Riesenmaschine

11.09.2006 | 19:36 | Anderswo

Gute Nacht, Ümlaut


Genau!
Es ist soweit: Die amerikanische Begeisterung an Umlauten in Kneipennamen hat gestern Abend endgültig ihren Höhepunkt überschritten. Es fing vor gefühlten zwei Wochen an, als die ersten deutschen Wörter auftauchten; Bars hiessen plötzlich "Überfall" und "Blüte", eine relativ harmlose Angelegenheit. Dann aber fand man Gefallen an der exotischen Fremdheit der herumfliegenden Punkte und fing an zu spinnen. Zunächst schwenkte man in einer nur wenige Stunden andauernden Übergangsphase auf handelsübliche Fremdwörter (Pangäa) um, nur um dann in der nächsten Umdrehung einfach jedes ausländische Wort zum Fremdwort zu erklären und mit artfremden Umlauten zu versehen (Paäez). Anschliessend erkannte man nach langem Überlegen, dass auch englische Wörter ganz schön fremd aussehen, wenn man sie mit Umlauten bewirft (Blür). Wie eine Kaninchenplage fiel der Umlaut auf jedem Kontinent ein, rottete einheimische Buchstaben aus und verwüstete die Sprachlandschaft. Das war vorgestern. Seit gestern jedoch, seit es im Bloor West Village in Toronto ein Restaurant gibt, das "Blüme" heisst, ist der weitgereiste Umlaut zurück in der Heimat angekommen. Unbeholfen und verwirrt sitzt der arme Kerl in der Füssgängerzone herum, bettelt um Älmosen und versteht seine eigene Sprache nicht mehr.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ünd mörgen die gänze Welt


Kommentar #1 von Leichtmetaller:

Sind die Schwermetaller an allem Schuld?
http://en.wikipedia.org/wiki/Heavy-metal_umlaut
Und das Trema
http://de.wikipedia.org/wiki/Trema
nichts weiter als eine optische Halluzination infolge häufigeren Delirium tremens'?
http://de.wikipedia.org/wiki/Halluzination
Na ja, war ja nur so eine Idee -

11.09.2006 | 22:48

Kommentar #2 von Ich:

Dazu auch dieses, ausgedacht von der seltsamen Gemeinde der Schriftgestalter:
http://typophile.com/node/17230
Für mich der Klimax: Die "Einsturzenden Umlauten"

12.09.2006 | 12:51

Kommentar #3 von Dr. Bob:

Ja endlich mal positive Nachrichten aus den Staaten. Mir schwant aber schon Böses: Werden die ersten Produkte mit deutschem Umlaut versehen, fährt Arnold Schwarzenegger bald den Hammer Zerstörer, die Beschallung besorgen Böse-Boxen und zu trinken gibts König Ludwig Dünkel.
BTW Almösen hatte mir besser gefallen.

12.09.2006 | 20:09

Kommentar #4 von arsenjew:

So neu ist die Freude am Umlaut in der US-amerikanischen Gastronomie dann auch wieder nicht. Schon seit Jahren findet man in den Food Courts von Malls und Bahnhöfen eine – wenn auch nur begrenzt erfolgreiche – Kette namens "Knödel – best of würst".

12.09.2006 | 21:28

Kommentar #5 von suki:

Ich möchte euch nicht den Spass verderben, aber meiner Kenntnis nach, haben es die USA bisher nicht geschafft, Ontario zu annektieren.

13.09.2006 | 16:53

Kommentar #6 von Kathrin:

Und wer wüsste besser als wir, wie schön Besserwissen ist? Ontario liegt nun einmal auf einer Amerika genannten Landmasse.

13.09.2006 | 17:32

Kommentar #7 von Aleks:

Ich weiss, es ist altmodisch, aber fuer mich ist Amerika noch ein Kontinent. Moment, das hat Kathrin ja gerade gesagt, also haette ich es mir auch sparen koennen.

13.09.2006 | 17:33

Kommentar #8 von suki:

Mein Kommentar bezog sich nicht auf den Text von Aleks Scholz, sondern auf die anderen Kommentare.

13.09.2006 | 18:36

Kommentar #9 von Dr. Bob:

Noch schlimmer! Gegenüber den Geistigminderbemittelten zu klugscheissen!
Mein Kommentar bezog sich nicht auf den Text von Aleks Scholz, sondern auf den anderen Kommentar.

13.09.2006 | 20:08

Kommentar #10 von getEXPO:

... aber Klugscheissen macht doch Spass und ist irre lustig! (Vor allem in der Gemeinschaft von anderen Klugscheissern, die zu dieser so überaus liebenswerten Eigenschaft stehen.) – Ich bin auf alle Fälle bekennender Klugscheisser und Lindenstrassenseher.

14.09.2006 | 00:52

Kommentar #11 von Gernot Back:

Die grammatischen Wechsel im Englischen zwischen Singular und Plural
* foot – feet
* man – men
* mouse – mice
etc.
oder bei der Adjektivsteigerung zwischen Positiv, Komparativ und Superlativ
* old – elder/older – eldest/oldest
sind ja nichts anderes als Umlautphänomene.
Es ist also nicht so, als ob das Englische selbst nicht auch Umlaute kennte.
Übrigens: Die deutsche Konjunktiv-2-Form "kennte" geht auch auf ein Umlautungsphänomen zurück:
kennen –
kannte (Konj.2 kennte statt *kännte) –
gekannt
steht in Analogie zu
können -
konnte (Konj.2 könnte) -
gekonnt
An komischen Lauten wie einem dänischen ø in smørrebrød können Amerikaner sich schon seit den siebziger Jahren in der Muppet-Show erwärmen und bei Rose von den "Golden Girls" findet man das seit den Achtzigern auch nach wie vor sehr witzig.

23.09.2006 | 14:27

Kommentar #12 von irgendwem:

Das war doch mit Motörhead und Mötley Crüe auch schon so. der hype ist nicht unbedingt neu!

26.01.2007 | 17:45

Kommentar #13 von Kathrin:

Weswegen der Text ja auch einen Updatelink zu einem weiteren Beitrag enthält, in dem exakt das drinsteht.

26.01.2007 | 17:59

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