Riesenmaschine

15.11.2005 | 16:04 | Alles wird besser | Sachen kaufen

The difficult second album


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wer schon immer mal sehen wollte, wie Kate Winslet als katholische Nonne, die sich in atemloser Stille in einem Keller mit einer Gruppe Juden vor den Nazis versteckt hält und im letzten Augenblick durch ein unabsichtliches Husten verraten wird, schreiend vor Lachen zusammenbricht, weil Regisseur Ricky Gervais in dem Moment, als sich der Spürtrupp im Gang wieder entfernt, in einem Wiederholungstake die Anweisung ausgibt "This time, someone is going to fart", der bestelle sich "Extras" auf DVD, die Nachfolgeserie von "The Office" des britischen Autorenduos Ricky Gervais / Stephen Merchant.

Deren grossartiges, als Pseudodokumentation (mockumentary) über den Büroalltag konzipiertes Erstlingswerk "The Office" hat auch hierzulande einige Berühmtheit erlangt, nicht, weil die Serie im Fernsehen ausgestrahlt worden wäre, sondern vielmehr als Gegenstand eines angedrohten Rechtsstreits zwischen der BBC und Pro Sieben; die Schreiber von Pro Sieben hatten von der Idee bis zur Kameraeinstellung nahezu alles sehr schamlos (und schlechter) für die Serie "Stromberg" plagiiert.

Weil es oft vorkommt, dass die gesamte Kreativität und Innovation im Erstling verballert wird und man die bekannten Erfolgskonzepte nur neu aufwärmt, war man beim Nachfolger aufs Schlimmste gefasst – und wird angenehm überrascht: "Extras" braucht sich hinter "The Office" kaum zu verstecken. Gervais gibt erneut den Hauptdarsteller, diesmal den im Vergleich zum Office-Boss David Brent deutlich weniger widerlichen Schauspieler Andy Millman, der als Statist ("Extra") an diversen Filmsets erfolglos versucht, eine Sprechrolle zu ergattern und dem es schliesslich in der letzten Folge gelingt, das Drehbuch für eine Sitcom über seinen ehemaligen widerlichen Boss bei der BBC unterzubringen.

Der grosse Erfolg von The Office auch in den USA (man bekam sogar den Golden Globe für die Beste Sitcom) hat es Gervais/Merchant ermöglicht, diverse Grössen für Gastrollen zu verpflichten, unter anderem karikieren Ben Stiller, Kate Winslet, Samuel L. Jackson und Patrick Stewart sich selbst (oder sind nur sie selbst, was dann allerdings schlimm wäre, man weiss das nicht so genau).

Höhepunkte im Bonusmaterial ("Extras") sind neben dem oben erwähnten Winslet-Outtake sicherlich die etwa zwanzigminütige Videodokumentation, in der Gervais seinen Schnittassistenten mit immer neuen Masken und Tesabändern in entwürdigendster Art und Weise zupflastert und ihn dabei filmt sowie der vergebliche Versuch, in einem trostlosen Hotelzimmer die Telefonnummer der britischen Auskunft zu ermitteln, die eventuell über die Telefonnummer der Auslandsauskunft verfügt, die eventuell über die Telefonnummer des Managements von Leonardo di Caprio verfügt, das eventuell die Telefonnummer von Leonardo di Caprio rausrücken könnte.


14.11.2005 | 20:23 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt | Sachen kaufen

Hackenporsche für Afrika


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wasser holen, Kochen, Waschen, Feldarbeit, Kinder kriegen, waschen und füttern – Afrikas Frauen stemmen so einiges. Zumindest ihre tragende Rolle beim Wasserholen könnten sie jedoch bodennah ablegen – mit dem Hippo Water Roller, einem 90 Liter Fass, mit dem sich mehr Wasser mit weniger Kraft und in kürzerer Zeit transportieren lässt als auf die traditionelle Art und Weise. Die so einfache wie geniale Erfindung verbessert nicht nur die Wasserversorgung und somit auch die Ernteerträge, sie schont auch den Rücken und erhöht bei korrekter Benutzung (schieben!) die Überlebenschancen in verminten Gebieten.
Den Hippo Water Roller gibt es bereits seit 1996, trotzdem haben auch diverse Design-Blogs erst kürzlich davon erfahren. Warum sich trotz Spenden grosser Konzerne bisher weder die original Hippo Roller noch improvisierte Nachbauten welt- oder auch nur afrikaweit durchgesetzt haben, warum man die Dinger nur Familien im relativ wohlhabenden Südafrika spenden kann, all das bleiben ungooglebare Rätsel. Wer trotzdem für 60 US-Dollar einer südafrikanischen Frau den Kopf für andere Dinge als Wasser frei machen will, kann das hier tun.

