Riesenmaschine

13.12.2005 | 05:31 | Supertiere | Fakten und Figuren

Killerbienen V2.0


Mörder während der Mittagspause (Foto: vickyb) (Lizenz)
Erinnern Sie sich noch? Mit erhobenem Stachel brummten sie vor ein paar Jahren eine Zeitlang durch alle unverschlossenen Sommerlöcher – afrikanische Bienen waren von einem irren Wissenschaftler mit europäischen verpaart worden, und wälzten sich jetzt als tödliche Lawine aus Killerbienen durch Mittelamerika. Niemand widerstand dem Vormarsch der entsetzlichen Insekten, und heute ist Nordamerika eine menschenfeindliche, honigverklebte Wüste, in der jeder sich selbst der Nächste ist. So weit, so furchtbar. Nun aber kommt alles noch viel schlimmer, jetzt haben nämlich andere irre Wissenschaftler herausgefunden, dass Bienen sich menschliche Gesichter merken können. Wenn jetzt den Kleinkriminellen noch jemand Schlagringe und Baseballschläger beibringt, wird es zappenduster für die menschliche Zivilisation. Sollten Sie neunmalklug einwenden wollen, dass diese Gesichtserkennungsmeldung genauso irreführender Blödsinn ist wie damals die Meldung, dass Tauben Picasso erkennen, dann nehmen Sie sich in acht! Eine Killerbiene mit ihrem Gesicht drin ist womöglich schon unterwegs – irre Wissenschaftler verstehen keinen Spass.


10.12.2005 | 21:21 | Supertiere | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Kalamari Puffpuff


Irgendwann kriegen wir euch alle
(Foto: wmjas / Lizenz)
Wo immer man auch den neugierigen Blick oder die zivilisationsmüden (wenngleich in High-Tech-Wanderstiefeln steckenden) Füsse lenkt, die Kartographen und Weltverwalter waren je schon da, und am Rande des erhofften weissen Flecks auf der Landkarte verkauft ein Angehöriger der niederen sozialen Eingeborenenschichten weissgefleckte Kühlschrankmagnete und "My friend went to uncharted territory and all I got was this lousy T-shirt"-T-Shirts.

Einer der letzten echten weissen, oder vielmehr schwarzen, Flecken ist wohl die Tiefsee, die wegen allzuviel Wasser darin und darüber bislang glücklicherweise schwer erreichbar ist. Meldungen von dort enthalten Asphaltvulkane, Schwarze Raucher, blinde, Schwefelwasserstoff verzehrende Spinnenkrabben und den Riesenkalmar, den man bislang nur als angespülte und bis zu 20 Meter lange Leiche kannte. Ein Reich voller Zeichen und Wunder also, das ebenso die Vorstellungskraft ankurbelt wie leider den forschenden Eindringdrang. 1998 noch elektrisierte die Zeitschrift Mare ihre Leser mit einer ebenso packenden wie erfundenen Reportage über das Zusammentreffen mit einem Riesenkalmar. 2005 nun berichtet ein Forscherteam in den Proceedings der Royal Society von einer tatsächlichen Begegnung, die erwartbar prosaisch verlief. Das Tier verfing sich im Köderhaken, zog und zerrte vier Stunden lang (siehe Bild), bis zuletzt einer seiner beiden Langtentakel abriss. Nüchtern nutzten die Forscher das fünfeinhalb Meter lange Stück, das so frisch war, dass es sich an Bord des Schiffes an angebotenen Forscherfingern festsaugte, um die Gesamtlänge des beobachteten Tiers zu schätzen. Achteinhalb Meter lang war der Kalmar, schliessen sie, aber wie es ihm ohne eins seiner wichtigsten beiden Beinchen jetzt geht, das interessiert natürlich wieder keine Sau.

Die Entzauberung der Tiefsee hat also endgültig begonnen, in drei Jahren schnurrt dann der erste Tourist in einem Blechei zur Kalamarisafari abwärts in den Marianengraben – falls kein Riesensushiboom den Freizeitspass vorher vereitelt, oder die kommerzielle Raumfahrt den Markt verdirbt.


