Riesenmaschine

11.10.2007 | 11:59 | Berlin | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Vom Niedergang des Blitzes


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Geschichte des Blitzes ist traurig, weil sie stetig bergab verläuft. Dabei hatte sie vielversprechend begonnen, als der Blitz vor einigen Milliarden Jahren mitverantwortlich für die Entstehung des Lebens war. Auch einige Zeit später war der Blitz noch gut im Geschäft, als er den ersten Humanoiden das Feuer bescherte. Dann aber entschied man sich im Hause Blitz folgenschwer für ein Zusammengehen mit einer Anzahl verschiedener Götter von Zeus bis Gott: der Blitz wurde aufs Ungünstigste als Drohgebärde und Strafe instrumentalisiert. Auch die eigentlich sinnreiche Kooperation mit dem Donner, die zuvor das gewünschte Pathos auch für blinde Nutzer wahrnehmbar machte, geriet ins Bedrohliche. Daraufhin ging alles ganz schnell: um heilig gesprochen zu werden, bauschte Sankt Florian die Brandgefahr durch Blitze heillos auf. Trotzig seinem kurzentschlossenen Wesenszug folgend, liess sich der Blitz hinreissen, das frühere Vorteil zu bestätigen, und zündete praktisch das gesamte Mittelalter hindurch eine Stadt nach der anderen an. Nach der Beteiligung an den Frankensteinschen Menschenexperimenten war der Tiefpunkt erreicht, als nach dem Sieg der Alliierten 1945 klar wurde, dass der Blitz Hitlers Angriffskrieg gesponsert hatte.

Der unausweichlichen schlechten Presse folgte ein Rückzug ins Private, ein Auskommen hatte man nur durch einen langfristigen Model-Vertrag mit der Firma Opel. Einen ersten, ironischen Aufarbeitungsversuch der eigenen Geschichte wagte man erst 1976, mit dem Ramones-Hit "Blitzkrieg Bop". Einen wichtigen Schritt zur Resozialisierung brachte schliesslich die Demokratisierung des Blitzes; sie gilt inzwischen zumindest in den westlichen Gesellschaften als abgeschlossen, wo fast jeder im Schnitt zwei Blitze (Handy und Digitalkamera) mit sich führt. Dass der Blitz aber von Zeit zu Zeit hier und da über die Stränge schlägt und daher noch immer als Bedrohung angesehen wird, lässt sich an der florierenden Blitzschutzindustrie festmachen. Das Bild zeigt eine aktuelle Aufnahme eines hausnahen Bürgersteiges in Berlin Mitte, wo ein metallener Gebetsstein zum Zwecke des Blitzschutzes eingelassen ist. Genutzt hat es in diesem speziellen Fall kaum: Regungslos verharrt das beschriftete Stück Stahl im Boden, als es in der Nacht vom Blitz getroffen wird (Foto).


Kommentar #1 von Marat Pak:

Sehr, sehr schöner Beitrag, dankesehr.
Blitzgescheit und on point, weil lustige Pointe.

11.10.2007 | 18:43

Kommentar #2 von RAL seidenmatt:

Der Artikel hat mich zu Tränen gerührt. Hoffentlich kann er bald wieder zuschlagen, gerne auch bei mir (bin nicht gegen ihn versichert!).
Ich vermisse den Hinweis auf ein Spendenkonto.

11.10.2007 | 20:35

Kommentar #3 von Glas Klar:

Aber Donnerwetter noch mal, wo ist das Foto?

12.10.2007 | 08:03

Kommentar #4 von Blitzblank:

Potz Blitz! Ich dachte, ich hätte schon über alles nachgedacht. Ihr beleert mich eines Besseren. Und das täglich. Foto mit Blitz aufgenommen, oder?

12.10.2007 | 08:49

Kommentar #5 von Bo Vist:

Doch, flott geschrieben! Inhaltlich hinke ich aber nicht so ganz mit: Offenbar geht es dem Blitz doch mittlerweile ganz ordentlich, warum sollte man ihn dann schützen? Und wer ist dieser "Kransteiner" überhaupt, dass er sich die Protektion eines milliarden Jahre alten Naturphänomens anmasst? Klingt eher nach einer besonders wässrigen Biermarke.

12.10.2007 | 13:27

Kommentar #6 von Klugscheisser:

Seid ihr alle völlich bekloppt oda wat? Ick hoff ma, dad diese Seite ironisch gemeint üs, um zu provoziern und so. Ansonstn muss ick echt üba Dummheit staun hier! Voll krass!
post scriptum: Ich vermisse einen deutlichen Hinweis darauf, dass der Blitz sich auch klangheimlich als düsteres Zeichen in die Harry-Potter-Septilogie eingeschlichen hat. Ich, für meinen Teil, denke, dass vom Blitz immernoch eine gafährliche Bedrohung ausgeht, die wir nicht unterschätzen dürfen. Aber, meine Damen und Herren, es gibt ein probates Mittel, um die Ausbreitung des Blitzes zu verhindern: ONLINE-DURCHSUCHUNGEN! Der einzige Ort, an dem wir sicher vor dem Blitz sind, sind wohl Gemäldegallerien...

12.10.2007 | 15:40

Kommentar #7 von M:

Wieder so einer der nichts mit Maschinen am Hut haben kann...

12.10.2007 | 20:38

Kommentar #8 von höpeti möpeti:

Hab lange genug gewartet, dass es ein anderer tut (z.B. der Klugscheisser):
Bitte im Absatz 1 Satz 7 "das frühere Vorteil" korrigieren ("Vorurteil" könnte passen).
Dann liest es sich noch flüssiger.

13.10.2007 | 10:24

Kommentar #9 von Lars:

Es sollte noch erwähnt werden, dass vom Blitz getroffen zu werden für die Wahrscheinlichkeitsrechnung das beliebte Alltagsmass ist, das bei Flächen Fussballplätze heisst.

13.10.2007 | 12:06

Kommentar #10 von michael:

hier nochmal lob für dieses textchen. und ein zweiter satz, damit es auch gehaltvoll wirkt.

13.10.2007 | 20:48

Kommentar #11 von blauminus:

janz wichtig noch dieser allgemein gebräuchliche Satz :"da soll mich doch der Blitz beim sch...... treffen"!

13.10.2007 | 23:10

Kommentar #12 von nina viereck:

noch ein kompliment fuer die wirklich schoene geschichte.

14.10.2007 | 15:42

Kommentar #13 von Eric Hofmann:

Herr Lobo,
ich bin wieder mal total begeistert!
Ihr versteht euer Handwerk.
Habe die Ehre
EH

16.10.2007 | 19:34

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