Riesenmaschine

04.10.2006 | 03:58 | Supertiere | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

Namen sind Viren aus dem Netz


Grab der unbenannten Kopffüssler (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Gut. Keine Witze über Namen. Wilfried Penner, SPD und Hans-Joachim Hacker, ebenfalls SPD, kennen wir, nicht so lustig. Obwohl Hacker? War da nicht was? Genau, Gernot Hacker, Sicherheitsexperte bei der H+BEDV Datentechnik GmbH.

Gut. So überraschend, so lustig ist auch das nicht, weiss man ja, glaubt man ja zu wissen: Kommerzsoftware ist wie Stuhlinkontinenz – Kot mit Sicherheitslücken. Ganz anders sieht es bei den netten, knuffigen Open-Source-Programmen aus, nicht wahr? Allen, die bisher daran bereits leise ein wenig zweifelten, aus Gründen der Grundsympathie aber die Goschen hielten, muss spätestens der Groschen gefallen sein, als man dieser Tage las: Firefox auch total unsicher!. Gut, am Ende des Artikel sieht es dann doch aus, als stimmte das gar nicht so ganz. Aber – stutz – war da nicht was? Und in der Tat: Die Sicherheitschefin der Mozilla Corporation heisst Window Snyder. Hallo?

Aber gut, siehe oben. Und in Frau Snyders Blog gibts hübsche Fotos von Kopffüsslern, gestrickt, von Oktopussen namens Ivan und Mouse. Nein, definitiv doch kein Datenkrake, alles wird gut.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: schall.de und rauch.com

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


24.09.2006 | 02:46 | Supertiere | Vermutungen über die Welt

schall.de und rauch.com


Selbst gebrauchte Post it-Zettel gehen weg wie nichts (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Dafür, wie man heisst, kann man nichts; Schuld haben die Eltern. Nicht so bei Websites. In den Charts der teuersten Domainnamen findet man die Alexanders, Maries, Maximilians und Sofies des Web. Mit dem Unterschied, dass es im Web – Name plus TLD – nur einen geben darf. Web ist wie Highlander.

Unter den Web-Monaden, keine Überraschung, führt sex.com mit 12.000.000 $. Busen.de brachte es auf 40.000 €. Auf den selben Betrag kam allerdings auch ich.de. Ob es dort um Narzissmus oder Masturbation geht, erfährt nur, wer das Passwort hat – Solipsismus virtuell. Dem zeugungsfernen Sex folgen, wie Quanten miteinander verschränkt, die Gesund- und die Krankheit. Logisch, Lachen ist auch gesund, ausser man ist ein Bär oder auf Koks, dann wird es krank. Auf lachen.de steht: "dein name@lachen.de – leider können wir diesen Dienst nicht mehr anbieten." Es ist eine fremde und seltsame Welt.

Doch die Tiere, was ist mit den lieben Tieren? Unschuldig oder grundverdorben doch wenigstens sie? Aber weder führt die geile Sau die Geldcharts an, noch kommen die niedlichen Tierlein auf einen knusprigen Zweig – für lamm.de, hamster.de und fohlen.de wurden vor Jahren nur 1.000 bis 2.000 Mark bezahlt. Internet ist hingegen Insektenland: Es führen zecken.de und bluebee.com. Newcomer des Monats ist prayingmantis.net mit 1.650 $. Die Gottesanbeterin? Hat die Insekteninflation damit zu tun, dass sich die Sechsfüssler wie die Karnickel vermehren? Dafür sprächen die heretischen Achtfüssler, siehe schwarze-witwe.de, eine Adresse hinter der sich die Isolierernews verstecken, die den Drahti promoten, den altbösen Hagestolz.

Doch vielleicht birgt all das einen Hoffnungsschimmer? Liesse sich nicht dem Kindermangel beikommen, liesse man den Kindernamensverkauf zu? First come, first served: Wie im Internet wäre jede Nachnamen- / Vornamenkombination nur exakt einmal erlaubt. Die Armen würden, wie früher, vieleviele Kinder bekommen, in der Hoffnung, dass sich der Name nur eines aus der Schar einmal gewinnbringend verkaufen liesse, neue Ökonomie, Babyboom 2.0. Und Schirrmacher bliebe auf seinen Büchern hocken.

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (7)


20.09.2006 | 01:24 | Anderswo | Was fehlt

Apnoecatchen


Foto: jackol
Was ist das: Ein Spielfeld, etwas kürzer, etwas breiter als beim Indiaca, zwei Mannschaften, je sieben Spieler, kein Ball, keine Schläger, überhaupt keine Geräte, und die Angreifer müssen die Luft anhalten?

Leser aus dem Süden Asiens schreien jetzt atemlos: "Kabaddi, Kabaddi, Kabaddi" und haben damit natürlich recht. Nur hier, am anderen Ende Indogermaniens, kennt diese Sportart mal wieder keiner. Nach Cricket und Hockey ist Kabaddi auf dem Subkontinent und rund darum herum eine der beliebtesten Sportarten. Es ist eine Kombination aus, wie man in Süddeutschland sagt, Kettenfange und Ringkampf. Ein Team verteidigt, bildet eine Kette, während ein Angreifer des gegnerischen Teams in die feindliche Spielhälfte einfällt, wo er versuchen muss, die Kette zu zerreissen. Und: Für die Dauer seines Einfalls ins Feindesland muss er die Luft anhalten.

