Riesenmaschine

23.06.2007 | 20:23 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Betrachtungen über den Klecks


Warmes Bauchgefühl schön und gut, aber muss man das denn auch noch unterstützen? (Foto: loneconspirator) (Lizenz)
Es ist billig, der Kernspintomographie an sich, und speziell ihrem klingelnden Gebrauch in der sogenannten Neuroökonomie eine Narrenkappe aufzusetzen. Bunte Flecken im Gehirn, Zentren für dies und jenes, für Geld, Gold und Glück, es ist eine zirkusgleiche Bedeutungshuberindustrie, die da um die selbst löbliche und lustig komplizierte Technologie gewachsen ist (für die es völlig zu Recht letztes Jahr den Nobelpreis gab, für die galoppierenden Interpretationen kann der Kernspin ja nix). Und weil das Billige meist ja auch recht ist, gehts jetzt los. In einer aktuellen Studie zum Dauermodethema Altruismus, publiziert in Science, fanden Forscher heraus, dass das Belohnungszentrum im menschlichen Gehirn aktiv wird, wenn man seine Besitzerinnen zwingt, vom Geld, das man ihnen vorher geschenkt hat, einen Teil für einen guten Zweck weiterzuspenden, und dass es aber noch viel aktiver wird, wenn man sie die Spende freiwillig machen lässt. Ganz begeistert schliesslich sind die Forscher davon, dass die Aktivität dieser Gehirnteile beim Geldempfang ihnen auch grobe Vorhersagen erlaubt, wer wieviel Geld wieder herschenken wird. Das klingt alles ein bisschen wie Zauberei und Gedankenlesen, und man möchte schon ergriffen zur Börse greifen und die Forschung selbstlos weiterfinanzieren. Aber sehen wir nur ruhig ein wenig genauer hin. Was haben wir wirklich erfahren? Wir haben erfahren, dass die, die sich über was Geschenktes mehr freuen, es weniger gern wieder hergeben. Und wir haben erfahren, dass Menschen möglicherweise uneigennützig spenden, weil sie sich dabei gut fühlen. Die Studie spricht vom warm glow, und meint dabei wohl nicht den roten Klecks auf dem Gehirn, sondern das gute Gefühl im Bauch, das man beim Klecksbetrachten bekommt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ansichten aus dem Nonneninnen


Kommentar #1 von Frau Grasdackel:

Hat nicht der alte Königsberger bereits vor 250 Jahren den roten Klecks als kategorischen Imperativ beschrieben? Tut man Gutes freiwillig, dann ist es moralisch viel wertvoller als wenn man es nur tut um einem Gesetz oder einem von aussen herangetragenen Pflichtgefühl zu entsprechen. Somit ist warm glow moralisch unzureichend und Kant hätte den Bauchfühlern ganz altruistisch den roten Klecks aber sowas von zurechtgerückt.

24.06.2007 | 04:38

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



Werbung
Unsittliche Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- Lekkermatz

- Wollelefanten

- Ziertiere

- Über Fenster ohne Glas sinnieren

*  SO NICHT:

- Hemd in die Hose

- No-go-Area im Kühlschrank

- Kieser Training (kein Trendhangout)

- Dosenwein


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Enter the Void", Gaspar Noe (2010)

Plus: 17, 33, 36, 39, 41, 45, 50, 52, 55, 122
Minus: 1, 3
Gesamt: 8 Punkte


*  KATEGORIEN


*  ARCHIV