Riesenmaschine

21.07.2008 | 18:23 | Anderswo | Alles wird besser

Sex-Design made in Dessau


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

"Das bildnerische Endziel ist der Orgasmus" W. Gropius (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Dass die Form der Funktion folgt, hat in Dessau eine lange Tradition; der Name der Stadt ist unauflöslich mit dem kompromisslosen Aufbruch in die Moderne verknüpft, der auch auf mentaler Ebene das ganze bürgerlich-bigotte Sitten- und Moralgerümpel des Kaiserreiches zu entsorgen trachtete. Dieser lokalen Luftwurzeln besann sich jüngst erst wieder der ortsansässige Orion Erotikshop. Sein Angebot für "Soft Tampons", mit denen Frauen (und ergo Männer) endlich auch während der Periode komfortablen und ergonomischen Sex haben können, spricht die Sprache der funktionalen Sachlichkeit, wie sie von Walter Gropius gepredigt wurde. Und der Preisnachlass von 20 Prozent knüpft an die Politik seines Nachfolgers Hannes Meyer an, Gebrauchsgüter auch für die Arbeiterklasse erschwinglich zu machen. Aber auch dem vergleichsweise neuen Feld des Service-Design hat man sich in Dessau mittlerweile zugewandt: Sollte man mal die Pille vergessen haben und sich nicht allein auf die präservative Wirkung des Soft Tampons verlassen wollen, bringt das Pillentaxi Nachschub nach Hause oder dorthin, wo man sich eben gerade aufhält. Die Verhütung folgt dem Vergnügen. Das nennen wir: die Bauhaus-Idee konsequent weitergedacht; Fortschritt, den wir meinen!


19.07.2008 | 17:28 | Was fehlt | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Ein dann doch noch ganz schöner Tag in der Hama GmbH & Co KG


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Salweiders Präsentation lief, wenn man ehrlich war, nicht so besonders. Die erste Slide zeigte das Shampoo "Wash & Go", mit dem der 2-in-1-Markt 1989 unter mühsamen Kampagnen zur Aufklärung der Käufer erschlossen worden war. Weiter ging es mit den Folgeerscheinungen: den Zweiphasenprodukten, den Biermixgetränken und dem Schnabeltier. Langatmig stellte Salweider die 3-in-1-Produkte und die 4-in-1-Produkte vor. Ab 10-in-1 ging es eigentlich nur noch um Kartenlesegeräte. Als er endlich bei den 39-in-1-Produkten ans Ende der Vorgeschichte gelangte, kämpften nicht nur Wrobel und Engolding mit dem Schlaf. Salweider riet unter Berufung auf das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens dazu, es der Konkurrenz gleichzutun und die Finger von 40-in-1-Produkten zu lassen. Die Lage schien aussichtslos.

Die nächste Slide aber riss die Geschäftsleitung aus ihrem Halbschlaf. Die Hama 1-in-1-Fernbedienung! "Salweider, Sie Fuchs!", "Der Salweider mal wieder!", so hiess es, und beim unmittelbar folgenden Sektumtrunk wurden die Nachfolgemodelle "0-in-1-Fernbedienung" und "1-in-2-Fernbedienung" gleich in einem Aufwasch mit abgesegnet.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein durchschnittlicher Tag in der Aufzugfirma


17.07.2008 | 21:56 | Berlin | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Kreuzberger Delicatessen


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Das komplexe Phänomen des Kannibalismus im Film verortet sich in einem diffusen Feld zwischen dystopischer Gesellschaftskritik (Soylent Green/1973), Psychothriller (Schweigen der Lämmer et al.), Exploitation-Ästhetik (z.B. Mondo Cannibale/1972, Cannibal Holocaust/1980) und schwarzhumoriger Groteske – wobei im letztgenannten Subsubgenre Jean-Pierre Jeunets Delicatessen (1991) und die letztes Jahr in die Kinos gekommene Verfilmung der eigentlich schon viel älteren Sweeney-Todd-Story als stilprägend gelten können. Natürlich passieren derartige Geschichten – also dass Menschen mitten in Europa hinterrücks ermordet und geschlachtet werden, damit ihr Fleisch zu Speisen verarbeitet und verkauft werden kann – nicht im echten Leben. Blicken wir daher lieber in die Kreuzberger Oranienstrasse, wo beim Kreuzburger eine der wirklich bedeutenden Fragen der Menschheit beantwortet wird: Was ist eigentlich das Gegenteil von Neuland-Fleisch?


