Riesenmaschine

07.02.2006 | 05:39 | Alles wird besser | Papierrascheln

Fälschungsforschung


Verwandlungskünstler Oktopus
(Foto: marissa b. / Lizenz)
Das Fälschen, Lügen und So-tun-als-ob sind bei Mensch, Tier und Pflanze weit verbreitete Beschäftigungen. Stammzellenforscher und Raelianer täuschen Klonerfolge vor, Raupen geben sich als Blätter aus, E-Mail tut, als käme sie von der Postbank und der Rolex-Taucheruhr aus Bangkok fallen schon beim ersten Mal Duschen die Zeiger ab. Es ist Zeit, dass sich die Wissenschaft dieses Feldes nicht nur von der mitmachenden, sondern auch von der beschreibenden Seite her annimmt: "Plagiary: Cross-Disciplinary Studies in Plagiarism, Fabrication, and Falsification" heisst eine neue wissenschaftliche Zeitschrift, die sich schönen Themen wie "Textual Re-Use in Journalistic Domains", "Plagiarism and Identity Theft", "Government Intelligence Communities and 'Sexed Up' Dossiers" und "Case Studies in Religious Plagiary" widmet. Aber Vorsicht, das Mitmachen ist nicht so einfach, wie es erst mal klingt: "In submitting articles for consideration to Plagiary, authors and co-authors affirm that they are the author(s) (...) of such articles".

Diese Information wurde vorübergehend ausgeborgt beim Improbable Research Blog.


06.02.2006 | 13:19 | Supertiere | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Wer nicht beisst, kriegt Arschkrebs


Nichtraucher und trotzdem gearscht: eine Teufelei. (Foto: dantaylor) (Lizenz)
"Wer nicht raucht, kriegt Arschkrebs", maulte damals der angepflaumte Raucher in Jean-Marc Reisers Zeichnung zurück, lustig und befreiend, wenn auch moralisch ein wenig unschön. Reiser selbst starb 1983 an Knochenkrebs, und auch das, wie Krankheit und Siechtum im Allgemeinen, ist nicht eben schön in irgendeinem Sinne des Wortes. Schön gefunden werden auch die zu den Beuteltieren gehörenden tasmanischen Teufel nur von einigen wenigen Connoisseuren. Die Hetzkampagne gegen die drolligen Tiere mit dem markanten Unterkiefer wird seit der Besiedlung Tasmaniens durch schaffreundliche Europäer geführt, und nur knapp entgingen die lustigen Racker dem Schicksal des längst ausgetilgten tasmanischen Tigers.

Seit 1941 stehen die armen Teufel unter Naturschutz, was irreführenderweise aber rein gar nicht vor den Amokläufen der Natur selbst schützt, die der Teufelpopulation schon seit Jahren mit unschönem Gesichtskrebs zu Leibe rückt.


Biting kills! (Foto: Nature)
Wie Nature nun berichtet, wird dieser Gesichtskrebs durch kameradschaftliche Bisse, sogenanntes Sozialgebeiss, übertragen. Schade, dass die Teufel keinen Zeichner haben, der die Überschrift dieses Beitrags in einen Cartoon verwandelte. Womöglich wäre ihnen dann die ganze unschöne Scheisse ein wenig leichter zu ertragen.


05.02.2006 | 13:37 | Alles wird besser | Was fehlt

Baustoff Luft

Das sogleich folgende Bild zeigt nicht nur den Gewinner der Bronzemedaille des Wettbewerbs "Unbeholfene Anleitungsgrafik 2005", sondern illustriert auch die Erfüllung eines alten Menschheitstraums, nämlich, das Unaufblasbare aufblasbar zu machen. Wir sehen ein Betonhaus zum Aufblasen.

Betonballon (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Das Wort "Haus" in Betonhaus ist eine Idee übertrieben, es handelt sich eher um ein Betonzelt, aber immerhin. Es wiegt unaufgepustet 230 Kilogramm und wird danach mit Wasser und chemisch erzeugter Pusteluft in die Form eines riesigen Dresdner Weihnachtstollens gebracht. Nach zwölf Stunden ist das Betonzelt so hart wie ein Dresdner Weihnachtsstollen nach zwölf Tagen. Dann hält das Zelt bis zum Ende der Welt, oder, um es ungereimt zu sagen, etwa zehn Jahre, dabei ist es erdbebensicher und überhaupt sehr praktisch.
Das Concrete Canvas genannte Ding (Quelle: Technovelgy) ist bisher noch nicht mal ein Prototyp, sondern eine Idee von zwei etwa 14-jährigen Designstudenten in England, die zwar mit Preisen überhäuft werden, aber trotzdem noch immer einen Finanzier für die Massenproduktion suchen.

