Riesenmaschine

13.02.2007 | 11:06 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Eingeschränktes eingeschränktes Halteverbot


Dieses Bild ist von Luzie, die im Übrigen auch hervorragende Torten macht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Berlin – eine famose Stadt, die es als eine der wenigen versteht, ihrem eigenen Klischee hinterherzuperformen und damit die Gefühlsamplituden der Menschen auszuloten, obwohl man ihr aus Zweckgründen verbunden sein muss. Wäre Berlin Web 2.0, es hätte vier Millionen Xing-Kontakte, aber maximal anderthalb Millionen Myspace-Freunde. Deshalb ist es wichtig, Berlin nur mit Gebrauchsanweisung zu betreten, so aufgeschmissen ist man ohne KnowHow und KnowWhom sonst nur noch in der kanadisch-tschechischen Wildnis. Das weiss auch die Administration, deshalb gräbt sich tief ins Gedächtnis jedes Berliner Oberstufenschülers die im Sozialkundeunterricht gelernte Ansage, was man zu tun habe, wenn es in der U-Bahn zu Aneinandergerätlichkeiten kommt. Man ruft nicht "Hilfe, Hilfe", sondern spricht die Mitfahrenden gezielt an, nach der Art: "Sie mit dem albernen Haarschnitt und dem Schnurrbart, helfen Sie mir, ich werde überfallen!" Die direkte Ansprache weckt das Verantwortungsgefühl und erhöht die Chance auf kooperatives Verhalten dramatisch.

Dieser Mechanismus wird in Neckarsulm nun einer interessanten Gegenprobe unterzogen. Wie an dieser Stelle nachzusehen, gibt es dort das nebenstehende Verkehrsschild, das sich weder nach Berliner Methode an explizite Einzelne noch nach gehabter Verkehrskommunikation an alle richtet, sondern an alle ausser explizite Einzelne, in diesem Fall Brautpaare. Die spieltheoretische Annäherung sagt, dass dort mehr Menschen häufiger heiraten werden, um seltener falsch zu parken, sehr wahrscheinlich kann so per Verkehrsschild der Rückgang der Geburtenrate bekämpft werden; entgegen der verbreiteten Ansicht wird die Welt besser durch mehr Schilder (mit Ausnahmen).

Dieser Beitrag ist ein Update zu "Präzision und Alltag" und "Verkehrssicherheit muss lustiger werden".


Kommentar #1 von irgendwem:

fein, endlich hat meine Sentimentalität einen praktischen Nutzen! Zieh ich also in Zukunft jedes Mal das olle Brautkleid an, wenn ich dort parken will. So oft zieht es mich nun doch nicht nach Neckarsulm, dass das auffallen würde.
Romantischen Gruss aus Schwaben.

13.02.2007 | 12:50

Kommentar #2 von kid.:

Für solche Schilder muss man gar nicht nach Neckarsulm gehen. Am Rathaus Treptow findet sich eine sehr ähnliche Einschränkung: Dort ist, wenn ich mich recht erinnere, ein Einfahrt verboten-Schild mit dem Zusatz "ausser Eheschliessungen" versehen.

13.02.2007 | 12:52

Kommentar #3 von einem Aufgeklärten:

Also, den Rückgang der Geburtenrate durch mehr Hochzeiten bekämpfen zu wollen, wird nix bringen.
Zu diesem Zwecke sollte das Zusatzschild besser lauten: "Ausser Mami und Papi, wenn sie sich ganz doll lieb haben".

13.02.2007 | 13:28

Kommentar #4 von psycho killer:

Als probates Mittel zur langfristigen Anhebung der Geburtenrate hat sich einzig die Aufhebung des Nachtflugverbots für Störche erwiesen.

13.02.2007 | 15:24

Kommentar #5 von Ursula:

"Dem eigenen Klischee hinterherzuperformen, um die Gefühlsamplituden von Menschen auszuloten": Berlin scheint raffinierte Tricks auf Lager zu haben, um seine Bewohner bzw. Besucher kennen zu lernen bzw. mit ihnen zu spielen bzw. zu kooperieren. Aufregende Stadt mit grossem kreativen Potential und geburtenstarken Gegenden. Genau wie Neckarsulm. Kann sein, ich hab den Unterschied nicht ganz begriffen, vielleicht hilft nur ein Städtetripp. Jedenfalls guter Text, Kompliment.

13.02.2007 | 19:06

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