderung, sondern eine an die Bewohner des Libanon und des zu entstehenden Palästina.
Was machen eigentlich Blogger wenn das Amerika sein imperialistisches Internet wieder einpackt?

16.07.2006 | 19:47

Kommentar #5 von CFB:

Den beiden Herrschaften Autoren meinen herzlichsten Dank, jetzt bin ich doch etwas gerührt. Auf verdientes, aber anbiederndes Retourgelobe verzichte ich nun trotzdem, auch wenn der Alkohol mich gerade rührselig macht.
Herr langweiler sollte seinen 2. Satz jedoch überdenken, der scheint mir nämlich keine Forderung, sondern Unfug zu sein.

16.07.2006 | 22:46

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