15.07.2008 | 02:40 | Berlin

Kehrwoche


So sieht sie aus, die neue Gastfreundschaft der Berliner. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Seit Kurzem gibt es, wie der Tagesspiegel meldet, nach dem befestigten Rheinländer-Brückenkopf der StäV nun auch einen Verein namens Westwind, in dem sich Nordrhein-Westfalen in Berlin organisieren. Darüber können die Süddeutschen nur lachen, einen entsprechenden Verein für Baden-Württemberger gibt es nämlich schon seit 2000 (Motto: "Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause – und benehmen Sie sich auch so.") Allen voran sprichwörtlich die Schwaben, die auf der Flucht vor der Bundeswehr und angelockt von den Ärzten hier traditionell ihre Zelte aufschlagen und sesshaft werden. Auf eine ähnlich lange Tradition blickt die Reaktanz der Eingeborenen zurück. Seit Ewigkeiten kontert etwa der schaue Fil den sich als Berliner fühlenden Schwaben mit der rhetorischen Frage: "Wie lange muss ein Huhn durch den Wald laufen, bis es ein Fuchs wird?" Nun wird im Territorialkonflikt zwischen Urberlinern und solchen mit schwäbischem Migrationshintergrund anscheinend ein anderer Ton angeschlagen und die Gangart verschärft. Unklar, ob aus allgemeinem Ressentiment oder unschöner Individualerfahrung heraus, wird seit kurzem im Prenzlauer Berg von anonymer Seite mittels Plakataushängen der Schwaben Spiessigkeit, Überwachungswut in der Nachbarschaft (soll damit womöglich pars pro toto der amtierende Innenminister gemeint sein? Aber warum dann Nachbarschaft?) und das allgemein fehlende Verständnis für die Berliner Kultur (Schwaben und andere vermuten hinter dem Begriffspaar seit jeher ein Oxymoron) angeprangert. Die seit Jahrzehnten ungeklärte und bohrende Frage "Was wollt ihr eigentlich hier?" wird darob noch einmal mit aller Nachdrücklichkeit gestellt. Und vermutlich wird es in Zukunft nicht bei drei oder mehr Fragezeichen bleiben. So hat es in Belgien nämlich auch angefangen.


14.07.2008 | 12:18 | Anderswo | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Endlich Schmidt-Werbung


Terima kasih, XL!
Das Heer der Schmidts auf diesem Planeten ist gewaltig. Allein in Deutschland bringen sie es auf 235.000 Einträge im Telefonbuch; zusammen mit den Hilfstruppen Schmitt, Schmid, Schmied oder Schmitz usw. sind es knapp 400.000. Damit steht der Name an der Spitze der deutschen Nachnamencharts. Smith, der angelsächsische Namensvetter, führt die Hitlisten in England, Schottland und Australien an und natürlich auch in den USA. Allein hier tragen 2.501.922 Menschen diesen stolzen Namen. Verstärkt wird die Schmidt-Armee um die Faber und Fabricius aller Länder, die italienischen Ferraris, die Kowalski- und die Kovác-Bataillone aus Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei, die französischen Lefebvres, die Sepps aus Estland (sie bringen immerhin noch 3.550 Leute ein) und die russischen Kuznetsows (Platz 3 der dortigen Charts). Alles Schmidts in der jeweiligen Landessprache, und Mitglieder einer starken Gemeinschaft, die es mit jedweder politischen Internationale und den gesammelten Weltreligionen aufnehmen kann.

Wenn man wollte, könnte man sogar eine ganze Weltgesellschaft nur mit Schmidts betreiben. Die funktionierte besonders gut, dürften neben den aktuellen auch die gewesenen Schmidts mitmachen. Der gereifte Helmut könnte beispielsweise regieren, Arno Bücher schreiben, Adam übernähme das Philosophieren, Enzo baute die Autos und The Smiths machten die Musik dazu. Andere Namensträger wären in dieser idealen Welt schlicht überflüssig. Abgesehen davon aber sind die Millionen von Schmidts auf diesem Planeten auch eine grosse Gruppe potentieller Konsumenten. Um so unverständlicher, dass sie bis gestern nie gezielt beworben wurden. Jetzt jedoch hat der indonesische Mobilfunkanbieter Excelcomindo Pratama, kurz XL genannt, die Schmidt-Werbung entdeckt. Mit "Selamat Datang, Pak Schmidt" – "Guten Tag, Herr Schmidt" – begrüsst die Firma auf Plakaten im balinesischen Kuta freundlich die angereisten Schmidts aus aller Welt. Wenn es nun auch noch ein weltumspannendes XL-Mobilfunknetz gäbe, wüsste zumindest ein Schmidt schon mal, wo er stante pede unterschriebe.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


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