Riesenmaschine

28.09.2006 | 12:35 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Papierrascheln

Invertierte Staubwesen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das staubige Tier ist ein Morgenbuch. Den neuen Wienführer von Tex Rubinowitz kann man nur lesen, wenn die Gehirngänge noch nicht verklebt sind und danach lechzen, sich mit Informationen über Plüschtausendfüssler, Surplus-Listen, Halbeiersuppe und Neidhart-Fresken vollstopfen zu lassen. Denn aus solchen Informationen, und ausschliesslich aus solchen, besteht Das staubige Tier. Es ist ein Buch ohne eine einzige gewöhnliche Information und in dieser konsequenten Vermeidung des Gewöhnlichen wahrscheinlich die weltbeste und lange erhoffte Antithese zu, sagen wir, dem Kursbuch der österreichischen Zugbahn. Der Autor jedoch bereitet beim Lesen des Buches Sorge, fragt man sich doch, wie man überleben kann in vollständiger Ausblendung der Normalität, inmitten all der Keas, Fingerboards und tausendjährigen Eier (Eier sind ein wichtiges Thema, generell). Aber dann fällt es einem wie die riesigen Schuppen des Stegosaurus von den Augen, wie geschickt es Tex Rubinowitz fertigbringt, das Bizarre selbst zum Normalen zu erklären und alles andere für pervers zu halten. Er gehört offenbar zu den seltenen invertierten Normalwesen, und nur die sollten überhaupt Reiseführer schreiben dürfen. Nur vielleicht wenn man einen Elch sieht, kann man mehr Begeisterung entwickeln als beim Lesen des staubigen Tieres. Es sei denn, man liest es abends, dann platzt einem laut und spektakulär der Kopf.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


25.09.2006 | 17:51 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

A deal's a deal


Trostlos war die Zukunft (Foto: Saudi)
Gewerkschaften brechen in Europa weg wie Brot von letzter Woche, genauso auch garantierte Renten, Volksparteien, Ferienlager, Grosseltern, Brot von letzter Woche, Bedauern wegen Hitler, Kochfisch, der Traum vom eigenen Buch, Kuchenbasar, Suppe mit Markklösschen, die ganzen alten Ideen eben. Amerika dagegen rüstet wie immer auf. In einer Zeit, in der Partikulärinteressen und Fetischfetische Oberwasser haben, unternimmt eine der grössten, ältesten Interessengruppen Amerikas, die der Pizzalieferanten, den Versuch der Befreiung aus der selbstbeklagten Unmündigkeit und gründet die erste gesetzliche anerkannte Gewerkschaft für Pizzafahrer, kurz AUPDD (nicht zu verwechseln mit der erfolglosen APDD), ein in allen Pizzagazetten gehörig gefeiertes Ereignis. Kann man mit grossem, altem Quatsch vielleicht doch noch reüssieren, so wie der Kommunismus oder Frank Sinatra? Zumindest im ehemaligen Rentnerparadies Florida? Musste Thälmann also nicht umsonst sterben? Wieso gibt es nur in Amerika Antikrepuskel, dafür nur in Europa Rattenkönige? Und warum darf man nicht mal in Fargo die Pizza mit Pot bezahlen? Präsident der AUPDD ist James Pohle, Schatzmeister Bradley Reed, und der Generalsekretär heisst Bruce Coats.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


22.09.2006 | 14:02 | Anderswo | Fakten und Figuren

Antikrepuskulares


Gemeines Krepuskulum
(Foto: philgarlic / Lizenz)
Dem Deutschen wohlbekannt ist die Krepuskularstrahlung, die er "Wolkenscheinwerfer" nennt, weil sie so ähnlich aussieht, aber genau andersrum funktioniert. Denn während ein Scheinwerfer aus dem Nichts ein starkes Licht erzeugt, nimmt der Wolkenscheinwerfer, so man damit nicht das Gerät zur Messung der Wolkenhöhe, sondern das meteorologische Phänomen meint, ein extrem starkes Licht (das der tiefstehenden Sonne) und lässt es an ein paar Wolken kunstgerecht zerschellen. Man erhält Sonnenlichtreste in Form divergierender Strahlen, die ein bisschen wirken wie Götterdämmerung. Jeder weiss das.

