11.03.2007 | 21:43 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
So rein optisch ähnelt es einem Dominostein am Ćevapčići-Spiess (jaja, es gibt gar keine Spiesse davon) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Das Streben der Menschen nach Glück ist ja wohl die grösste Frechheit, die die Schöpfung uns in unserem sowieso schon nicht leichten Leben zugemutet hat. Ständig gaukelt einem das Gemüt vor, es wäre schon mit etwas mehr Glück ganz einfach zu beglücken und dann sei alles gut, bzw. das Schlechte nur noch halb so schlecht. Dabei ist dieses Glück eine reine Schönwetterveranstaltung – kaum läuft es mal nicht so, dann wird der flüchtige Genosse nicht mehr gesehen und muss unter grössten Mühen wieder herbeigestrebt werden. Immerhin hat sich das Schicksal seiner etymologischen Herkunft besonnen und uns das ein oder andere schicke Mittel an die Hand gegeben, den flinken Fliehvogel Glück herbeizulocken. Ausgewählte Drogen etwa oder die allgemeine Genitaliensituation.
Der wendige, aber unaufwendige Tausendsassa unter den Glückslockern ist seit je die Schokolade, erfunden als Zsoqqulat von den Ptolemäern. Dieses Zaubermittel, das sich so recht nie entscheiden konnte, ob es lieber flüssig in Kakaoform oder fest als Schokoladentafel eingenommen werden wollte, hat nun einen Wandler zwischen den Welten als einigendes Geschwister dazubekommen; einen Schokololli-Würfel, ein Lutsch-Praliné am Stiel, das man jedoch auch fix in heisser Milch verrühren kann und dann: Kakao, dickflüssig brodelnd wie Lava. Der Name ist Choc-o-lait und zeigt, dass das Wortspiel uns alle fester im Griff hat als Globalisierung und Mondphasen zusammen. Das Glück hingegen haben wir zwar noch nicht im Griff, aber immerhin schon am Stiel. Ein Teilerfolg.
11.03.2007 | 12:22 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren | Sachen kaufen
Der strahlende Kern (Foto: markbarkaway, Lizenz)Toaster sind eigentlich so was Ähnliches wie Sterne: Wenn man sie anschaltet, werden sie erst warm, dann infrarot, dann rot, und würde man nicht nachlassen, wären sie bestimmt auch bald blau (Wiensche Toasterverschiebung), fingen an zu dampfen und explodierten schliesslich. Wie Sterne eben. Eine weitere Analogie: Sie ändern sich sehr langsam, wie es vorbildlich im weltweit führenden Toaster-Museum dokumentiert wird. Anfang des Jahrhunderts fing man mit einem elektrischen Stonehenge-Toaster an, erreichte kurz vor der grossen Depression die Toaster-Klassik, bevor man mit Hitler das Krematorium in den Toaster einbaute. Zwischendurch tat sich mit dem virtualisierten fliegenden Toaster ein prä-futuristisches Wurmloch auf, bevor wir heute etwa im vierten Ekel-Klassizismus angekommen sind, erkennbar an der charakteristischen Musterschwärzung nach Motiven von Franz Grillparzer. Dies nur zur theoretischen Einführung.
Hier nun ein Blick in die Zukunft der Kultur des Beheizens von Metallstäben zwecks Verbrennung von scheibenförmigen Getreideprodukten. Schon in wenigen Toaster-Ärae (Durchschnittsdauer pro Ära anderthalb Jahre) wird sich der Toaster in eine Art neo-industriative Aluminiumwalze verwandelt haben, die in der Form an einen Öltanker mit stumpfer Wäschespinne erinnert (via Random Stuff). Dabei wird es sich aber nur um das Interregnum der Toasterchronologie handeln, denn schon bald danach wird der Toaster dem Paddelboot bzw. allen anderen wesentlichen Dingen folgen und unsichtbar werden (via Gizmodo). Dann nämlich wenn nach der Holzzeit auch die Stahlzeit vorüber ist, und die Glaszeit anbricht: Although the glass does not currently get hot enough to toast bread, someday this application may be possible. – so spricht weisend der Erfinder. Aber kann man es dann noch Toaster nennen? Ist ein Stern noch ein Stern, wenn man ihn nicht mehr sieht? Laufend muss man solche Fragen beantworten.
11.03.2007 | 02:18 | Supertiere | Alles wird besser
Ersatzsalamanderersatzfoto (von redjar) (Lizenz) Kleine Tiere können sich nicht wehren. Das ist natürlich schon mal eine sentimentale Lüge, manche kleinen Tiere machen grösseren Tieren zum Beispiel die Zunge kaputt, oder verhalten sich anderweitig sehr unhöflich, aber andererseits ist natürlich auch wieder was Wahres dran. Man kann zum Beispiel eine Ameise mit einem Hammer kaputthauen, wenn man sie trifft, ein Nilpferd auch, wenn man schnell ist, aber schon beim Pottwal wird es schwierig. Arme Kleintiere!
