Riesenmaschine

16.06.2008 | 17:56 | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Psycho-Kaugummi


Lebensmittelrechtlich herausgeforderte Designerdroge (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das letzte Mal, dass Kaugummis unmittelbar auf die Psyche wirkten, muss in (West-)Deutschland gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen sein, als die GIs mit ihnen den Geschmack von Freiheit und westlicher Konsumkultur einschleppten. Seither war die Wirkrichtung lange Zeit eher der Körper, die Bekämpfung von Mundgeruch und später Karies. Mit Orbit balance ist nun der erste "Functional Food"-Kaugummi auf den Plan getreten, der dezidiert auf den Geist wirken soll, und mit dem man "auf einfache Art etwas für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden" tun kann, wo immer einem danach ist. Zutat, die das Versprechen einlösen soll, ist Aloe Vera, jener Kakteensaft, dessen Siegeszug Wellness-Marker von den Hautpflegeprodukten über die Joghurts nun also bis zur Quengelware reicht und dort sicher nicht enden wird. Demnächst werden sie Dachgepäckträger und Mobiltelefone mit Aloe Vera auf den Markt bringen. Das Resultat ... nun ja.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Rosenlassi


11.06.2008 | 16:26 | Anderswo | Alles wird besser | Effekte und Syndrome

Na endlich ein EM-Beitrag!

Aus einem regulationstheoretischen Ansatz heraus lässt sich die Gesetzmässigkeit formulieren, dass je durchkapitalisierter ein gesellschaftliches Teilsystem ist, desto schwerer es sich tut mit der Hervorbringung von immer neuen Innovationen, die zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Systems führen.

Beispiel Hochleistungssport: Abgesehen vom Kempa-Trick im Handball 1954, vom Fosbury-Flop im Hochsprung 1968, der den bis dahin hegemonialen Straddle ablöste, und von der V-Stil-Revolution von Jan Boklöv im Skispringen Anfang der 1990er, der die parallele Beinhaltung zur Geschichte machte, hat sich in den letzen Jahrzehnten nicht mehr viel getan.

Aus den USA ist jetzt aber beim Fussball eine Neuerung am Herüberschwappen zu uns, die man vielleicht sogar bei der gerade begonnenen Europameisterschaft erstmals beobachten können wird, wer weiss: Der Flip Throw-In, bei dem durch einen zum Zwecke der Beschleunigung dem Einwurf vorgeschalteten Überschlag der Ball viel weiter und also viel gefährlicher in den Strafraum der gegnerischen Mannschaft gebracht, ja katapultiert werden kann als mit der herkömmlichen Technik.

Bilddokumente belegen, dass an der Technik aber noch gefeilt werden muss, will man verhindern, dass einen der dicke Schiedsrichter im gelben Hemd vom Platz stellt.


10.06.2008 | 11:40 | Alles wird besser | Was fehlt

Egal gibt's wieder


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
"Was ist das grösste Problem in Deutschland: Unwissenheit oder Gleichgültigkeit?" – "Weiss ich nicht. Ist mir aber auch egal." So geht ein alter Witz und wie in allen alten Witzen steckt natürlich auch in diesem kein Fünkchen Wahrheit. In Wirklichkeit hat Gleichgültigkeit nicht das Geringste mit Unwissen zu tun, es handelt sich dabei viel eher um eine höhere Entwicklungsstufe des Wissens, vergleichbar mit dem Pokémon Enteron, der höheren Entwicklungsstufe von Enton. Als Faustregel gilt: Wer viel weiss, dem ist auch viel egal.

Vorbildlich daher alle Internetabstimmungen, die "Ist mir egal" als Antwort zulassen und der oft verkannten Egalität zu ihrem Recht verhelfen. Wenn wir jetzt bei der nächsten Bundestagswahl auf dem Stimmzettel auch "Ist mir egal, ich will nur, dass es mir besser geht" ankreuzen können und Anne Will am nächsten Sonntag ihren Gast Guido Westerwelle mit den Worten vorstellt "Steuerpolitik ist ihm eigentlich egal, er will nur so gern ins Fernsehen", ja, dann würde uns das freuen. Ach nein, stimmt nicht. Es wäre uns egal.


09.06.2008 | 13:21 | Supertiere | Sachen kaufen

Vage Therapie


Die Verbindung von Computerspielen und Clearsil bei Amazon ist auch anderswo notiert worden. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Seit der Entdeckung der Bakteriophagen – den Viren der kleinen Mikroben – vor über 90 Jahren hofft man auf deren Nutzung in der Therapie von bakteriellen Infektionen. Eigentlich sollten wir die Phagentherapie längst täglich praktizieren, während uns das Hoverauto ins papierlose Büro teleportiert, oder wenigstens ab morgen dann.

Die Idee ist wirklich gut: Jeder Typ Phagen attackiert nur einzelne Baketerienspezies, man könnte also nur die bösen Keime im Körper erledigen und den Rest der Mitbewohner am Leben lassen. Leider lässt sich die Phagentherapie hauptsächlich dann erfolgreich anwenden, wenn die Infektion direkt zu erreichen ist, und war hat heute noch Interesse an offenen, infizierten Wunden?

Nach all den Jahren berichtet nun der Short Sharp Scientist, dass dem Mikrobiologen Michael Davis die Infektionen in den Gesichtern junger Menschen – vulgo Akne – aufgefallen sind und er sich fortan ihrer Heilung verschrieben hat. Pubertierende geben ja bereits ihr sauer auf dem Schulhof abgezocktes Taschengeld für Gesichtswasser aus, für Designer-Viren sollte man doch da offen sein. Wir prognostizieren schon mal Werbung für Viren in Computerspielen, die gemeinsamen Verkäufe bei Amazon (im Bild) sprechen die deutliche Sprache des Marktes.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Der Feind im Kleinen


07.06.2008 | 10:14 | Anderswo | Sachen kaufen

Das neue It-Bag


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Für diese Saison reichlich spät zeichnet sich nun doch noch das ultimative It-Bag des Sommers ab. Es kommt aus einer Richtung, die kein Insider aus der Fashionwelt auf dem Schirm hatte. Dabei hätte man es ahnen können. Hatte nicht Marc Jacobs im letzten Sommer die Cargo-Bag mit Migrationshintergrund aus den Slums und Flüchtlingslagern der Dritten Welt bzw. den herausgeforderten Stadtvierteln des Westens auf den Laufsteg gezerrt? Hatte er. Ein Leichtes nun für einen Global Player wie IKEA, den Markt aufzurollen und durch die dezente Verkleinerung des Allzeit-Klassikers, der blauen IKEA-Tasche, das New-Ugly-Glamour-Segment zu entern. Im Testmarkt Schweiz ist die "kleine Blaue" bereits voll eingeschlagen. Am Paradeplatz tragen Bänkerinnen in Pumps und Prada darin in der Mittagspause ihre Laptops spazieren, am Belvue sieht man bored rich Teenagerinnen demonstrativ lasziv damit herumschlenkern. Lässig lässt sie sich zudem beim Dinner im Restaurant Rossi an die Stuhllehne knoten. Wenn uns nicht alles täuscht, dann kann den weltweiten Siegeszug dieses Kult-Bags in spe kaum noch etwas wirksam aufhalten.


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"The Act of Killing", Joshua Oppenheimer (2012)

Plus: 3, 8, 15, 21, 37, 42, 44, 45, 48, 56, 97, 108, 144
Minus: 26, 50, 155
Gesamt: 10 Punkte


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