20.09.2006 | 01:24 | Anderswo | Was fehlt
Foto: jackol Was ist das: Ein Spielfeld, etwas kürzer, etwas breiter als beim Indiaca, zwei Mannschaften, je sieben Spieler, kein Ball, keine Schläger, überhaupt keine Geräte, und die Angreifer müssen die Luft anhalten?
Leser aus dem Süden Asiens schreien jetzt atemlos: "Kabaddi, Kabaddi, Kabaddi" und haben damit natürlich recht. Nur hier, am anderen Ende Indogermaniens, kennt diese Sportart mal wieder keiner. Nach Cricket und Hockey ist Kabaddi auf dem Subkontinent und rund darum herum eine der beliebtesten Sportarten. Es ist eine Kombination aus, wie man in Süddeutschland sagt, Kettenfange und Ringkampf. Ein Team verteidigt, bildet eine Kette, während ein Angreifer des gegnerischen Teams in die feindliche Spielhälfte einfällt, wo er versuchen muss, die Kette zu zerreissen. Und: Für die Dauer seines Einfalls ins Feindesland muss er die Luft anhalten.
Wie? Die Luft anhalten? Ist da nicht Betrug Tür und Tor geöffnet? – Eben nicht. Zum Beweis, dass die Luft tatsächlich angehalten wird, muss der angreifende Spieler ohne Pause plosiv die Laute "Kabaddi, Kabaddi" chanten, entweder bis er erstickt, erlegt wird, einen Rückzieher macht, oder es ihm gelingt, die Kette der Feinde zu zerschlagen. (Regeln, Fotos und Videos hier)
Nicht nur aber ist das Kabaddifeld ähnlich gross wie das beim Indiaca. Beide Sportarten, obwohl von ungewissem älteren Alter, traten 1936 ins Rampenlicht. 1936 entdeckt der Sportlehrer Karlhans Krohn an der Copacabana das Indiacaspiel und importiert es mit einigem Erfolg nach Deutschland. Im selben Jahr wird auch Kabaddi salonfähig – als Demonstrationswettbewerb bei den Olympischen Spielen in Berlin. (Bei der Naziolympiade traten übrigens auch die Nationalhymnen im Wettstreit gegeneinander an. And the winner was: Die chinesische Hymne San Min Chu-i, in der es, Koinzidenz, Koinzidenz, heisst: "Oh ihr Kämpfer, seid für das Volk die Vorhut" – ein nur zu passendes Motto fürs Kabaddi, das Vorhutspiel per se.)
Leider scheint nicht überliefert, was der Führer zum Kabaddi sagte, aber es wird, Arier hin oder her, wohl wenig schmeichelhaft gewesen sein, was bedauerlich ist, aber nicht überraschend, denn mit angehaltenem Atem wäre der ganze schöne Krieg natürlich Essig gewesen.
Kommentar #1 von PI:
Na ja, das Spiel ist eigentlich ein alt-österreichisches und heisst dortorts seit dem 19. Jahrhundert "Der Kaiser schickt Soldaten aus". Normalerweise wird das nur im Kindesalter gespielt und endet, sobald die pubertierenden Burschen soviel Körpermasse aufgebaut haben, dass jede Attacke Milzrisse und Leberblutungen nach sich zieht.
20.09.2006 | 16:16
Kommentar #2 von billy koettbullar:
ja servus herr suschny, sie hier?
20.09.2006 | 17:10
Kommentar #3 von Fan mit Veränderungsphobie:
leibe riesenmaschine, ich kündige hiermit mein rss-abo. vielleicht schenkt mir die titanic dafür auch ein plakat. aber darum geht es mir gar nicht. eher darum, dass sascha lobo und kathrin passig hier viel seltener schreiben als damals, als ich das rss abonnierte. Schade, Herr Bartholmy und all die anderen neuen. Aber Nivo Rubinowitz und Co hat das leider nicht mehr. Nein, dieser Komentar hat auch keine Schlusspointe. Aber selbst den Satz hab ich aus euren besseren Tagen geklaut ...
20.09.2006 | 23:25
Kommentar #4 von essbee:
da fällt mir nur die radikale atemtherapeutin ein, die fragte: warum haben die deutschen den 2. weltkrieg verloren? Antwort: weil sie falsch geatmet haben. So ist das!
20.09.2006 | 23:39
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