Riesenmaschine

28.11.2005 | 14:48 | Was fehlt | Sachen kaufen

Geistige Oberhäupter


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Christfest naht, und kein grösseres Zeichen der Toleranz könnte man setzen und keine feinere Freude könnte man seinen in den Zeiten der Postmoderne auch hierzulande haufenweise vertretenen buddhistischen Freundinnen und Freunden bereiten als ihnen "augenzwinkernd" (an dieser Stelle habe ich hässliche Anführungszeichen gesetzt, wofür ich mich dereinst schämen werde) die Dalai-Lama-Puppe von Schildkröt unter den Weihnachtsbaum zu legen, die trotz einer limitierten Auflage von 999 Stück und der laut Herstellerangaben "verblüffenden Ähnlichkeit mit dem Aussehen des grossen Vorbilds" im Gegensatz zu ihrer Vorgängerpuppe "Papst Benedikt" offensichtlich wie Blei in den Regalen liegt und daher in den letzten Tagen bei Homeshopping Europe verstärkt aggressiv beworben wurde. Die grösste Herausforderung für die Schöpfer dieser Puppe war nach eigenen Angaben "natürlich die Hautfarbe", denn "solch eine Puppenfarbe hat es bisher noch nie bei Schildkröt gegeben". Die Farbdesigner waren letztlich erfolgreich, für schlappe 165 Euro lässt sich die "erste Puppe von Schildkröt, die eine asiatische Hautfarbe hat" erwerben.

Auf in asiatischer Hautfarbe gehaltene Tischtennisbälle der Marke Schildkröt sind wir künftig genauso gespannt wie auf mögliche Folgemodelle aus der Serie "Geistige Oberhäupter". Insbesondere freuen würden wir uns über den legendären Begründer des europäischen Diamantwegbuddhismus, Dalai-Lama-Konkurrent Lama Ole Nydahl und über den hochverehrten Gründer-Acarya der Internationalen Gesellschaft für Krischnabewusstsein und Autor des Megasellers "Der Nektar der Unterweisung", His Divine Grace AC Bhaktivedanta Swami Braphupada. Müsste dann billiger sein, weil die Mixtur für die Hautfarbe ja jetzt bekannt ist.

Volker Jahr | Dauerhafter Link


28.11.2005 | 11:47 | Anderswo | Fakten und Figuren

Flickrmap und andere

Die hier beschriebene Idee, selbst keine Fotos mehr zu machen, sondern mit einem geeigneten Gerät nur noch die Fotos abzurufen, die am derzeitigen (oder gewünschten) Ort bereits gemacht worden sind, ist verhältnismässig naheliegend. Die für die Umsetzung benötigte Technik (GPS, mobiler Datenbankzugang etc.) existiert bereits. Dementsprechend tastet man sich langsam aber sicher an die Realisierung heran. Der letzte uns zu Augen gekommene Versuch ist Flickrmap.com, eine Firma, die zwar nur erbärmliche Kenntnisse über die Kompatibilität von Flash, Macs und Firefox hat, dafür aber gut mit Mut und/oder Markenrechtsanwälten ausgestattet scheint, denn sie hat trotz des Namens wohl nichts mit der Firma Flickr zu tun. Das Konzept ist simpel, auf einer zoombaren Weltkarte sind sehr viele (im Moment noch: sehr wenige) Punkte eingezeichnet, die bei Mouseover ein Thumbnail enriched mit Written Content showen. Gespeist wird die Flickrmap über Ortstags und spätestens bei der flächendeckenden Ausrüstung von Kameras und Handys mit GPS (Prognose: Next Big Thing im Herbst 2006) kann man sich hier ordentliche Fotolandschaften zusammenstellen und vielleicht sogar sinnvolle Features miteinbinden, etwa wirre Tag-Statistiken auf der Karte zu visualisieren (Anzahl der fotografierten Wäscheständerruinen je Stadt).


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Gefunden haben wir diese mehr oder weniger neue Flickranwendung beim ebenso specialinterestigen wie spannenden kanadischen Blog der Canadian Cartographic Association aus Kanada. Dieses Blog lohnt sich übrigens in unregelmässigen Abständen zu besuchen, schon allein, weil man dort so schmuckes Zeug wie Radical Cartography (Karten zu unterschiedlichen Themen wie Postleitzahlenentwicklung, Bostoner Bebauungsverlauf von 1630 bis 1995) serviert bekommt; oder auch die famose Conflict Map (alle bewaffneten Konflikte auf einer interaktiven Weltkarte) der Nobelpreis-Stiftung.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Fast wie dabeigewesen


28.11.2005 | 03:16 | Anderswo | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Strassenstrich oder "The World's Largest Timepiece"