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


10.11.2005 | 16:38 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Mietsachen


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es sollte viel mehr Dinge zum Mieten geben. Das gilt sowohl für Gegenstände, die man so selten braucht, dass sich ein Kauf wirklich nicht lohnt (Kochtopf, Spiegel, zweiter Stuhl) als auch für Sachen, die man sich unter normalen Umständen allenfalls im Traum zulegen würde, zum Beispiel Hubschrauber, Panzerfaust oder einen echten Hauselch. Aus Prinzip sollte man aber auch Dinge mieten können, die man eigentlich nie braucht, zum Beispiel ein Dorf. Und weil zumindest das Letztgenannte seltsamerweise schon funktioniert, aber noch viel zu wenig populär ist, weisen wir hiermit einigermassen begeistert auf Rent-a-Village hin, das nicht nur Mondsee, Trittenheim und Pertisau, somit Dörfer in zwei verschiedenen Ländern vermietet, sondern auch schon den nächsten Schritt vollzogen hat und ein komplettes Land anbietet. Ok, es handelt sich nur um Liechtenstein (siehe Bild), aber dafür kostet es auch nur eine Viertelmillion (pro Tag natürlich). Man würde annehmen, dass man sich mit einem so hervorragenden Schachzug vor Kunden nicht retten kann, aber erst 2006 wird Liechtenstein das erste Mal komplett vermietet werden (übrigens anlässlich der 750-Jahr-Feier der Riesenmaschine, was aber niemand wissen darf). Als nächstes würden wir gern die Bahamas mieten (schön warm da), dann vielleicht Litauen oder das Mekong-Delta, die Internationale Raumstation, Area 51, das Great Barrier Reef, oder halt einfach einen Flugzeugträger im Persischen Golf. Übrigens: Wir vermieten neuerdings die komplette Riesenmaschine; 400 Dollar pro Person und Tag, mindestens 150 Personen, halber Preis für Kinder und Informatikstudenten.


10.11.2005 | 02:00 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Super Schlange Stehen II


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Der Realitätsbezug von Computerspielen ist traditionell gering gehalten. Früher verhalf man Klempnern zu Prinzessinnen und kämpfte gegen Riesenaffen, spielte Ritter, Igel oder Gott und durchstöberte von sprechenden Tentakeln bevölkerte Gutshäuser. Mit zunehmend besserer Grafik stieg dann zwar der Realitätsgrad der simulierten Welten, was die Wiedergabe tatsächlich gelebter Alltagserfahrungen betrifft, sieht es aber bis heute mau aus. Wessen typischer Tagesablauf ist es schon, in einem Verlies zweihundert Leute abzuknallen, danach erfolgreich einen Vergnügungspark zu leiten und am Abend schnell noch Fussball-Weltmeister zu werden?

Abhilfe schaffen nun Persuasive Games, die für Nokia-Handys das Spiel Airport Insecurity veröffentlicht haben (gefunden bei Kotaku). Hierbei kommt dem Spieler die Aufgabe zu, durch die Sicherheitskontrollen der 138 grössten Flughäfen der USA zu gelangen. Die Spielregeln basieren auf den aktuellen Sicherheitsbestimmungen für US-Airports und so ist man die meiste Zeit damit beschäftigt, Schlange zu stehen und rechtzeitig verdächtiges Zeug aus den eigenen Hosentaschen loszuwerden – womit Airport Insecurity zugleich das erste Computerspiel sein dürfte, das der Spielende in absolut der gleichen Situation wie der von ihm gesteuerte Charakter absolvieren kann.


06.11.2005 | 21:29 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Blitzerhacking


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Einer der unbestreitbar grössten Vorteile der Werbung ist, dass sie Menschen die Chance auf eine hochbezahlte Arbeitsstelle gibt, die früher wegen ihrer wirren Ideen auf dem Scheiterhaufen gescheitert wären. Der Alltag dieser Kreativen ist genau, wie man sich ihn vorstellt: Drogendurchsetzt, übersexualisiert, kalauerdurchwirkt, geprägt von Beschäftigungssurrogaten: Chat, eBay, Riesenmaschine. Ungekämmte, lebensuntüchtige Verpeiler tun im Schnitt 80 Stunden die Woche, als seien sie kurz vor dem Durchbruch zur endgültigen, absoluten, weltverändernden Über-Idee und versuchen dabei, neue Minesweeper-Rekorde aufzustellen, bevor sie ab 16.00 Uhr endlich offiziell im Büro Alkohol trinken dürfen ("Bier ab vier"). Das grosse Geheimnis, weshalb diese Kreativen noch immer ihren hochbezahlten Jobs nachgehen dürfen, liegt in der Tatsache, dass ihnen ab und an eine wirklich sehr supere Idee gelingt. Warum weiss niemand, aber einen Gott scheint es nicht zu geben, denn welches denkende Wesen würde so was zulassen?
Die nebenstehenden Fotos zeigen jedenfalls eine verhältnismässig geniale Werbeidee von der Sorte "warum ist mir das nicht eingefallen", der höchsten Stufe direkt vor "ganz okay, kann man so machen" (Kreative sind unfassbar neiderfüllt, was Ideen angeht). Sie entstand in der Agentur Scholz & Friends und ist ärgerlicherweise wirklich verdammt gut. Personen von herausgeforderter Verständnisdynamik sei noch einmal kurz erklärt, was hier vor sich geht. Ein mobiles Plakat der Firma Fixfoto wird so auf der Strasse aufgestellt, dass es auf dem Foto zu sehen ist, wenn Autofahrer geblitzt werden. Das Foto wird dem Verkehrssünder im Amtsbrief zugeschickt und dürfte so die einzige Werbesendung mit 100% Erreichungsquote sein. Natürlich wird niemals auch nur einer der stocksauren Brieföffnenden auch nur ein halbes Foto bei Fixfoto für 4,5 Cent erwerben. Aber die Idee, die ist verdammt gut. Fuck.

(Quelle: ADC Jahrbuch 2005)


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