Riesenmaschine

06.11.2006 | 12:49 | Anderswo | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Böse Menschen haben keine Liter


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Weitgehend unbemerkt von der uninteressierten Öffentlichkeit fand vor drei Wochen der Weltnormentag statt, Mailer hätte sich gefreut, aber er war weder richtig geschrieben noch überhaupt gemeint. "Normen zum Anfassen", das Motto des damit verbundenen Tages der offenen Tür im Deutschen Institut für Normung, klingt wahnsinnig verlockend, um so mehr, wenn man weiss, dass der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands im 20. Jahrhundert wesentlich von Normierungen abhing. Eine alte Anwaltsregel sagt, "Wenn Du einen Fall nicht lösen kannst, verkompliziere ihn", und genau nach diesem Motto wirkte die Normenflut über Jahrzehnte auch als Schutz vor Industriespionage, weil praktisch keinem ausländischen Ingenieur klarzumachen war, wofür es eine DIN 25124 für Schwenkvorrichtungen an Mannlochverschlüssen, Teil 1 bis Teil 3 gibt und was sie genau bedeutet (verkürzt dargestellter Zusammenhang).

Das portugiesische Bier Sagres hat eine vollkommen unbrauchbare Website, die offenbar der Regel folgt, dass jeder Klick doppelt so schmerzhafte Effekte mit sich bringen muss wie der vorhergehende. Dabei schmeckt es eigentlich nicht schlecht, wie fast jedes Bier, wenn es nur ordentlich auf geschmackslähmende Temperaturen heruntergekühlt ist. Was die Biermarke aber ganz besonders auszeichnet, ist ihr, sagen wir, flexibles Normenverständnis. Auf dem Frontetikett zu behaupten, es wären 33 Zentiliter in der Flasche, hinten aber draufzuschreiben, dass nur 250 Milliliter drin sind, das zeugt von einem fortschrittlichen, zukunftsgewandten Umgang mit dem starren Korsett Normierung. Letztlich sind Normen, so erfolgreich sie während der Durchindustrialisierung gewesen sein mögen, in Zeiten des Rapid Prototyping und der Unikatisierung der Warenwelt nur noch ein kümmerlicher Ausdruck des Konsummaoismus.


Kommentar #1 von arcenciel:

330 Milliliter in der 250er Flasche wären unglaubwürdiger, auch gut gekühlt!

06.11.2006 | 13:55

Kommentar #2 von Stuart Margolins Anlageberater:

Überschrift im Original von Fredl Fesl, wenn ich mich recht erinnere.

06.11.2006 | 14:45

Kommentar #3 von Bürokrater:

DIN 61010: Scheuerfestigkeit von textilen Flächengebilden
ist auch gut und wichtig!

06.11.2006 | 16:27

Kommentar #4 von Ludger Voss:

Thema Druckbefüllung – in so eine 25cl-Flasche müssen doch wohl 33cl Bier reinpassen.

06.11.2006 | 16:47

Kommentar #5 von flügelkatze:

Anscheinend haben sie eine PIN für Disfunktionalität von Links aufgesetzt. Abschnitt a) schliesst Mac-User vom Informationszugang nachhaltig aus.

06.11.2006 | 16:48

Kommentar #6 von Peter Engländer:

Die Frage ist wie der einfache Mann von der Pommesbude bei diesen Angaben noch den ewig gültigen Leitsatz "Sihm Bia san a a Schnütze" (für Kaiser Wilhelm: Sieben Biere sind auch ein Schnitzel) korrekt anwenden soll... Dittsche hilf!

06.11.2006 | 18:21

Kommentar #7 von zaunkönigin:

Siehe DIN 30999: [...] Kalibrierung von Härtevergleichsplatten aus Hartmetall für die Prüfung und Kalibrierung von Härteprüfmaschinen. Hier, in ihrer vollendeten Selbsreferenzialität, offenbart sich die philosophisch-logische Schönheit der Normung.

06.11.2006 | 18:37

Kommentar #8 von Mpingo, der Belgier:

Die abgebildete Flasche ist ja wohl offensichtlich aus Belgien: "..UXELLES" kann man auf dem Etikett lesen, Jahr 1958 – das Jahr der Expo in Brüssel. Von den 717 extrem leckeren, in Belgien gebrauten Bieren – ihr mit eurem langweiligen Reinheitsgebot – tippe ich trotzdem noch fast auf ein popeliges Jupiler.

06.11.2006 | 21:39

Kommentar #9 von daniel:

nein, das ist schon ein sagres, denn auf dem etikett sind allemöglichen städtenamen aufgedruckt in denen sagres verkauft, gebraut, wasuacuimmer wird. ich finde allerdings das die rückseite verdammt nachträglich aufgeklebt aussieht.

06.11.2006 | 23:38

Kommentar #10 von Facy:

Könnte mal jemand den Fingerabdruck identifizieren?

07.11.2006 | 09:49

Kommentar #11 von Lis:

Da freut man sich über eine Hasstirade über Nach dem Motto, verteilt sie im Büro, hängt sie an mails, druckt sie auf Shirts.
Und was tut Herr Lobo?

07.11.2006 | 12:44

Kommentar #12 von OE-LNP:

Bist du deppert! Die können sich Pierce Brosnan für die Werbung leisten

07.11.2006 | 16:27

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