Riesenmaschine

19.05.2008 | 18:35 | Berlin | Supertiere | Fakten und Figuren

Ein durchschnittlich langweiliger Beitrag

Langeweile und Durchschnitt stehen in einer seltsamen Beziehung zueinander. Im Prinzip ist das Durchschnittliche natürlich das Langweilige, doch wie soll man sich dann das überdurchschnittlich Langweilige vorstellen? Ein grosses Rätsel, auf das niemand eine Antwort kennt, zumindest solange er zugunsten der schönen feuilletonistischen Paradoxie vergisst, dass im zweiten Fall ein anderer Durchschnitt als im ersten gemeint ist.

Zum Glück bringen die Berliner Unternehmer des StudiVZ-Konglomerats mit der Machete der Vernunft jetzt Licht und Klarheit in dieses Dickicht: In einer mehrere Millionen Dollar teuren, geheimen Studie haben sie in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Zeitschrift Playboy jahrelang Langweiligkeit und Durchschnittlichkeit erforscht. Die Ergebnisse nutzen sie nun, um ihre Line-Extension mit dem durchschnittlich langweiligen Namen meinVZ zu vermarkten: Interessierten wird der Screenshots einer meinVZ-Beispielseite angezeigt, deren Langweiligkeit empirisch so optimiert ist, dass sie durchschnittlicher, das heisst beispielhafter, nicht sein könnte.

Die langweiligste Frau der Welt, wir wissen es jetzt endlich genau, wohnt also in Berlin-Friedrichshain, spricht Deutsch und Englisch, sagt von sich selbst, sie sei "die Kreativität in Person" und ist Diplom-Grafikdesignerin. Sie interessiert sich für Kino, Schwimmen und Urlaub und hört Rock, Jazz und House, wobei sie auch Kino, Schwimmen und Urlaub hören könnte und sich für Rock, Jazz und House interessieren, weil es eh keinen Unterschied macht. Ihr Lieblingsbuch ist "Der Schatten des Windes", ihr Lieblingsfilm "Dirty Dancing" und ihre Lieblingspolitikrichtung "liberal". Ausserdem möchte sie andere wissen lassen, dass sie im Auto singt, Salsa tanzt, sich mit Web 2.0 beschäftigt und Niveau nur von unten aussieht wie Arroganz.

Wir hingegen können als Untersuchungsergebnis festhalten, dass Langeweile von unten aussieht wie Durchschnittlichkeit, von oben aber wie etwas ganz anderes, beispielsweise wie eine notwendige Bedingung begrifflicher Erkenntnis oder ein ausgestorbenes südamerikanisches Riesenfaultier.


Kommentar #1 von irgendwem:

bei dem Wort StudiVZ ist mir so langweilig, dass ich gar nicht mehr weiterlese.

20.05.2008 | 01:05

Kommentar #2 von gnaddrig:

Ich hatte gedacht, die meinXyz-Welle (naja, eigentlich die myXyz-Welle) sei dankenswerterweise langsam am Abflauen gewesen. Wozu braucht man da ein meinVZ?

20.05.2008 | 09:57

Kommentar #3 von hierkönnteihrnamestehen:

Prima. Damit ist die leservergraulendste journalistische Gattung, die sogenannte "Bleiwüste", nun auch in der Riesenmaschine angekommen. Andererseits eine dem Thema durchaus angemessene Syntax... chrr... (...ist eingeschlafen)

20.05.2008 | 11:02

Kommentar #4 von irgendwem:

Syntax? Du Punk hast doch die Revolution verschlafen!

20.05.2008 | 18:16

Kommentar #5 von irgendwem:

GEHALT hat NIX mit der Länge des Kommentares zu tun. Das wollt ich auch schon immer mal loswerden. Dieser Kommentar zum Beispiel: ist total lang, aber steht doch kaum was drin!

20.05.2008 | 23:14

Kommentar #6 von Kai Schreiber:

Und das wenige, das drinsteht, ist dann auch noch falsch.
Richtig ist hingegen
~ ( Ex(A(x)->B(x)) -> ~Ex(~A(x)->B(x)) )

20.05.2008 | 23:31

Kommentar #7 von irgendwem:

StudiVZ – diese ausgesucht hässliche Wortschöpfung scheint ja absolut treffsicher die richtige Zielgruppe abzuschiessen

21.05.2008 | 18:46

Kommentar #8 von irgendwo:

Ob ihr recht habt oder nicht, sagt euch gleich das Licht.

23.05.2008 | 18:35

Kommentar #9 von horst:

"gepflegt ne Runde um den See laufen", das endet doch wieder im Gebüsch, so wie ich Sascha kenne.

28.05.2008 | 07:55

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