Riesenmaschine

04.09.2006 | 16:56 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Das Leben, eine Gebrauchsanweisung


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Web 2.0 ist, so meinen manche, nutzloses Blabla, das niemand erklären kann. Andere behaupten, dass alle Web-2.0-Ideen Ergebnisse der Vereinigung (mindestens) zweier bereits bekannter Website-Konzepte sind. So ist videojug in etwa das, was dabei herauskäme, wenn Lifehacker mit youtube leidenschaftlichen Sex hätte und dabei das Aufpassen vergässe.

Und wie das so mit Babys ist: Videojug ist klein und kann nicht viel (Beta). Aber immerhin – es schwitzt Potenzial aus all seinen niedlichen kleinen Quietscheporen. Schon jetzt kann es uns zeigen, wie man ein Sandwich macht, eine Weisswurst verspeist oder Inspiration erlangt. Nicht auszudenken, was erst passiert, wenn es uns noch viel nützlichere Dinge und Sachen anschaulich erklärt.

Sie mag ja immer schlechter werden, diese Welt. Aber komplizierter, nein, komplizierter wird sie wirklich nicht.


04.09.2006 | 11:35 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Präzision und Alltag


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Wer liebt Österreich nicht? Wer ist nicht beglückt, wieder und wieder, wenn er den Wiener Akzent hören darf; entwickelte nicht sogar ein morscher Baumstumpf subkutane Sexyness, spräche er nur in diesem wunderschönen Singsang, bei der das leicht Jammernde mit dem Charmant-Grossspurigen ein Amalgam der Verbalerotik bildet? Und ist es nicht so, dass in Berlin in Szenelokalen die Antwort der Kellnerin auf eine dümmlich anmutende Frage lautet "Hä?", in Hamburg "Bitte?" mit einem hinten hochgezogenen "-te" der gespielten Arroganz, man in München gar vollkommen ignoriert wird, während in Wien sich die Kellnerin zum Fragenden hinabbeugt, die Frage auf Wienerisch und leicht abgewandelt in einer Weise wiederholt, dass einem schlagartig die Antwort klar wird und man im internationalen Vergleich der Situation praktisch ungedemütigt entkommen ist? Vielleicht.

Ganz gewiss aber ist im geschäftlichen Alltag in Österreich eine Grundpräzision vorhanden, die vorbildlich ist. Schliesslich erleichtert die Genauigkeit bis ins allerletzte Detail das tägliche Leben und Streben. Aus diesem Grund gibt es in Österreich eine ausgesprochene Fülle von über 160 verschiedenen Ehrenzeichen und Medaillen, vom Verdienstkreuz für besondere Leistungen oder hervorragende Verdienste auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens in Gold des Landes Steiermark über den Radetzky-Orden der Militärklasse Grossstern bis zum Bundesheerdienstzeichen 1., 2. und 3. Klasse. Man huldigt der präzisen Benennung, hervorragende Verdienste im Feuerwehrwesen der Steiermark wollen eben exakt so sprachlich gewürdigt werden. Der Triumph der Eindeutigkeit findet im nebenstehenden Verkehrsschild nicht nur seinen Eingang ins werktätige Volk, sondern auch einen Höhepunkt. Das Schild ist ungeheuer präzise und wird es wohl auch immer bleiben, denn es ist selbstaktualisierend, weil es trickreich auf die Ferienreiseverordnung verweist. Soviel Genauigkeit beeindruckt den Österreichreisenden und hilft, dass das Land nicht in Chaos und Anarchie versinkt. Es macht eben einen grossen, dringend festzuhaltenden Unterschied, ob ein über 3,5 Tonnen schwerer Ziel- und Quellverkehr aus Gutenbrunn kommt oder aus Krems. Ausser es ist ein Milchtransport.


04.09.2006 | 01:18 | Supertiere | Vermutungen über die Welt

Mutmassungen über die Weppelzihne


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Mit dem Nasobem hat die Weppelzihne gemeinsam, dass beide noch nicht im Brehm stehen, noch nicht im Meyer und auch im Brockhaus nicht. Nicht einmal die Wikipedia kennt die Weppelzihne, und da es ein trauriges Los für ein Tier ist, nur posthum als Veloursmantelbesatz bekannt zu werden, widmen wir uns heute zum ersten und letzten Mal der Weppelzihne. Es handelt sich vermutlich (Fellqualität!) um ein aquatisch lebendes Tier, ein Nagetier oder eine Marderart. Die Weppelzihne weppelt den ganzen Tag aus ihrem Bau heraus und wieder hinein. Sie ernährt sich auf ausserordentlich mühsame Art, wird kaum älter als zwei Jahre, und für einen Mantelbesatz braucht man einige hundert Stück, die sich dank ihrer Neigung zum Herumweppeln mit einem simplen Marmeladenglas im Laufe eines einzigen Nachmittags einfangen lassen. Weppelzihnenpelz ist also nicht nur Mord, sondern Mord an besonders hilflosen und doofen Tieren, aber das stört ja bei den Robbenbabys auch kaum jemanden. Die Evolution gelobt, es beim nächsten Mal besser zu machen, und der Veloursmantelkäufer hüllt sich mitleidlos in die letzten Weppelzihnen der Welt. Adieu, Weppelzihne, du wirst es nie in den Brockhaus schaffen.


