Riesenmaschine

15.12.2005 | 16:49 | Anderswo | Fakten und Figuren

Zahnklang


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der Internationale Tag des Zahns soll nicht verstreichen, ohne dass an dieser Stelle eine Lobpreisung auf Fred Zahn erfolgt ist, jenen Fred Zahn, der mit seiner auf unscharfen Dias beruhenden Werbeoffensive für sein "Hifistudio Fred Zahn" ganze Generationen Marburger Kinogängerinnen und Kinogänger in den ausgehenden achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zwischen Vorschauen und Hauptfilm zu Tränen rührte und in den Beliebtheitsrankings zuverlässig zwischen dem "Autohaus Enders und Reimschüssel" und dem "Fahrradcenter Warzenbach", ansässig in Wetter-Warzenbach, Krötenstück 3, rangierte. Zahn widmet sich seit 1974 der klanglichen Optimierung von Hifi-Anlagen und hat (im Gegensatz zu seinen beiden Chartkonkurrenten) bereits vor fünf Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und eine eigene Homepage aufgesetzt. Seine konzise Verkaufsphilosophie fasst er in wohlgesetzten Worten zusammen: "Wer hören kommt, erlebt was. Was genau – erfährt nur wer herkommt, um hinzuhören." Das Gästebuch verzeichnet demgemäss seit dem Jahr 2000 stolze vier Einträge zufriedener Kunden. Dieser Beitrag sollte nicht als Schleichwerbung missverstanden werden, denn der Online-Shop auf Fred Zahns Homepage ist, vermutlich seit Anbeginn ihrer Existenz, in Bearbeitung, so dass wir an die Leserinnen und Leser nur appellieren können, auf dem Weg zum Fahrradkauf am Krötenstück in Warzenbach auch bei Fred Zahn persönlich vorbeizuschauen, falls sie die eigene, "gerade käuflich erworbene Stereo-Anlage nach jedem Konzertbesuch irritiert".

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Zahntag und Pastenwahn


28.11.2005 | 14:48 | Was fehlt | Sachen kaufen

Geistige Oberhäupter


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Das Christfest naht, und kein grösseres Zeichen der Toleranz könnte man setzen und keine feinere Freude könnte man seinen in den Zeiten der Postmoderne auch hierzulande haufenweise vertretenen buddhistischen Freundinnen und Freunden bereiten als ihnen "augenzwinkernd" (an dieser Stelle habe ich hässliche Anführungszeichen gesetzt, wofür ich mich dereinst schämen werde) die Dalai-Lama-Puppe von Schildkröt unter den Weihnachtsbaum zu legen, die trotz einer limitierten Auflage von 999 Stück und der laut Herstellerangaben "verblüffenden Ähnlichkeit mit dem Aussehen des grossen Vorbilds" im Gegensatz zu ihrer Vorgängerpuppe "Papst Benedikt" offensichtlich wie Blei in den Regalen liegt und daher in den letzten Tagen bei Homeshopping Europe verstärkt aggressiv beworben wurde. Die grösste Herausforderung für die Schöpfer dieser Puppe war nach eigenen Angaben "natürlich die Hautfarbe", denn "solch eine Puppenfarbe hat es bisher noch nie bei Schildkröt gegeben". Die Farbdesigner waren letztlich erfolgreich, für schlappe 165 Euro lässt sich die "erste Puppe von Schildkröt, die eine asiatische Hautfarbe hat" erwerben.

Auf in asiatischer Hautfarbe gehaltene Tischtennisbälle der Marke Schildkröt sind wir künftig genauso gespannt wie auf mögliche Folgemodelle aus der Serie "Geistige Oberhäupter". Insbesondere freuen würden wir uns über den legendären Begründer des europäischen Diamantwegbuddhismus, Dalai-Lama-Konkurrent Lama Ole Nydahl und über den hochverehrten Gründer-Acarya der Internationalen Gesellschaft für Krischnabewusstsein und Autor des Megasellers "Der Nektar der Unterweisung", His Divine Grace AC Bhaktivedanta Swami Braphupada. Müsste dann billiger sein, weil die Mixtur für die Hautfarbe ja jetzt bekannt ist.