09.12.2005 | 18:12 | Supertiere

Fusswarm gefönt


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Nature berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, dass man einen britischen Tierversuchs-Lobbyisten für eine Fernsehsendung den Alltag eines Versuchsnagetiers nacherleben liess. Unter anderem musste er dabei teuflisch warme Fussböden und brutal trockengefönte Haare erdulden. Wir Nagerfreunde begrüssen dergleichen Kaspereien natürlich, nicht nur als soliden Beitrag zu einer komplexen Diskussion, sondern auch als ersten Schritt in eine bessere Welt; denn erst, wenn alle Menschen leben wie die Ratten, ist unser Auftrag erfüllt. Oder Karnickel. Oder eben Vizcachas, wir sind da flexibel. Vielleicht dürfen wir sogar hoffen, bei der Ausstrahlung der Sendung am 14. Dezember auch eins der berüchtigtsten Rattenexperimente am Lobbyisten nachgestellt zu sehen; das nämlich, bei dem ermittelt wurde, um wieviel länger Ratten sich durch Strampeln vorm Ertrinken retten, wenn man ihnen zuvor den Eindruck verschafft hat, man würde sie schon beizeiten da rausholen. Zugegeben, das Originalexperiment ist recht alt, wurde schon in den 50er Jahren durchgeführt und würde heutzutage von keiner Ethikkomission mehr genehmigt. Aber ein kleines bisschen Unsachlichkeit ist ein geringer Preis für eine unterhaltsame Sendung, und zudem sind Lobbyisten ja in der Regel auch nicht mehr die Jüngsten.
Die Zeichnung oben stammt übrigens von einer Seite tierversuchsfreundlicher Wissenschaftler, und täuscht die Ausgewogenheit dieses letztlich nagerfreundlichen Beitrages vor.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Mehr über Nagetiere


08.12.2005 | 22:00 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Hochsterilisiert


Bildunterschrift (Foto: 21617436@N00) (Lizenz)
Jon Stewart ist ein Fernsehgott für die urbane Jugend Amerikas. Nicht nur seiner famos lustigen Newscomedysendung Daily Show wegen, die die klügsten der coolen Kinder vor den Apparat lockt, sondern auch weil er unerschrocken ins Herz der Propagandamaschine vordringt und Sand streut – zum Beispiel bei seinem legendären Liveauftritt in CNNs Politpropagandazirkus Crossfire, wo er, neben den beiden Moderatoren der Verblödungssendung, gleich die gesamte Diskursvortäuschung des Mainstreams attackierte, was ihn zum Volkshelden der Medienkritik machte. Dies nicht zuletzt deshalb, weil CNNs Programmchef Jonathan Klein wenig später die Sendung aus dem Programm nahm, und dabei Stewarts Auftritt explizit erwähnte. Ein wenig überraschend ist es daher, wenn Stewart nun von der Vereinigung amerikanischer Fussballtrainer NSCAA wegen langvergangener Collegekickereien auch zum Fussballgott (ehrenhalber) ernannt wurde. Aber Sand ins Getriebe, Sand in den Kopf, es ist ja letztlich irgendwie alles dasselbe, und gerade der Fussball besitzt eine enorme soziale Sprengkraft usw. usf.
"Total lustiges Fussballerzitat zum Abschluss".


01.12.2005 | 14:50 | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Massengemacht


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Manche glauben an die Weisheit der Vielen, für andere kommt bei grösseren Versammlungen bestenfalls Durchschnitt heraus, und schlimmstenfalls ein Mob. Lustige Belege für beide Sichtweisen kann man bei The Smaller Picture finden. Bei jedem Besuch der Seite entscheidet der Besucher, ob ein einzelnes Pixel in einem einzelnen Bild schwarz oder weiss sein soll – unser Bild zeigt die Bemühungen der "collective Consciousness", eine "stick person" zu erschaffen, wieder zu zermatschen, eine neue zu erschaffen, und so fort, wie im richtigen Leben halt.

Hier dagegen kann man am Beweis der Behauptung mitwirken, dass eine hinreichend grosse Anzahl von Affen mit Mäusen in der Hand jeden literarischen Schaffensversuch ratzfatz wieder in seine Buchstabenbestandteile zerlegen kann. Ein Wunder der Statistik.


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