Riesenmaschine

16.09.2007 | 16:29 | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Scheinkaufsvergnügen


"Richtig besitzt man die Güter, wenn man auf sie verzichten kann." (Ingvar Kamprad) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wir besitzen zu viel, weil wir zu viel kaufen, jeder weiss es, alle leiden darunter, aber keiner tut etwas dagegen. Keiner, ausser das sympathische Möbelhaus aus Schweden. Nur bei IKEA ziert das abgebildete Online-Not-Shopping-Icon die Mehrheit aller Produkte, nur bei IKEA erfährt man beim Klick auf "Verfügbarkeit prüfen", dass das abgebildete, online nicht bestellbare Produkt in keiner IKEA-Filiale der Welt erhältlich ist. Das gilt insbesondere für alle Produkte in grüner Farbe, die ausschliesslich im Printkatalog existieren. Dieses schöne System resultiert aus der Einsicht, dass das eigentliche IKEA-Glück im besitzwunschlosen Durchblättern des Katalogs und Ausmalen eines neuen, weil neu möblierten Lebens liegt. Der eigentliche Besuch einer IKEA-Filiale ist, wie jeder weiss, eine vulgäre Tortur und das Leben hinterher noch das gleiche alte unaufgeräumte wie vorher, nur um eine Kilopackung Haferkekse bereichert. Das IKEA-Scheinkaufsvergnügen dagegen gewährleistet, dass der Kunde nur die positiven Seiten des IKEA-Erlebnisses geniesst, ohne seine Lebenszeit mit Schlangestehen zu vergeuden oder die wertvollen Quadratmeter seiner Wohnung mit belastenden Couch- und Beistelltischen anzufüllen. Denn das schönste Zuhause der Welt ist immer noch der eigene Kopf.


Kommentar #1 von peter silie:

Sehr schoener Artikel. Er gibt einem dieses "Hey der Autor fuehlt und denk wie ich-Gefuehl"
Das wars.

16.09.2007 | 17:09

Kommentar #2 von Kathrin:

Raus aus meinem Kopf! Er hat nur 45 Quadratmeter, da ist kein Platz für zwei.

16.09.2007 | 17:26

Kommentar #3 von Maestro:

Möchte mich Kommentar #1 anschliessen. Sätze wie in Stein gemeisselt.

16.09.2007 | 18:10

Kommentar #4 von ding der unmöglichkeit:

keineswegs denkt die autorin wie ich, sonst hätte sie kerzen gekauft und sich gerne für die gedankenfalle angestellt. ich hab sie schon. sie lässt sich legen, setzen, stellen. praktisch.

16.09.2007 | 19:38

Kommentar #5 von Sarah:

Ja das mit den Keksen stimmt allerdings, die stapeln sich dann im Schrank, man möchte ja auch nicht öfter als unbedingt notwendig in diesen Laden gehen.

16.09.2007 | 20:12

Kommentar #6 von Marla Singer:

Also, ich weiss nicht recht- mag sein, dass es an meiner völligen Übermüdung liegt, aber ich assoziiere hier sofort diesen Satz "deliver me from swedish furniture", sollte Frau Passig demnächst Bekanntschaft mit einem gewissen Tyler Durden schliessen und in den nächsten Tagen auffälliges Verhalten ihren Mitbürgern gegenüber zeigen, sowie häufiger mit Veilchen und anderen Verletzungen im Riesenmaschinenbüro erscheinen – es würde mich nicht wundern...
Es lebe das Projekt Chaos, Frau Passig!
PS. Habe erst kürzlich mein Eigenheim durch Knodd bereichert, denke an eine Investition in Expedit/weiss/59,-

16.09.2007 | 23:12

Kommentar #7 von schuehsch:

Wem man nicht alles für was nicht alles dankbar sein muss / kann / will / darf... Jetzt sogar schon IKEA dafür, dass sie einem nichts verkaufen. In dem alten Universum, an dass ich mich noch gut erinnere, war das anders.

16.09.2007 | 23:24

Kommentar #8 von RAL seidenmatt:

Endlich wird der Begriff "home shopping" seiner wahren Bedeutung zugeführt. Relax, don't do it!

17.09.2007 | 06:49

Kommentar #9 von michael:

in wirklichkeit ist es tatsächlich super, nicht bei ikea einkaufen zu können. das entbindet einen nämlich von den gewissensbissen, es gemacht zu haben und auch von den problemen beim zusammenbau sowie dem ärgernis, schon nach einem jahr (es sei denn, man nimmt die sachen, die bei ikea auch nicht günstiger sind als in einem "richtigen möbelhaus") mit verfallenden möbeln zu wohnen. und vielleicht werden wir irgendwann auch das wort "billy" wieder los...

17.09.2007 | 10:58

Kommentar #10 von Reinhard:

Ikea ist nur scheinbar ein Möbelhaus. Eigentlich beschäftigt sich das Unternehmen mit der Herstellung von witzigen Montageanleitungen. Es scheint als seien nur diese urheberrechtlich geschützt. Die Möbel hingegen nicht. Siehe dazu: http://der-fliegende-teppich.blogspot.com/2007/08/kommode-kommt-von-comedy.html

17.09.2007 | 18:42

Kommentar #11 von Bleistifterin:

Unvergessen der Tag, als ich mit meinem ersten Burn-Out-Syndrom beim Arzt sass. "Sie brauchen Urlaub" – "Geht nicht. hab Prüfungen. Und kein Geld." – "Ok. Verstehe. Nehmen Sie sich einen IKEA-Katalog und richten Sie Ihre Wohnung neu ein. Dann geniessen Sie es, NICHT bei Ikea gewesen zu sein, KEIN Geld ausgegeben zu haben, und NICHTS zusammenbauen zu müssen. Mindestens einmal pro Woche. Geht auch mit anderen Versandhauskatalogen." Seither weigere ich mich den Arzt zu wechseln. Auch wenn die Anfahrt von 753 km bei einer Grippe etwas lang ist.

17.09.2007 | 18:54

Kommentar #12 von jaybe:

Kann ich denn wenigstens dafür bezahlen, dass ich die Nicht-Ware in meinen Nicht-Warenkorb lege. Das wäre doch ein tolles Gefühl.
- Mann, ich hab für € 768.- bei IKEA eingekauft.
- und, was haste alles gekauft?
- nichts
- geil, zeig ma'

17.09.2007 | 21:17

Kommentar #13 von irgendwem:

Richtig besitzt man die Güter, wenn man auf sie verzichten kann.
Jean-François Régnard, (1655 – 1709), französischer Komödiendichter

11.02.2009 | 18:44

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