03.09.2006 | 16:33 | Anderswo

Story vom Pferd


Das pferdelose Wappen von Kirgisien (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In Kirgisien, schöner ist der englische Name Kyrgyzstan, hat man es mit den Pferden. Das überrascht nicht. Seit Attilas Zeiten verbindet man Zentralasien reflexartig mit Reitervölkern, der ursprünglichen Gelben Gefahr. Und all das nur wegen einer kleinen Erfindung, etwas so nahe liegendem, man kann sich kaum vorstellen, dass es je erfunden werden musste, dem Steigbügel.

Reitsport ist in Kirgisien Nationalsport. Neben den üblichen Turnieren gibt es einen Wettbewerb, der sich angenehm von der üblichen Pferdehopserei abhebt, das Ulak tartysh. Dieses Reitspiel funktioniert in etwa so: Das Spielfeld ist 300 mal 150 Meter gross. Zwei Mannschaften treten gegeneinander an, wobei man während des Spiels tricksen und die Mannschaft wechseln kann. An den beiden Enden des Feldes befinden sich die Tore. Im Unterschied zum Polo haben die Spieler keine Schläger, und auch der Spielball ist ungewöhnlich: ein zwischen 30 und 40 Kilo schwerer Ziegenkadaver. Den gilt es sich zu schnappen, ihn anderen abzuluchsen, elegant von Pferd zu Pferd zu werfen, um ihn schliesslich ins Tor zu spedieren. Ganz so ungewöhnlich ist das nicht, wurde ja auch Fussball lange Zeit mit Schweinsblasen gespielt. Erwachsene Reiter, die sich im vollen Galopp, spielerisch eine tote Ziege zuwerfen, würde man aber zu gerne einmal sehen. Wo bleibt das Sportfernsehen?

Ein schönes Detail noch: Verboten ist es beim Ulak tartysh, den Gegner in eine Plauderei zu verwickeln. Angesichts des endverheerten Sportgeredes eine vorbildliche Regel, die generell auf die Zeit vor, auf die Zeit nach jedem Sport ausgedehnt werden sollte.

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


03.09.2006 | 12:22 | Berlin | Supertiere | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Bat News


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Fledermäuse sind keine Nagetiere, aber das nur nebenbei (Bildquelle: oben/unten) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Diese Berliner! Als wenn es nicht gereicht hätte, dem sympathischen und so wunderbar harmlos klingenden Bonn den Regierungssitz und diverse Ministerien in einem Kuhhandel gegen den Operettentitel "Bundesstadt" und Glasperlen im Wert von ca. 1,4 Milliarden Euro abzuluchsen. Nein, sie versuchen es immer weiter und wollen Bonn auch noch die letzten verbliebenen Alleinstellungsmerkmale streitig machen: Wie wir ja alle wissen, ist Bonn der Amtssitz des UN-Fledermaussekretariats EUROBATS; den Fledertieren zu Ehren wurde hier deshalb vergangene Woche, im Rahmen der 10. Europäischen Fledermausnacht, ein Fledermauswochenende abgehalten, eröffnet von Astrid Klug, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium.

Und was macht Berlin? Schert aus dem Dachkonzept der Fledermauswoche aus und veranstaltet eine Woche danach, also genau gestern und heute, das Fledermausfest in der Zitadelle Spandau, angeblich bereits das grösste Europas – nur um Bonns Anspruch als Fledermaushauptstadt aller Deutschen zu unterwandern. Mit "Fledermausgarten", "Lichtfaszinationen", "Fledermausolympiade", "Mystik" und eröffnet durch Michael Müller, dem, was für ein Zufall, anderen Parlamentarischen Staatssekretär aus dem Bundesumweltministerium.

Noch hat Bonn Reserven. Nur hier gibt es das UN-Sekretariat des Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel und das UN-Sekretariat des Abkommens zur Erhaltung der Kleinwale in Nord- und Ostsee. Doch sicherlich wird Berlin den Bonnern bald auch diese Kompetenzen hinterrücks stehlen. Dann bleibt den Bonnern nur noch ihr Bönnsch.


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