Volker Jahr | Dauerhafter Link


18.11.2005 | 15:27 | Sachen kaufen | Listen

Kassenbonbonbons


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Selbst ins "Online-Nachschlagewerk für Junggesellen" frag-mutti.de hat der eigentlich sinnvolle Tipp Eingang gefunden, dass man seinen Kassenbon nach dem Einkauf sorgsam studieren sollte, um etwaige Reklamationen zeitnah tätigen zu können, was in der hektischen Praxis des Einkaufens jedoch allzu leicht vergessen wird. Wie der Kölner Performancekünstler und Kassenbonabkürzungs- aufspürungspionier Harald Sack Ziegler im Selbstversuch bereits vor drei Jahren nachweisen konnte (etwa drei Viertel der Seite runterscrollen und den dunklen Text auf dunklem Hintergrund highlighten), finden sich dann in der Einkaufstüte auch schon mal eine gefährliche 4-Korn-Waffe oder ein olfaktorisch bedenklicher Toilettenpapi (toiletdaddy), die natürlich in Wirklichkeit nur dadurch zustande kommen, dass die Textfelder der Kassensysteme in der Regel auf 13 bis 15 Zeichen begrenzt sind. Einen geschmacklosen Höhepunkt erreichte der Abkürzungswahn beim letzten Wochenendeinkauf eines jungen, aufstrebenden Riesenmaschinenewcomers, der beim Auspacken buchstäblich in die Scheisse griff, wenn auch in Bio-Qualität (siehe Abbildung).


15.11.2005 | 16:04 | Alles wird besser | Sachen kaufen

The difficult second album


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Wer schon immer mal sehen wollte, wie Kate Winslet als katholische Nonne, die sich in atemloser Stille in einem Keller mit einer Gruppe Juden vor den Nazis versteckt hält und im letzten Augenblick durch ein unabsichtliches Husten verraten wird, schreiend vor Lachen zusammenbricht, weil Regisseur Ricky Gervais in dem Moment, als sich der Spürtrupp im Gang wieder entfernt, in einem Wiederholungstake die Anweisung ausgibt "This time, someone is going to fart", der bestelle sich "Extras" auf DVD, die Nachfolgeserie von "The Office" des britischen Autorenduos Ricky Gervais / Stephen Merchant.

Deren grossartiges, als Pseudodokumentation (mockumentary) über den Büroalltag konzipiertes Erstlingswerk "The Office" hat auch hierzulande einige Berühmtheit erlangt, nicht, weil die Serie im Fernsehen ausgestrahlt worden wäre, sondern vielmehr als Gegenstand eines angedrohten Rechtsstreits zwischen der BBC und Pro Sieben; die Schreiber von Pro Sieben hatten von der Idee bis zur Kameraeinstellung nahezu alles sehr schamlos (und schlechter) für die Serie "Stromberg" plagiiert.

Weil es oft vorkommt, dass die gesamte Kreativität und Innovation im Erstling verballert wird und man die bekannten Erfolgskonzepte nur neu aufwärmt, war man beim Nachfolger aufs Schlimmste gefasst – und wird angenehm überrascht: "Extras" braucht sich hinter "The Office" kaum zu verstecken. Gervais gibt erneut den Hauptdarsteller, diesmal den im Vergleich zum Office-Boss David Brent deutlich weniger widerlichen Schauspieler Andy Millman, der als Statist ("Extra") an diversen Filmsets erfolglos versucht, eine Sprechrolle zu ergattern und dem es schliesslich in der letzten Folge gelingt, das Drehbuch für eine Sitcom über seinen ehemaligen widerlichen Boss bei der BBC unterzubringen.

Der grosse Erfolg von The Office auch in den USA (man bekam sogar den Golden Globe für die Beste Sitcom) hat es Gervais/Merchant ermöglicht, diverse Grössen für Gastrollen zu verpflichten, unter anderem karikieren Ben Stiller, Kate Winslet, Samuel L. Jackson und Patrick Stewart sich selbst (oder sind nur sie selbst, was dann allerdings schlimm wäre, man weiss das nicht so genau).

Höhepunkte im Bonusmaterial ("Extras") sind neben dem oben erwähnten Winslet-Outtake sicherlich die etwa zwanzigminütige Videodokumentation, in der Gervais seinen Schnittassistenten mit immer neuen Masken und Tesabändern in entwürdigendster Art und Weise zupflastert und ihn dabei filmt sowie der vergebliche Versuch, in einem trostlosen Hotelzimmer die Telefonnummer der britischen Auskunft zu ermitteln, die eventuell über die Telefonnummer der Auslandsauskunft verfügt, die eventuell über die Telefonnummer des Managements von Leonardo di Caprio verfügt, das eventuell die Telefonnummer von Leonardo di Caprio rausrücken könnte.


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