Riesenmaschine

17.02.2007 | 12:18 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Eine kurze Werbegeschichte vom Töten


Foto: Gabriel Yoran
Dass der Mobilfunkprovider E-Plus seine letzte Werbekampagne "Mach Schluss, mach Plus", auf "Mach was, mach Plus" ändern musste, hat natürlich nichts damit zu tun, dass sich vorrangig faule Suizidale angesprochen gefühlt haben ("Ich glaub, ich mach heute mal früher Schluss").

Und Quatsch ist selbstverständlich auch die These, man könne Produkte nicht verkaufen, indem man "tötet" draufschreibt. In rot. Und gross. Das Gegenteil ist der Fall: Man muss sogar "tötet" draufschreiben. Kleenex "Anti-Viral"-Taschentücher jedenfalls werden neuerdings mit dem Hinweis "tötet 99,9% der hauptsächlichen Erkältungsviren" vermarktet. 1984 hatte der Kleenex-Konzern Kimberly-Clark es schon einmal mit den toughen Tüchern probiert, ist damals aber über das Leistungsversprechen "virucidal" gestolpert. Der Aufdruck soll die US-Kundschaft angeblich zu sehr an suicidal erinnert haben. Fragt sich bloss: Wie kann man etwas töten, von dem man nicht mal genau weiss, ob es überhaupt lebt?


08.02.2007 | 18:08 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles

Universal Selling Proposition


Gleich. Fertig. (Foto: Bastian Pfister)

Jahrzehntelang rangen marketinggetriebene Unternehmungen um unique selling propositions, Alleinstellungsmerkmale, Unverwechselbarkeit, Abgrenzung vom Wettbewerb. Der Erfolg von Angeboten wie StudiVZ zeigt aber nun, dass sich Innovation nicht lohnt. Merke: Fast Followers sehen nur von unten so aus wie Me-Toos.

Unterdessen entdeckt die Glutamat-Verabreichungsbranche die Mimikry-Strategie für sich: Knorr (Unilever) und Maggi (Nestlé) bieten Produkte an, deren Identität die Identität mit dem Erzrivalen ist. Name, Foto, Typographie, Farbe, Layout, Wortwahl – beide Saucenpulver für "Schwedische Hackbällchen" gleichen sich äusserlich nun so wie sie es innerlich wohl schon immer taten. Wer hinter dieser universal selling proposition ein Frühstückskartell vermutet, der soll auf der Stelle von einem eisernen Positionierungskreuz erschlagen werden.


05.01.2007 | 18:24 | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Über die Anschlussfähigkeit von Kommunikation


Die E-Plus-Tarifpolitik (hier in Augsburg) ist zwar keine Schönberg-Oper, aber mindestens so hermetisch (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Man kann nicht nicht kommunizieren, ausser mit kaputten Handys. Wer aber ein neues Telefon braucht und also einen Mobilfunkvertrag abschliesst, zahlt manchmal keinen Anschlusspreis. Aber wann? Und warum dann gerade nicht? Und warum morgen dann wieder?

Die Abteilung Reverse Engineering Mobilfunkmarketing bittet um Ihre Mithilfe. Unsere Untersuchungen zeigen, dass E-Plus seit Monaten immer freitags, samstags und montags keinen Anschlusspreis verlangt (gilt auch im Internet). Dienstags, mittwochs und donnerstags hingegen muss der impulskaufende Verbraucher die 25 Euro teure Gebühr bezahlen. Warum?


05.01.2007 | 02:05 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Papierrascheln

93 Minuten


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In ihrem Essay "Against Interpretation" von 1966 unterstellt Susan Sontag der modernen Interpretation von Kunstwerken offene Aggressivität. "Der Interpret verachtet eingestandermassen die Erscheinung, die Oberfläche des Textes." Solche Interpreten sollen zur Strafe die Oberfläche schrubben und zwar gründlich. In der Zwischenzeit beschäftigen wir uns mit einem dieser Tage erschienenen Filmbuch.

Die Herausgeber Michael Baute und Volker Pantenburg setzen darin eine Idee um, die so simpel wie grössenwahnsinnig ist. Nicht ein Autor schreibt über 93 Filme, sondern 93 schreiben über einen – über Charles Laughtons Film-Noir-Märchen The Night of the Hunter (Die Nacht des Jägers, 1955), den Jacques Rivette "den verblüffendsten Meteor der Filmgeschichte" nannte. Die Minutentexte: The Night of the Hunter versammeln so viele Autoren wie der Film Minuten hat – und jeder befasst sich mit exakt einer Filmminute. Und auch wenn das Zerhacken von Filmen in Minuten willkürlich erscheint, so gingen die meisten Autoren mit einem Zartgefühl zu Werke, auch und vor allem der Oberfläche des Films gegenüber, das die Gründlichkeit der Form komplementiert.

Die Interpreten haben jetzt genug geschrubbt, die Oberfläche des Textes ist schon ganz blank. Vielen Dank.


18.12.2006 | 06:58 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Fahrgeschäft

Achterbahn fahren und Einkaufen gehen ist ja schon in Deutschland eigentlich dasselbe. In China ist es jetzt auch tatsächlich dasselbe, denn dort konvergieren gerade Fahrgeschäft und Supermarkt zu, nun ja, einem Fahrgeschäft: Anstatt die Konsumoptionen abzuschreiten fährt man in einem kleinen Wagen durch den Laden und nimmt sich raus, was einem gefällt. Es ist also irgendwie so wie mit dem Smart durch Berlin Mitte zu fahren.


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"Edge of Tomorrow", Doug Liman (2014)

Plus: 1, 15, 37, 69, 79, 80, 89, 91, 93, 96, 101, 126, 129
Minus: 3, 9, 46, 70, 152, 161
Gesamt: 7 Punkte


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