Riesenmaschine

17.09.2006 | 13:28 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Chemnitzer Elegie


Chemnitz, Linie 56 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Allenthalben vergeht die Industrie zugunsten des Dienstleistungsgewerbes und gänzlich rätselhafter Berufszweige wie der Bloggerei. Wo sind sie hin, die grossen Gebäude mit den vielen Rohren dran, die es noch vor gar nicht langer Zeit überall gab? Manche verfügten, so hört man, sogar über rauchende Schlote, und wenn an einem Gebäude "Backfabrik" oder "Schlachthof" dranstand, so war Industrie darinnen und kein Club. Wo ist nun das eiserne Ross? Wo sein Reiter? Wo ist die Hand an der Esse, wo das lodernde Feuer? Wer wird den Rauch der verbrannten Braunkohle sammeln gehen? Dahin ist der Lärm der Bürger, die uralten Werke der Riesen stehen leer. Wie die Zeit vergangen ist, ins Dunkel der Nacht, als sei sie nie gewesen.


Kommentar #1 von kokser:

Wahr, wahr! Gesprengt die Werke (www.youtube.com/watch?v=uah_Bvw0q_c) oder nach China verkauft, und das Feuer flackert nur noch über den Bildschirm, untermalt von wehmütig kitschigem Klagen, proudly presented by OfenBernd (www.youtube.com/watch?v=LlryN1XNlcY)

17.09.2006 | 16:00

Kommentar #2 von beine:

gibt noch genuch eisenlaerm.

17.09.2006 | 16:28

Kommentar #3 von reflexive koedukation:

Ich möchte auch ein lustiges Dings. Mit vielen Rohren dran, ohne erfüllung der Abgsanorm.

17.09.2006 | 18:56

Kommentar #4 von Chemnitzer:

Einersiets freut es mich als gebürtigem Chemnitzer, mal was altbekanntes hier zu sehen. Doch für all jene, welche nach qualmenden Schloten und den dumpfen Klängen metallverarbeitender Industrie lechzen, habe ich einen Tipp parat:
Macht doch mal während eures nächsten Dresdenurlaubs einen Ausflug nach Freital. Besser gesagt auf den Hausberg der Freitaler, den Windberg. Dort bietet sich dann dem Interessierten ein fulminantes Panaroma deutscher Industriegeschichte versteckt in einem lauschigem kleinen Mittelgebirgstal, mit allem was das Herz begehrt: Fördertürme, Stahlwerke, die Eisenbahn und sogar eine noch qualmende Abraumhalde, welche, für Geologen besonders interessant, noch Schwefel auskristallisiert.
Klopft dann noch der Specht im nahen Baum ist die Idylle perfekt und man fragt sich dann ernsthaft, warum die Schwerindustrie so beständig versucht sich zu verstecken, wo sie doch wie keine andere so eindrucksvoll Betriebsamkeit suggerieren kann.

17.09.2006 | 21:07

Kommentar #5 von Martin Bartholmy:

Es ist nicht einfach nur so, dass die alte Industrie einerseits schwindet bis verschwindet. Andererseits nimmt sie nämlich auch zu: Im Film dampfen die Rohren, kreisen nachsynchronisiert die stillgelegten Turbinen. Nichts zieht einen Location Scout monetärer an, als eine aufgelassene Fabrikhalle. Nirgendwo anders kann man, ohne teuer Kulisse bauen zu müssen, vor spektakulären Backdrops von dekofreier Authentizität bei gleichzeitig maximaler Verwüstung für fast lau drehen.
Ein Filmkritiker hat daraus, als Indikator für schlechte Filme, die Abandoned Factory Rule abgeleitet: Je mehr leere Fabrikhalle, desto scheisser. Oder in seinen Worten:
" ... my most hated movie cliche: the Abandoned Factory Rule.
According to the Abandoned Factory Rule, in any action movie, the more guns and armaments used by the bad guy at the beginning and middle of the film to shoot at the good guys, the more likely that the final scene will end up in a abandoned factory, where the good guy and the bad guy end up fighting in unarmed man-on-man combat."
Usw. usf.
Nur mit der tentativen Anmerkung: "The problem with disused factories seems to have abated since the 80s, but maybe I am just more successful at avoiding those movies" liesse sich hadern. Wobei ich mir nicht sicher bin, woran das liegt: Verläuft die Deindustialisierung hierzulande nur einfach nur einen Tick später? Oder greifen die begriffsstutzigen deutschen Regisseure die US-Formeln filmschulvermittelt bloss verspätet auf?
Wahrscheinlich, wie meist in solchen Fällen ists kein entweder/oder sondern ein sowohl als auch: Beides vermanscht sich, Kartoffelbrei und Sosse, somehow in der Mitte zu einem Fabrikactionfilmbrei, Helicops mit Hartz IV-Empfängern als Statisten an den Orten, an denen sie vormals den Stahl schmiedeten, so denn gerade Stahlschmieden auf dem Fünf-Jahreslehrplan stand.

17.09.2006 | 21:40

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