Warum nur ist die Welt noch nicht reif für viel mehr Aufblasbares, warum ist bei durchsichtigen Sesseln und undurchsichtigen Frauen bisher Schluss? Wieso sind noch keine Fahrräder, Autos, U-Bahnen, Schlösser aus Luft ins Blickfeld der begehrenden Öffentlichkeit gerückt? Weshalb hört man ständig von Abgeblasenem (WM-Gala) und Aufgeblasenem (Karikaturen) und so gut wie nie von Aufblasbarem? Ein Medienboykott?


04.02.2006 | 00:45 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

hitherto unobserved


Risque: Nelke links, Veilchen rechts (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Als Charles Wheatstone im Jahr 1838 der Royal Society in London sein frisch erfundenes Stereoskop vorstellte, überschrieb er seinen Aufsatz mit "On some remarkable, and hitherto unobserved, phænomena of binocular vision". Man muss sich zwar ein wenig wundern, dass es Jahrtausende dauerte, bis mal jemandem auffiel, dass die Welt entschieden anders aussieht, wenn man mal ein Auge zudrückt. Aber kaum war die Beobachtung gemacht, schon sprossen überall ulkige Stereofotos aus den Journalen. Bäume, Häuser, nackte Menschen, den Bildern waren plötzlich keine Grenzen mehr gesetzt.

Hundert Jahre länger dann dauerte es, bis jemandem auffiel, dass der Mensch nicht nur zwei Augen, sondern ja auch zwei Ohren hat, und das Stereoding also womöglich auch mit Geräuschen klappt. Um 1940 stellte Western Electric die erste Stereoanlage vor. Endlich konnte man hören, dass das Triangel neben der Pauke sitzt und ob der Bassist links oder rechts vom Gitarristen steht. Unendlicher Hörgenuss!


Eine hier, eine daneben. Riecht man doch (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Weitere siebzig Jahre später ist heute, und wieder steht ein Durchbruch auf der Tagesordnung. Wissenschaftlern ist jetzt nämlich aufgefallen, dass die meisten Menschen nicht nur zwei Augen und Ohren, sondern auch zwei Nasenlöcher im Kopf haben. Heutzutage piesackt man Ratten, wenn man was über Menschen wissen will, und tatsächlich: Ratten riechen Stereo. Noch duftet die Nachricht wie ein frischgepflückter Blumenstrauss, aber man darf sicher sein, dass in irgendwelchen finsteren Produktdesignerkellern Schimpansenhorden längst an Weinen mit Stereobouquet arbeiten, und an Stereoparfümen in originellen Flakons.

Die nächste Durchbruchsmeldung, "Mann mit gespaltener Zunge schmeckt Stereo", versteht man leider erst, wenn in ein paar Jahrzehnten die Zeit reif ist und der richtungsschmeckende Komodowaran die Ratte als Versuchskarnickel abgelöst hat. Habt Geduld.


03.02.2006 | 15:57 | Berlin | Alles wird besser | Alles wird schlechter

BVG goes Ballermann


Ilona & Peter wünschen den Berliner Verkehrsbetrieben
viel Erfolg bei der Neugewinnung von Kunden und
den Hörern des Titels viel Freunde bei diesem "Ohrwurm". (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wer für einen gummierten Fetzen Papier 650 Euro ausgibt, ist entweder Briefmarkensammler oder BVG-Kunde oder bescheuert, manchmal auch alles auf einmal. Wie um letzteres zu bestätigen, gibt die BVG ihren hochgeschätzten Abonnementkunden 2006 noch ein Geschenk obendrauf: einen Gutschein für eine CD mit dem BVG Abo-Song, einzulösen in jedem Servicecenter, solange der Vorrat reicht.

Der Song ist – wie nicht anders zu erwarten – absolut unterirdisch, der Text gleisbetterschütternd:

Willst du ins Hardrock-Café gehn / oder brauchst du Fitness pur
Im Revuetheater 'ne Show ansehn / ins Museum zur Kultur
Ob Grossereignis und Event / das ist ganz einerlei
Mit deinem Abo der BVG / bist du überall mit dabei

Refrain:
Da kannste fahren, sparen und noch vieles mehr
Und wenn du willst, dann steppt für dich sogar der Berliner Bär
Da kannste fahren, sparen, und was nicht jeder weiss
Du bekommst die ganze Stadt zum Sonderpreis

Musikalisch muss man sich das Ganze in etwa so vorstellen, als ob Mickie Krause eine U-Bahn von Berlin nach Arenal baut. Das durch Corporate Hymns verbreitete Grauen mag grenzenlos sein, doch da ist Licht am Ende des Tunnels: in England, wo man traditionell in praktisch allen Bereichen immer ein paar Schritte weiter ist, gibt es bereits erste Customer Hymns.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Drama Firmensongs geht weiter

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (9)


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Minus: 14, 59, 119, 146, 176, 189
Gesamt: 3 Punkte


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