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Ok – sie ist neu, und bei der feierlichen Eröffnung ist ein Satz gefallen, der so gut war, dass er auch aus der Riesenmaschine hätte stammen könnte: Innovation ist die Poesie unserer Zeit. Also haben wir sie uns angeschaut, die neue Weihnachtsbeleuchtung der Zürcher Bahnhofstrasse. "The World's Largest Timepiece" (wie sie von Gramazio & Kohler, den verantwortlichen Architekten, etwas grossspurig genannt wird) ersetzt die 1971 von Willi Walter und Charlotte Schmid installierte Weihnachtsbeleuchtung. Diese bestand aus einer zweieinhalb Meter hohen, aus gut 20.000 einfachen Glühbirnen gebildeten Lichtschicht, die ungefähr auf Traufhöhe die rund 1,4 km lange Bahnhofstrasse nachzeichnete. In ihre Simplizität, Abstraktion und Sinnlichkeit war sie genauso wirkungsvoll wie einleuchtend und sie schaffte den schwierigen Spagat zwischen Bedürfnisbefriedigung der Benutzer (der Weihnachtsdeppen aus aller Welt der Gäste und Kunden) und dem Anspruch der Fachwelt (Lichtplaner, Architekten) – beide Welten waren gut 30 Mal, jedes Jahr aufs Neue, begeistert. Und tatsächlich war es etwas vom Besten, wenn nicht sogar das einzig Gute, was Weihnachten zu bieten hatte, wenn man in der Adventszeit, nachts um elf, wenn die Geschenke kaufenden Weihnachtsd Kunden längst in ihre Vorstädte zurückgekehrt waren, unter dem monumentalen Lichtbaldachin zu gehen oder mit dem Velo betrunken nach Hause zu fahren.
Und jetzt also die Neue: 275 Stangen von 7 Meter Länge hängen in regelmässigen Abständen über der Strassenmitte und leuchten neonartig. Perspektivisch bietet das einigen Reiz, besondern dort, wo die Strasse leicht geknickt ist und es vermag zuweilen an Arbeiten Walter de Marias zu erinnern. In der dieser Arbeit eigenen Kühle und Klarheit könnte man sogar etwas typisch Zürcherisches entdecken und man ist im ersten Moment angenehm überrascht von so wenig Sentimentalität. So weit, so gut. Unschwer fällt aber auf, dass hier die Kunst ihr Publikum nicht finden wird. "Wenn das eine Weihnachtsbeleuchtung sein soll, bin ich ein Emmentaler Misthaufen" so der O-Ton eines Besuchers bzw. vom Fachmann vornehmer ausgedrückt: "Zwischen abstrahierender Kühle und der Erwartung festlicher Verzauberung liegen gerade in vorweihnachtlicher Gestimmtheit natürlich emotionale Hürden, die beträchtlich sind", so Guido Magnaguagno, Direktor des Jean-Tinguely-Museum in Basel und Jurymitglied des vorhergegangen Architektur-Wettbewerbs. Die Installation verweigert sich also ihrem eigentlichen Zweck, dem Erzeugen einer weihnachtlich-festlichen Stimmung. Den urbanen, kunstsinnigen Weihnachtsverächter mag dies freuen, doch es stellt sich auch ihm die Frage, welchen Sinn die ganze Aktion dann haben mag. Auch Gramazio und Kohler muss dies aufgefallen sein, also haben sie ihre Installation noch etwas aufgepimpt und dazu den 'Xmas Generator' erfunden – eine Software, die unter Berücksichtigung der Besucherfrequenz der Bahnhofstrasse und 'dem Näherrücken der Festtage' (O-Ton Gramazio & Kohler) die LEDs in den Leuchtstäben steuert und zum Beispiel eine wellenförmige Bewegung in die Leuchtstäbe zaubert. Ein Gimmick, das die Weihnachtsbeleuchtung nicht etwa besser macht, sondern sie verdächtig in die Nähe der in den angrenzenden Geschäften feilgebotenen Spielzeuge rückt – und wahrscheinlich in wenigen Jahren bereits so altbacken wirken wird, dass es fast schon rührend sein dürfte.
(Weihnachtlicher wird die ganze Chose dadurch natürlich auch nicht – deutlicher könnte eine gestalterische Bankrotterklärung kaum formuliert werden)