Wie? Die Luft anhalten? Ist da nicht Betrug Tür und Tor geöffnet? – Eben nicht. Zum Beweis, dass die Luft tatsächlich angehalten wird, muss der angreifende Spieler ohne Pause plosiv die Laute "Kabaddi, Kabaddi" chanten, entweder bis er erstickt, erlegt wird, einen Rückzieher macht, oder es ihm gelingt, die Kette der Feinde zu zerschlagen. (Regeln, Fotos und Videos hier)

Nicht nur aber ist das Kabaddifeld ähnlich gross wie das beim Indiaca. Beide Sportarten, obwohl von ungewissem älteren Alter, traten 1936 ins Rampenlicht. 1936 entdeckt der Sportlehrer Karlhans Krohn an der Copacabana das Indiacaspiel und importiert es mit einigem Erfolg nach Deutschland. Im selben Jahr wird auch Kabaddi salonfähig – als Demonstrationswettbewerb bei den Olympischen Spielen in Berlin. (Bei der Naziolympiade traten übrigens auch die Nationalhymnen im Wettstreit gegeneinander an. And the winner was: Die chinesische Hymne San Min Chu-i, in der es, Koinzidenz, Koinzidenz, heisst: "Oh ihr Kämpfer, seid für das Volk die Vorhut" – ein nur zu passendes Motto fürs Kabaddi, das Vorhutspiel per se.)

Leider scheint nicht überliefert, was der Führer zum Kabaddi sagte, aber es wird, Arier hin oder her, wohl wenig schmeichelhaft gewesen sein, was bedauerlich ist, aber nicht überraschend, denn mit angehaltenem Atem wäre der ganze schöne Krieg natürlich Essig gewesen.

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


03.09.2006 | 16:33 | Anderswo

Story vom Pferd


Das pferdelose Wappen von Kirgisien (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In Kirgisien, schöner ist der englische Name Kyrgyzstan, hat man es mit den Pferden. Das überrascht nicht. Seit Attilas Zeiten verbindet man Zentralasien reflexartig mit Reitervölkern, der ursprünglichen Gelben Gefahr. Und all das nur wegen einer kleinen Erfindung, etwas so nahe liegendem, man kann sich kaum vorstellen, dass es je erfunden werden musste, dem Steigbügel.

Reitsport ist in Kirgisien Nationalsport. Neben den üblichen Turnieren gibt es einen Wettbewerb, der sich angenehm von der üblichen Pferdehopserei abhebt, das Ulak tartysh. Dieses Reitspiel funktioniert in etwa so: Das Spielfeld ist 300 mal 150 Meter gross. Zwei Mannschaften treten gegeneinander an, wobei man während des Spiels tricksen und die Mannschaft wechseln kann. An den beiden Enden des Feldes befinden sich die Tore. Im Unterschied zum Polo haben die Spieler keine Schläger, und auch der Spielball ist ungewöhnlich: ein zwischen 30 und 40 Kilo schwerer Ziegenkadaver. Den gilt es sich zu schnappen, ihn anderen abzuluchsen, elegant von Pferd zu Pferd zu werfen, um ihn schliesslich ins Tor zu spedieren. Ganz so ungewöhnlich ist das nicht, wurde ja auch Fussball lange Zeit mit Schweinsblasen gespielt. Erwachsene Reiter, die sich im vollen Galopp, spielerisch eine tote Ziege zuwerfen, würde man aber zu gerne einmal sehen. Wo bleibt das Sportfernsehen?

Ein schönes Detail noch: Verboten ist es beim Ulak tartysh, den Gegner in eine Plauderei zu verwickeln. Angesichts des endverheerten Sportgeredes eine vorbildliche Regel, die generell auf die Zeit vor, auf die Zeit nach jedem Sport ausgedehnt werden sollte.

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (4)


30.08.2006 | 02:20 | Sachen kaufen | Sachen anziehen | Vermutungen über die Welt

Lehm, Grafit und Zedernholz


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Bleistift! Die Schreibmaschine, der Füller, Kuli, Computer konnten ihm nichts anhaben. Jeder besitzt einen, bzw. einen ganzen Haufen davon, denn allein die Jahresproduktion der grossen Nürnberger Firmen Faber, Staedtler & Co. beläuft sich auf drei Milliarden Stück, d.h., die Jahresproduktion an Bleistiften insgesamt dürfte die Zahl der Weltbevölkerung deutlich übertreffen. Gibt es noch anderes Werkzeug, von dem sich das sagen liesse?

Fragt sich allerdings, wo die ganzen Bleistifte bleiben? Leergezeichnet, weggespitzt werden sie wohl kaum. Eher verstecken sie sich in den Ecken von Schubladen, unterm Teppich, hinterm Schrank. Dort fühlt sich der Bleistift erst richtig wohl und kann ein beachtliches Alter erreichen – im Museum gibt es ein immer noch rüstiges, im 17. Jahrhundert vergessenes Blei zu bestaunen.

Das Produkt selbst ist lange schon ausgereift. Ein wenig aus der Reihe tanzt der Premium-Bleistift "Grip 2001" mit seinen Noppen. Ob man dafür einen ganzen Euro ausgeben will? Im Test ist er nicht schlechter als andere Stifte, und die Noppen machen ein lustiges Gefühl im Mund. Geschmackssache.

Statt an einem ausgereiften Produkt herumzudoktern, statt es mit Werbung zu bedrucken, sollte man lieber versuchen, den Bleistift für andere, schreibferne Zwecke zu vermarkten. Ein Beispiel ist der Bleistifttest, mit dem man u.a. prüft, ob es wohl notwendig sei, einen BH zu tragen (eine Variante für den Mann gibt es auch). Hier liesse sich ansetzen. Warum nicht, statt Metall durch Körperteile zu pieksen, diese mit einem Bleistift verzieren? Der gute alte Stift hinterm Ohr könnte so zum Trend werden. Und ist der Trend dann wieder passé, ist auch nichts verloren. Man zieht das Ding ohne Verdruss hinterm Ohr hervor und schreibt, kritzelt, zeichnet. So oder so ist's gut.

Martin Bartholmy | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


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