Zum Beispiel der hilflose Salamander, der jetzt von bösen Salamanderfrankensteinen ungefragt aus Geduld und Spucke nachgebaut wurde. Der Salamandernachbau sieht aus wie ein quietschgelbes Kinderspielzeug, und der Mechanismus, der ihm das Schwimmen erlaubt, erlaubt ihm nur geringfügig verändert auch das Laufen, was wohl irgendwie interessant ist, wenn man Evolutionswissenschaftler ist. Die Lektion für Planeten – nämlich dass, wenn man nicht aufpasst, das Zeug im Wasser rausgekrabbelt kommt und den schönen Dreck einsaut – kommt ein wenig spät, aber vielleicht ist ja noch was zu retten. Schade ist jedenfalls, dass der Ersatzsalamander nicht auch fliegen kann, das wäre dann nämlich gleich noch ein bisschen interessanter. Aber seit die Wissenschaft uns die Kleintierflugmaschine geschenkt hat, muss Flugunfähigkeit ja kein Hindernis mehr sein. Flieg, kleiner Ersatzsalamander, und erobere die Lüfte, als Ersatzarchäopteryx. Und wenn wir dann die gesamte Evolution aus Blech und Schräubchen nachgebaut haben, können wir vielleicht mal einen Ruhetag einschieben. Einen Ersatz-Sonntag.
10.03.2007 | 20:38 | Fakten und Figuren
(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Gar nicht mal so selten ist die Angst vor E-Mails, dass man etwa etwas mit unbekanntem Absender öffnet und plötzlich springt ein gemeiner Hosenwurm heraus. Oder jemand beflegelt einen übel, keiner, den man nicht kennt, sondern ein unberechenbarer, jähzorniger Verwandter oder Bekannter. Bei einer regelmässig versandten E-Mail besteht diese Gefahr allerdings nicht, und zwar beim so genannten Emailmagazin des japanischen Präsidenten Shinzo Abe. Einmal im Monat ist Abe in seinem Brief das genaue Gegenteil seines unberechenbaren, jähzornigen Naturells (nach Abes Verständnis war Japan während des Zweiten Weltkrieges nicht im Unrecht. Auch stellt er öffentlich die Tokioter Kriegsverbrecherprozesse in Frage, und während sein Vorgänger Junichiro Koizumi sein tiefes Bedauern über das unermessliche Leid der zur Prostitution gezwungenen so genannter Trostfrauen aussprach, erklärte Abe am 1. März: "Es gibt keinen Beweis dafür, dass Zwang auf Frauen ausgeübt wurde, wie es zunächst geheissen hatte".) Aber mit all dem verschont er einen. In seiner am 8. März verschickten Mail beschreibt er im Plauderton seinen Tag, dass er sich z.B. wie ein Vogel fühlt, einen mongolischen Film gesehen hat, mit 27.000 Statisten (1% der mongolischen Bevölkerung), und was er so isst ("After watching the movie I stopped at a ramen shop for first time in ages. It was a hearty meal consisting of ramen noodles in a miso-based pork-stock soup with large chunks of boiled pork floating in it."). Eine schöne, von einem Vogel vertilgte Schweinefleischbrühe ist doch allemal interessanter als hunderttausend Trostfrauen.
10.03.2007 | 10:35 | Berlin | Papierrascheln
Das Blatt für den Menschen mit Geschmack (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Wir werden nicht müde, das Schöne und das Neue auf der Welt zu loben und wenn es an einem kargen Tag wie dem heutigen ausnahmsweise nichts schönes Neues in der Gegenwart gibt, dann loben wir halt etwas aus der Vergangenheit. Wie zum Beispiel die neue linie, die schon 1929 klarmachte, wie ein Lifestylemagazin auszusehen hat, nämlich schlicht und modern, und inhaltlich als eine "Mischung aus Frauenzeitschrift, Schöner Wohnen und Reisemagazin", die "Trends bei Reise, Technik und Architektur" thematisiert (Berliner Zeitung), also im Prinzip das Gleiche wie das, was wir hier versuchen, bloss konsequenter.
Autoren wie Walter Gropius und Aldous Huxley schrieben für die neue linie, Gestalter wie Herbert Bayer und László Moholy-Nagy gestalteten. Als unpolitisches Feigenblatt konnte die neue linie trotz ihres modernen Auftretens auch während der Nazizeit einigermassen unbehelligt weiterarbeiten, entging gegen Ende allerdings nicht gänzlich einer Vereinnahmung durch die Nazis. Eine umfassende Ausstellung über Gestaltung und Geschichte des Magazins ist noch bis zum 16. April im Berliner Bauhaus-Archiv zu sehen.
Leider muste die Zeitschrift, 32 Jahre vor der Erfindung des papierlosen Büros, 1943 wegen Papiermangels eingestellt werden. Inzwischen ist "die neue Linie" der Name einer Partyreihe in Leinefelde und eines Pokalherstellers aus Burgthann-Ezelsdorf. Wir wollen lieber nicht wissen, was sich 2083 alles so als "Riesenmaschine" bezeichnet.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Sauriermuseum Aathal
- Bier aus dem Stiefel trinken
- Erbsen grob schätzen
- Zeitzonen-Hopping
SO NICHT:
- Karmakuddelmuddel
- Kugelschreiberkauen
- Bier aus der Sandale trinken
- Linseneinlauf
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Sasori", Joe Ma (2008)
Plus: 22, 31, 48, 55, 80 Minus: 97, 99 Gesamt: 3 Punkte
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