Bleibt die Frage, warum die alte Beleuchtung überhaupt weichen musste. Es werden Sätze vorgeschoben wie: "Als die Vereinigung Zürcher Bahnhofstrasse 1971 den Lichterbaldachin über der Bahnhofstrasse installieren liess, war sie ihrer Zeit weit voraus. Vieles hat sich seither geändert", auch das Argument der Stromersparnis wird ins Feld geführt. Tatsächlich dürfte der Grund aber in der Zurückhaltung liegen, die die alte Installation den angrenzenden Kaufhäusern aufzwang. Neben ihr konnten bunte Nikoläuse, blinkende Sterne und opulent geschmückte Tannenbäume einfach einpacken – unbeabsichtigt vielleicht der wichtigste Beitrag zur Einzigartigkeit der Zürcher Bahnhofstrasse in der Weihnachtszeit. Da sich die neue Beleuchtung auf die Mittelachse der Strasse beschränkt und sich durch die kühle Lichtfarbe vom üblichen Weihnachtstand abhebt, kann jetzt jedes Haus – wie in anderen Städten auch – ein paar Wochen im Jahr seinen Nachbarn an nuttigenm Gehabe zu übertreffen versuchen: The World's not so largest Strassenstrich of Xmas Bitches.


27.11.2005 | 19:03 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Partyschreck


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Name der Riesenmaschine, wie wir sie heute kennen, stammt aus dem altehrwürdigen Luke & Trooke Magazin und war eine Rubrik über das, was man heute auch vermuten würde. Daher verspüren wir die bereits lange Jahre gärende Verpflichtung, eine Pressemitteilung der Trimedia Communications Deutschland endlich der Leserschaft zugänglich zu machen. Sie ist im smart-unaufdringlichen, sympathischen Jugendslang gehalten und erreichte die Redaktion quasi zeitgleich mit dem Zusammenbruch des Luke & Trooke-Imperiums:
Ungeheuer abfahren mit Polaroid i-zone
"Vielleicht wäre es manchmal besser, den Mund zu halten, Alter!" Sie erwischt jeden jederzeit jederorts – i-zone von Polaroid, die kleinste Sofortbildkamera der Welt.
Endlich ist es soweit, ab September [1999] gibt es die neue i-zone von Polaroid auch in Deutschland. In Japan schon Kult, in London als Insider-Tip gehandelt, will die kleinste Sofortbildkamera der Welt auch die deutsche Generation Y erobern. Wir geben ihr High Five, sie trifft den Geschmack sowohl im Design als auch im Preis und kommt einfach gut rüber.

Noch hat die i-zone trotz des kleinen "i" am Anfang des Namens nicht die Welt erobert. Aber vielleicht wird das ja noch. Mit der Veröffentlichung dieser Pressemitteilung wollen wir uns auch reinwaschen vom Vorwurf, die Riesenmaschine bzw. Luke & Trooke trüge durch Zurückhaltung von Informationen Mitschuld an der Pleite von Polaroid.


27.11.2005 | 11:10 | Anderswo | Was fehlt

Fast wie dabeigewesen


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Es ist mittlerweile eine Zeit erreicht, da dieses ewige Bildersammeln im Netz hochgradig redundant wird. Ist nicht schon alles irgendwann mal fotografiert? Hochgeladen? Bei Flickr gelandet? Man könnte soviel Mühe und Speicherplatz sparen, wenn es endlich eine Kamera gäbe, die GPS kann und ständig in Kontakt mit den relevanten Online-Bildersammelplätzen steht. Dann leuchtet einfach ein rotes Lämpchen, wenn man sich das Bild sparen kann, das gerade im Sucher angezeigt wird, oder entsprechend ein grünes, wenn es das Bild noch nicht gibt. Oder es gibt so eine Art Flickr-Sidebar im Kamera-Display, wo die vorhandenen Aufnahmen angezeigt werden. Man muss nicht zum dreimillionsten Mal den Niagarafall ablichten und kann sich darauf konzentrieren, einen Bus zu erwischen, was an diesen Wasserfällen gar nicht so einfach ist.

Andererseits kann man sich, weil ja ohnehin schon alles fotografiert ist, die Sache mit der Kamera auch gleich schenken. Es gibt ja Menschen unter uns, ich möchte da keine Namen nennen, die fahren ganz ohne Kamera in den Urlaub, und müssen den Daheimgebliebenen dann umständlich mit Worten erklären, wie es war. Bisher jedenfalls, aber jetzt googelt man einfach, stellt ein paar Links zusammen und jeder zu Hause weiss, wo man sich herumtreibt. Zum Beweis, dass es funktioniert, obenstehend ein Beispiel aus aktuellen Anlass: "Das bin ich auf dem Marktplatz von Hornopiren in Nordpatagonien, am vorläufigen Ende der Carretera Austral, kurz vorm Nationalpark Pumalin, also so ziemlich am Arsch der Welt. Im Hintergrund links das einzige Internet des Dorfes. (Die Wolken und ein paar Details am Kopf habe ich wegretuschiert. Meine Haarfarbe sieht nur wegen der Abendsonne so dunkel aus. Den oberen Teil des Vulkans konnte ich nicht sehen, habe daher den Gipfel des Ätna draufkopiert.)"


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