Riesenmaschine

15.12.2012 | 11:58 | Supertiere | Vermutungen über die Welt

Taxonomische Mimikry


Der Marderhund – Gottesbeweis oder Gott? (Foto, Lizenz)
In der verzweifelten Suche nach so etwas wie Sinn im ansonsten sinnlosen, wirren Treiben der Evolution sind Experten nun auf eine heisse, wenn auch offensichtliche Spur gestossen. Sie führt zum Marderhund, ein Tier, das dem Waschbär zum Verwechseln ähnlich sieht, aber in Wahrheit ein Hund ist. Der englische Name "Raccoon Dog" reflektiert die Verwirrung. Nun sind zwar, wie alle wissen, sowohl Hunde als auch Bären Hundeartige, aber unterhalb der Überfamilie trennen sich die Taxone: Der Marderhund steht solide in der Familie der Hunde, der Echten Hunde sogar, tut aber so, als gehöre er zur Familie der Kleinbären.

Diese Art taxonomische Mimikry – so aussehen wie X, aber in Wahrheit Y sein – scheint ein klares Zeichen auf Intention zu sein, auf eine lenkende Hand in den Geschicken der Evolution, und sei es auch nur die lenkende Hand des Marderhundes. Eine wissenschaftliche Sensation, aber vielleicht ein Einzelfall? Eine designte Nische im Baum des Lebens? Auf einer eilig einberufenen Konferenz mit dem vielversprechenden Titel "Darwin, Schmarwin" brachten einige "Experten" eilig die Hyäne ins Spiel, ein fehlgeleiteter Vorschlag: Zwar tut die Hyäne kompetent so, als sei sie eine Katze, aber aus gutem Grund, denn zur Überraschung aller Anwesenden ist sie tatsächlich eine. Shame.

Vielleicht der Hase oder wenigstens das Kaninchen? Die grossen Zähne sagen Nagetier, die Taxonomie jedoch Hasenartige. Zwar gehören Nagetiere und Hasenartige zurselben Überordnung der Euarchontoglires, ein kompliziertes Wort, das man an dieser Stelle nicht vermutet hätte, aber darunter, auf der Ebene der Ordnung, trennen sich ihre Wege. Aber sind lange Vorderzähne schon genug Anlass, an Intention zu glauben? Ist das noch Verkleidung oder schon Fetisch? Die Debatte ist gespalten.


Not fooling anybody (Foto, Lizenz)
Danach fielen den Fachleuten nur noch Albernheiten ein. So grosse Hoffnungen. Eine wissenschaftliche Revolution. Ein Paradigmenwechsel. Zu früh gefreut? Pinguine versuchen im Wasser so zu tun, als seien sie Delfine, ein abenteuerlich abwegiger Versuch. Delfine und Wale wiederum tun so, als seien sie Fische. Aber wer fällt darauf herein? Welcher Fisch hat ein Atemloch? Haben Tiere einfach nur sehr schlechte Kostüme? Am Ende der Skala das Seepferdchen, mit einer Verkleidung, die man nur noch als ironisch bezeichnen kann. Ein Pferd ist es sicher nicht.


Kommentar #1 von mauszfabrick:

man vergesse den nebelparder nicht, der zwar keine kryptischen arten hervorbringt, jedoch trotz naheverhältnis zu den panthera eine eigene gattung nur für sich selbst sein eigen nennt und doch aussieht wie der gattungsfremde leopard.

15.12.2012 | 12:18

Kommentar #2 von Fritz:

Und was ist mit dem dreistesten Versuch, sich an ein höheres Lebewesen anzugleichen, dem Affen ohne Schwanz, dem "Menschenaffen"? Da wird schon das Einräumen von Grundrechten diskutiert: http://www.nationalgeographic.de/reportagen/grundrechte-fuer-menschenaffen Vielleicht auch nur, damit man Menschen, die sich zum Affen machen, die Grundrechte nicht aberkennen muss.

15.12.2012 | 14:22

Kommentar #3 von Peter:

Und die Taxone am Ende des ersten Absatzes tun so, als wären sie Taxa, was sie ja eigentlich auch sind. Überrascht haben sie mich jedenfalls.

15.12.2012 | 15:21

Kommentar #4 von weltteswissens:

Ahhh... leks Scholz, lange entbehrt.

15.12.2012 | 23:42

Kommentar #5 von Aleks:

Peter: Taxa, okay, das haette ich wirklich sehr gern richtig geschrieben.
mauszfabrick: Man muss schon sehr blind sein, um den Nebelparder fuer einen Leoparden zu halten. Bitte.

15.12.2012 | 23:51

Kommentar #6 von mauszfabrick:

@aleks: ja, aber sag das mal deinen mitspieler/innen beim sog. kategorienspiel, die den nebelparder in der kategorie grosskatzen nicht gelten lassen wollen, weil der leopard schon genannt wurde.
und taxone finde ich eigentlich sehr schön, ich habe das für eine art ein-bisschen-was-über-taxa gehalten

17.12.2012 | 10:52

Kommentar #7 von irgendwem:

Schön übrigens auch: Die Nomanklatur des "Firefox": Hierzulande vor allem als kleiner Panda(-bär) bekannt, mancherorts aber auch als Katzenbär oder eben als Feuerfuchs bezeichnet, ist er weder Fuchs, noch Bär, noch Katze, sondern wiederum ein sonderbarer Vertreter der Hundeartigen mit einer ganz eigenen Unterfamilie.

17.12.2012 | 15:31

Kommentar #8 von Aleks:

Firefox, verwirrendes Tier, und gar nicht so einfach zu googeln. Mit taxonomischer Mimikry hat es allerdings nicht viel zu tun.

17.12.2012 | 16:08

Kommentar #9 von Aleks:

Obwohl, der tut schon ein wenig so, als waere er ein Panda. Zum Beispiel ernaehrt er sich von Bambussproesslingen. Was fuer ein Aufwand.

17.12.2012 | 16:10

Kommentar #10 von Björn:

...und sieht mindestens so sehr wie ein Waschbär aus, wie der Nebelparder dem Leoparden ähnelt. Mindestens.

20.12.2012 | 20:35

Kommentar #11 von Analphabet:

Also, wenn es nebelig genug ist, dann kann man diesen Parder sehr wohl für einen Leoparden halten.

20.12.2012 | 23:35

Kommentar #12 von Faszinator:

Aleks Scholz ist ja ooch selber so ne olle Scholle, wa?

21.12.2012 | 00:32

Kommentar #13 von sui:

Auch bermerkenswert sind die Bemühungen der Rosskastanie (vulgo: Kastanie) wie eine Kastanie (vulgo: Esskastanie) auszusehen, obwohl die Bäume eigentlich wenig miteinander zu tun haben (ausser Bäume zu sein)

21.12.2012 | 16:41

Kommentar #14 von schelli:

mir wäre deutlich wohler, wenn der obige text als satire gekennzeichnet würde: für meinen geschmack mischen sich zu sehr pseudo-naturwissenschaftliche ansichten mit anerkannter lehre zur für nichtexperten verführerischen halbwahrheit...

24.12.2012 | 22:22

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