22.09.2006 | 21:25 | Berlin | Was fehlt
Ein kluger Mann hat einmal gefordert, dass man zur Vermeidung geistiger Trägheit entweder alle zwei Jahre in eine andere Stadt ziehen oder aber in einer Stadt wohnen muss, die selbstständig um einen herum metamorphosiert. Nun ist Berlin zum Glück eine Stadt, die vorbildlich für die innere Flexibilität ihrer Bewohner sorgt; kaum hat man einen Stadtteil mal ein paar Minuten nicht aufgesucht, ist er schon abgerissen und ein anderer an seiner Stelle aufgebaut. Und doch ertappen wir uns hin und wieder bei veränderungskritischen Gedanken. Musste es zum Beispiel sein, dass am Lenné-Dreieck das Beisheim Center entstand, war es wirklich nötig, das grosse Gebäude mit dem ZWEIFEL abzureissen?
Daraus ersehen wir, dass von staatlicher Seite offenbar noch nicht energisch genug gegen die schädliche Macht der Gewöhnung vorgegangen wird – was wir brauchen, sind mehr Umwälzungen, Veränderungen, vielleicht eine Gesellschaft zur Förderung von Völkerwanderungen. Eine Währungsreform alle drei Jahre wäre schon mal ein Anfang, die gebräuchlichen Masseinheiten könnte man etwa alle fünf bis zehn Jahre von dezimal auf hexadezimal, Fahrenheit und zurück umstellen. Bei fortschreitender geistiger Leichtfüssigkeit der Bürger kann sich der Staat an den synodischen lunaren Tithi-Tagen der Vedischen Zeitrechnung versuchen, die in ihrer Dauer zwischen 19 und 26 Stunden variieren. Durch all diese schönen und wichtigen Neuerungen schwängen sich Forschung und Weltgestaltung zu neuen Höhenflügen auf, die Kommunikation erblühte, und wer weiss, am Ende würde sogar demnächst das Internet erfunden.
17.09.2006 | 21:26 | Berlin | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Mit der abgebildeten – von keiner Hilfestellung auf der Rückseite abgemilderten – Frage wurden heute die Berliner Wähler in der Wahlkabine überrumpelt (PDF). Dem marktforschungs- und psychotestgestählten Bürger ist klar, dass die Frage in dieser Form kaum ernst gemeint sein kann. Abgefragt wird hier vermutlich etwas ganz anderes, nämlich: Wie viele Berliner sind bereit, zu einem frei erfundenen Thema überhaupt eine Stimme abzugeben? Und wie viele davon werden sich für das progressive "Ändern! Ändern ist immer gut!", wie viele für das konservative "Ich weiss zwar nicht, was es ist, aber ich will, dass es genau so bleibt" entscheiden? Als treuer Staatsbürger macht man also sein Kreuzchen an einer geratenen Stelle und wartet ab. Wie beim Schiffeversenken passiert wahrscheinlich gar nichts. Aber wenn dann demnächst die Erde gesprengt wird, um einer intergalaktischen Umgehungsstrasse Platz zu machen, will es wieder keiner gewesen sein.
17.09.2006 | 13:28 | Anderswo | Zeichen und Wunder
 Chemnitz, Linie 56 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Allenthalben vergeht die Industrie zugunsten des Dienstleistungsgewerbes und gänzlich rätselhafter Berufszweige wie der Bloggerei. Wo sind sie hin, die grossen Gebäude mit den vielen Rohren dran, die es noch vor gar nicht langer Zeit überall gab? Manche verfügten, so hört man, sogar über rauchende Schlote, und wenn an einem Gebäude "Backfabrik" oder "Schlachthof" dranstand, so war Industrie darinnen und kein Club. Wo ist nun das eiserne Ross? Wo sein Reiter? Wo ist die Hand an der Esse, wo das lodernde Feuer? Wer wird den Rauch der verbrannten Braunkohle sammeln gehen? Dahin ist der Lärm der Bürger, die uralten Werke der Riesen stehen leer. Wie die Zeit vergangen ist, ins Dunkel der Nacht, als sei sie nie gewesen.
11.09.2006 | 12:41 | Fakten und Figuren | Papierrascheln
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Man muss, ja, sollte nicht alles wissen, aber: "Wenigstens einen zulänglichen Begriff muss man von allem haben." (Thomas Bernhard sein Grossvater) Es genügt also nicht, sich beim Anblick von Wolken zu denken, sie seien heute ja mal wieder ungeheuer oben. Und weil es Verschwendung ist, sich Sinnesreizen auszusetzen, die man nicht versteht, sollte eigentlich niemand mehr das Haus verlassen, bevor er nicht The Cloudspotter's Guide: The Science, History and Culture of Clouds erworben und gelesen hat. Hervorgegangen ist das Buch aus der Arbeit der Cloud Appreciation Society, deren Manifest sich gegen "blue-sky thinking" wendet und erklärt, dass Wolken die gerechteste aller Naturerscheinungen sind, weil sie sich von jedermann bequem betrachten lassen. Nebenbei erfährt man auch, wie es so ist, wenn man in 50.000 Fuss Höhe aus seinem Flugzeug aussteigen muss und mitten durch eine Gewitterwolke zu Boden fällt (nämlich höchst unschön und langwierig, aber überlebbar). Bis zur abgeschlossenen Lektüre also bitte nur noch im Dunkeln nach draussen gehen. Die Natur stellt diese ganzen Naturerscheinungen schliesslich nicht nur so zum Spass her.
09.09.2006 | 19:05 | Berlin | Nachtleuchtendes | In eigener Sache
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Anlässlich der Eröffnung des Berliner Radialsystems (wir berichteten) wird der Riesenmaschine Altar ab sofort etwa 24 Stunden lang noch einmal live in Betrieb zu sehen sein. Und zwar voraussichtlich zum letzten Mal, denn, wie Kollege Lobo beim Aufbau feststellte: "Die Scheisse an diesen modularen Systemen ist ja, dass sie einen dazu verleiten, sie noch mal zu verwenden." Dieser Versuchung werden wir künftig zu widerstehen versuchen. Der Gott für weggeworfene Sachen hilft uns dabei.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Altar des Alltags
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Baden im Koks
- Kritikkritik mit Bernd Ladwig
- Milbenkäse
- Pa-leng
SO NICHT:
- zum Hassen auf den Speicher
- "Nutzwert" sagen
- Fischbeinkorsett (unmodisch)
- In Baden Koks kaufen (Händler machen um 17.30 Feierabend)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Buried", Rodrigo Cortés (2010)
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