Riesenmaschine

21.02.2006 | 21:30 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Papierrascheln

Oh Boy!


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Im letzten Jahr sorgte ein Fanzine namens Lecker während der c/o pop Messe in Köln für Furore, handelte es sich doch bei besagter Publikation weder um ein Elektro-Musik-, noch um ein Gourmetheftchen. Vielmehr verbirgt sich hinter "Lecker" ein Porno-Heft für Mädchen. Die recht schlecht ausgeleuchteten Photographien dürrer Kerle und unscharfer Schwänze versprühten soviel Sexappeal wie Kölner Minimal House beim Karneval in Rio. Doch ein Artikel über das urbanen Frauenschreck-Phantom namens "Wimpster" entpuppte sich als ultimative Bestandsaufnahme dysfunktionaler Beziehungen von Grossstädtern um die Dreissig und erregte prompt Tita von Hardenbergs Aufmerksamkeit. Da einige vernünftige Frauen "Lecker" trotz Schrumpelschwänzen liebten, kauften und unterstützen, kommt nun, nach kreativem Hin und Her, sowie einem Rechtsstreit mit der Heinrich Bauer Verlagsgruppe Glück, die zweite, verbesserte Ausgabe des rude, cute, nude Pornohefts für Mädchen an den Start. Wie auch sein Vorläufer finanziert sich "Glück" ganz und gar aus dem Online-Verkauf und entsteht auf Basis der Privatphantasien der Herausgeberinnen Elke Kuhn und Nicole Rüdiger. Selbstverständlich kaufen wir "Glück" nur wegen der wirklich interessanten Artikel, über Charlotte Roche und Larry Clark zum Beispiel.


21.02.2006 | 17:57 | Anderswo | Supertiere

Evropského šampionátu v roce 2012


Ungarokroate (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Während Neve und Gliz (Schneeball und Eiswürfel) langsam aber sicher als olympische Maskottchen in Turin ihrem Ende entgegenschmelzen und Aster, der Schneeflocke, offizielles Symbol der Paralympics, das erst zwischen 10.-19.3. bevorsteht, wird es nicht mehr lange dauern, bis in Deutschland zwei Tiere um Aufmerksamkeit buhlen. Paule, das DFB Maskottchen (konnte sich kürzlich bei einer Wahl durchsetzen gegen Knipsi, Butzi und Horst) und Goleo, der sattsam bekannte Löwe ohne Hose.
Und dann wird es auch schon bald Zeit, sich schon mal geistig und körperlich auf die Fussballeuropameisterschaft 2012 vorzubereiten, für die sich interessanterweise auch das bis jetzt noch nicht so bekannte europäische Land Aserbaidschan, das Land mit den letzten Pistazienwäldern der Erde, bewarb, aber bedauerlicherweise unlängst ausschied.

Pistazien knabbernde Hooligans, die sich am Nationalgetränk Schärbät, Milch mit Basilikum, laben, hätten sicher nicht nur kerneuropäische Sicherheitskräfte nicht ungern gesehen. Neben Italien und Polen/Ukraine sind jetzt noch Ungarn und Kroatien als Doppelpack im Rennen, und wie unsere Kollegen der ungarischen Riesenmaschine recherchiert haben, soll deren Maskottchen dann dieser struppige Puli sein, entworfen von einem 56 jährigen Strassenmaler namens Fábián István. Erregende Vorstellung, wie ihn dann im Rahmen der k.u.k. (kroatisch-ungarisch-koreanischen) Freundschaft Hwang Jung-moak ins Googlelogo fummeln wird.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


21.02.2006 | 14:49 | Anderswo | Alles wird besser

Von Pretzel-Syndrom und Ahornsirupkrankheit

Auch wenn unter anderem die Schweiz die Deutsche Mannschaft aus dem olympischen Eishockeyturnier geworfen hat, sollten nicht immer nur die Unterschiede, sondern auch einmal die Gemeinsamkeiten zwischen dem kleinen Land im Süden und seinem dicken Nachbarn betont werden. Ein gemeinsames Projekt der beiden Ländern ist etwa die Glaubensgemeinschaft der Amischen, der religiösen Antipode der Riesenmaschine. (Die Amischen lehnen jeglichen Fortschritt ab.) Gegründet vom Schweizer Bischof Jakob Ammann, stammen die meisten Amischen von Schweizern oder Deutschen ab. Und zwar alle 180.000 von nur einigen hundert, denn die Amisch müssen untereinander heiraten. Darum sind die Amisch überdurchschnittlich häufig träger von Erbkrankheiten, unter anderem so seltener (und noch nicht publizierter) wie dem Pretzel-Syndrom (überbewegliche Gelenke, Sprachlosigkeit, epileptische Anfälle) oder auch der Ahornsirupkrankheit (ein genetischer Mangel der verzweigtkettigen 2-Oxosäuren-Dehydrogenase, die den Abbau der 2-Oxosäuren-Analoga der verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin katalysiert).