Im deutschen Sprachraum nach menschlichem Ermessen gänzlich unbekannt dagegen ist die seltene und daher ultrainteressante Antikrepuskularstrahlung, für die es weder ein deutsches Bild, noch ein deutsches Wort gibt, aber wozu, das englische ist perfekt. Wort hin oder her, beim Antikrepudingslicht, der Verlängerung des Wolkenscheinwerfers auf die andere, sonnenabgewandte Seite, streben die Lichtstrahlen nicht auseinander, sondern wiedervereinigen sich folgsam und harmonisch, und zwar ganz ohne Sonne. Das wird jetzt natürlich keiner glauben, der nicht auf die beiden Links geklickt hat. Die Strahlen verhalten sich derart perfid, weil der Himmel, diese billige Projektionsfläche, die Form einer Hohlkugelinnenseite hat, letztlich also, weil die Erde rund ist, und sie deshalb irgendwann wieder zusammenkommen müssen. Denn auf einer Kugel kann nichts besonders lange auseinandergehen, so zumindest die Botschaft des Himmels an uns alle, die in Deutschland offenbar keinen interessiert. Besser folget dem Antikrepuskulum, Tiere und Menschen.


21.09.2006 | 02:41 | Supertiere | Alles wird besser

Ameisenkrieg jetzt noch lustiger

Phantastisch: Endlich kann man Tierkämpfe mit Argentinischen Ameisen veranstalten. Kalifornische Wissenschaftler präsentieren jetzt einen eleganten Weg, die invasiven argentinischen Mistviecher, die Häuser auffressen und mittlerweile in Nordamerika, Afrika, Australien und niemand weiss wo noch alles angekommen sind, umzubringen: Man hetzt sie einfach aufeinander. Normalerweise bekriegen sich Ameisen derselben Kolonie nicht, denn sie leben ekelhaft harmonisch und friedvoll. Nun bilden Argentinische Ameisen in der Fremde extrem grosse Kolonien, eine in Kalifornien reicht von San Diego bis San Francisco, ein riesiges wimmelndes Ameisenhippielager. Schmiert man aber eine von ihnen mit einer bestimmten Chemikalie ein, so erkennen ihre Hippiefreunde sie nicht wieder und bringen sie um, da kennen sie nichts. Sie bringen jede fremde Ameise um. Ungewollter Kannibalismus unter Ameisen, und zwar unter unserer Kontrolle, wie toll kann es noch werden? Leider kommen als Nächstes die südamerikanischen Feuerameisen, die nicht die Häuser essen, sondern uns.


14.09.2006 | 12:10 | Anderswo | Alles wird schlechter

White Man's Hail


Zur falschen Zeit direkt neben dem falschen Ort (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Dank Daily Show wissen seit Montag nicht nur die Fachleute, sondern die gesamte Welt von der kürzlich gegründeten World Hunting Association, die, so ein Mann namens David Farbman, ausserdem der Chef des Ganzen, schon bald Profijagen in TV-tauglicher Turnierform veranstalten will. In attraktiven Tarnfarben gekleidete Superjäger werden durch Michigans Wälder robben und echte Rehe schiessen, alles live, mit teuren Werbepausen, hyperinteressanter Webpräsenz, echten Rehen und ausserdem hot Chicks in attraktiven Tarnfarben! Seltsam: Nicht etwa die Rehe protestieren, sondern die richtigen Jäger, denn die WHA hatte tatsächlich zunächst vor, die Huftiere nur zu betäuben und nach dem Spektakel einfach wieder freizulassen. Aber warum? Das fragt sich Farbman mittlerweile auch und schlägt sich aus Mangel an Gegenargumenten auf die andere Seite.

Das neue Format: Die Rehe müssen richtig sterben! Jawohl! Denn was die Fernsehzuschauer heute sehen wollen, ist echte, unverfälschte Wirklichkeit, nicht so eine inszenierte Scheisse wie 9/11. Fraglich ist allerdings trotzdem so ein bisschen, wer sich das Gemetzel ansehen wird. Schon beim Irak-Krieg, als man auch von vornherein wusste, wie es ausgeht, waren die Einschaltquoten schliesslich miserabel. Farbman kann das alles nicht von weiterem sinnlosen Enthusiasmus abhalten; er verspricht, dass aus der WHA die "NASCAR des Jagdsports" wird. Aber, um die Pointe von Jason Jones zu übernehmen: Ist nicht die NASCAR schon die NASCAR des Jagdsports?


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