Die Häufung dieser genetischen Defekte hat aber auch etwas Gutes. Aus der Klinik, die die Old Order Amish, eine etwas rückständige Gruppe innerhalb der Amisch, für die Behandlung ihrer Kinder gebaut haben, kommt nun ein radikal neuer Therapieansatz zur Behandlung genetischer Defekte. Glaubten Mediziner bis anhin, mittels Gentherapie den eine Krankheit auslösenden Gendefekt beheben zu müssen, versucht man hier lediglich die Symptome zu bekämpfen und so den Defekt ins Leere laufen zu lassen. Anstelle einer Gentherapie werden nun Diäten verschrieben, die Kindersterblichkeit wurde massiv gesenkt und der Therapieansatz verbreitet sich auf der ganzen Welt. Und das Ganze tönt auch nicht so penetrant nach Fortschritt wie etwa 'Gentherapie', sodass es sogar die Amisch akzeptieren können. Und wer hats erfunden? Letzlich doch irgendwie die Schweizer und die Deutschen zusammen. Über sowas sollte man mal berichten, nicht nur immer über das Ausscheiden der Deutschen im Eishockey.

via SonntagsZeitung


21.02.2006 | 06:32 | Berlin | In eigener Sache

Riesenmaschine TV


Riesenmaschine TV (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer den Auftakt der Après-Bunny-Formate mit Powerpoint-Karaoke im vergangenen Monat verpasst hat, beisst sich bis auf weiteres in den Arsch. Zum Glück geht es schon am Mittwoch weiter mit dem Experiment "Riesenmaschine TV", präsentiert von Kathrin Passig und Sascha Lobo. Das neue Format soll, so Lobo, "zwischen Literarischem Quartett und Homeshopping" liegen. Wer mehr über die Versäumnisse der Schöpfung, 24-buchstabige Anagramme, dramatische Live-Berichterstattung und natürlich neue, bessere Nagetiere erfahren möchte, sollte sich am Mittwoch spätestens um 20 Uhr (Einlass ab 19:30) im NBI einfinden.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Powerpoint Karaoke


20.02.2006 | 22:12 | Fakten und Figuren

Pilze sind kein Spielzeug


Nahaufnahme (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
An einem Montag vor mehreren tausend Jahren zog der Indianerjunge mit dem unaussprechlichen Namen in den mexikanischen Dschungel, um, auf Geheiss seiner Mutter, Pilze für die Suppe zu sammeln. Leider war er nicht richtig bei der Sache. Schillernde Pilzgewächse sprangen in sein Tragetuch und taten so, als wären sie vollkommen harmlos. Die Männer kehrten gerade von der Spinnenjagd zurück, alle hatten grossen Hunger und begannen unverzüglich mit dem Pilzmahl. Kaum dreissig Minuten später kamen die schillernden Zeitgenossen aus ihren Verstecken, lösten jedes einzelne Hirn im Dorf auf und zwangen die armen Indianer, grosse, unförmige Pyramiden in den Wald zu setzen. "Teonanacatl", das "Fleisch der Götter", war entdeckt.

Während die Geschichte bis hierhin erfunden ist, kann man den Rest an zahllosen Orten nachlesen, zum Beispiel hier. 1957: Die Pilze benutzen das Ehepaar Wasson, um dem Dschungel zu entfliehen. 1960: Sie entdecken Timothy Leary und verwenden ihn, um sich in Harvard und im neuzeitlichen Amerika zu etablieren. Und schliesslich 1958 (also nur kurze Zeit später): Der Wirkstoff Psilocybin springt mit Hilfe von Albert Hofmann aus den Pilzen und treibt sich seitdem isoliert in der Welt herum.

Seitdem sind wir ihnen ausgeliefert. Wir versuchen es mit Verboten, Forschung, Informationszentralen, Verschwörungstheorien, Abstinenz, Verblendung, das gesamte Arsenal an Wunderwaffen eben, aber wir kommen so nicht weiter. Pilze durchleuchten unsere Seelen, zwingen uns, alberne Strassenlaternen und ganze Skulpturenparks aufzustellen (in und bei Zürich, noch mehr Fotos hier), Baumhaushotels zu errichten (bei Görlitz), sie verlangen nach pilzförmigen Freizeitparks und Drive-In Lokalen, und in Mexiko, wo nie jemand hinkommt, stampfen sie höchst merkwürdige Dinge aus dem Dschungelboden. Es ist nicht der Mensch, der den Pilz kauft; der Pilz kauft den Menschen (lässt ihn aber die Rechnung bezahlen, was ganz schön clever ist). Sie trennen uns nicht nur von Raum und Zeit, sondern reissen ausserdem eine tiefe Schlucht auf, eine Schlucht des Misstrauens zwischen uns und ähm uns. Hoffentlich erfahren sie nie etwas von diesem Beitrag, haben Pilze eigentlich Internet?

Aleks Scholz (wahrscheinlich) | Dauerhafter Link


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