Riesenmaschine

17.01.2007 | 01:07 | Alles wird besser | Was fehlt | Zeichen und Wunder

Stimulation zu Hause und unterwegs

Eines schönen Tages, vielleicht mit 16, erkennt man, dass das menschliche Leben ja nur ein biochemischer Prozess ist, alles nur Hormone und Enzyme. Der Schulhof ist ein paar Minuten schockiert. Später sieht man ein, dass zum Leben ja noch mehr gehört, zum Beispiel elektromagnetische Ströme in den Nervenbahnen. Diese lassen sich gut manipulieren, nicht nur durch scharfes Nachdenken, sondern auch durch transkranielle magnetische Stimulation (TMS) wie sie seit vielen Jahren Anwendung findet und hier schon beleuchtet wurde.

Noch wird TMS hauptsächlich zur Forschung eingesetzt. So haben beispielsweise kürzlich Schweizer Wissenschaftler Probanden mittels wiederholter TMS stimuliert und kamen zu dem Schluss, dass die rechte dorsolaterale präfrontale Kortex an der Umsetzung von Fairness-gesteuertem Verhalten beteiligt ist. Der Scientific American unkte im Zusammenhang mit der Schweizer Studie, dass die Technologie wohl noch in Verkaufsräumen installiert wird. Aber man wird ja nicht nur die Fairness des Gegenübers herabsetzen wollen, sondern hauptsächlich eigene unliebsame Hirnregionen lahmlegen, um wieder unbeschwert man selbst zu sein.


Eigentlich immer eine gute Idee. Foto: _sarchi mit Unterstrich
Moderne Geräte weisen bereits den Formfaktor eines Autotelefons auf, und die paar Spulen und Batteriequelle sollten sich eines Tages auch bequem im Klotz in der Hosentasche wiederfinden lassen, den die Älteren dann noch Telefon nennen.

Für den Fortschritt der Mobiltelefonerfinderbrache ist es ohnehin unabdingbar, nicht nur immer Haushaltsgeräte in die neuen Telefone zu integrieren, sondern besser tolle neue Gadgets, die es bisher nur im medizinischen Fachhandel zu erwerben gibt.

Wenn einem das zu teuer ist, kann man sich die Zeit bis dahin hoffentlich mit OpenStim verkürzen, einem Zusammenschluss von Forschern, die ein solches Gerät für nur 400$ an Materialkosten zu entwickeln suchen. Die Ziele sind hehr: Mittels TMS kann so ein jeder zu Glücksgefühlen kommen, ganz ohne Nikotin, Heroin und Saccharose. Wie es scheint sind aber noch eine ganze Reihe von Hirnverbesserungen inkl. Gedächtnisupgrade "drin".

Der Einsatz der Technologie ist ethisch-moralisch-gesetzlich nicht unumstritten, schliesslich sind selbst herkömmliche Geräte überwiegend nicht für den therapeutischen Einsatz vorgesehen. Zur Markteinführung rollt dann eine neue Welle von Regulationen auf uns zu, die uns untersagen, den Klotz auf hinten-links anzusetzen, wo man lieb und brav wird (geraten), bzw. hinten-zentral auf halber Höhe nur im Raucherlokal.

Investoren in diese Technologie sollten sich jedenfalls frühzeitig mit den juristischen Konsequenzen auseinandersetzen. Es wird schwierig werden, Geld von jemandem einzuklagen, dem man durch möglicherweise fehlerhafte Stimulation des Fairnessempfindens praktisch den Rat gegeben hat, nicht zu bezahlen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Brathirn, selbstgemacht


16.01.2007 | 11:51 | Anderswo | Alles wird besser

Nerds pflastern den Weg


"Das Zukunftskapital einer Gesellschaft ist ihre Jugend" (Initiative für Beschäftigung). (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Dass die Jugend verkomme und verderbe, sich haltlos Drogencocktails und nackten Computermäusen zuwende und Konsum und seelischer Ausgehöhltheit den Vorzug gebe vor der moralischen Besserung des Selbst wie des Menschengeschlechtes und der erbauenden Erhebung ihrer Mitmenschen durch die Schaffung von Kunst und Kultur, kann nur jemand behaupten, der den Gummibärchennachbau der Schlacht von Helms Klamm noch nicht gesehen hat. Alle anderen sind nach dem Gucken nämlich so zuckersatt, dass sie derart kulturpessimistischen Quark nicht mal aus Russischbrotbuchstaben nachlegen könnten, ohne dass ihnen sehr speiübel würde davon.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Essbare Städte von morgen


15.01.2007 | 13:36 | Alles wird besser

Buchdruckausgleich


Der Weg zum eigenen Buch ist klobig. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Welt ist ungerecht: Bücher lesen lernt jeder in der Schule, Bücher schreiben kann nur, wen Verlage für würdig befinden. Die Firma Ondemandbooks arbeitet an dem nebenstehenden Gerät namens "Espresso", das in dieser Hinsicht weltverbessernd wirken soll. Es stellt Bücher ab einer Auflage von eins bis zu einer Auflage von zwei gleichzeitig her und braucht dafür nur eine Textdatei, ein Coverbild, sieben Minuten und keinen Verlag. Es wird demnächst im üblichen Sinne von irgendwann auf den Markt kommen und 50.000 Dollar kosten. Das ist zwar mehr als die fünfhundert Euro für einen Satz Bücher bei Books on Demand, dafür kann man aber auch behaupten, den Do-it-Yourself-Weg ganz bis zu Ende gegangen zu sein. Wenn man das Buch selbst dann auch noch liest, jedenfalls. Abgesehen davon bekommt der zukünftige Käufer sicher viele Karmapunkte in der wichtigen Kategorie "liebevolle Unterstützung hässlicher Maschinen".


15.01.2007 | 01:13 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Tabula rasa var. extensa

Ach, wäre doch alles in Leben und Welt wie diese schönen Tische. Fein anzuschauen, mit einer polierten Oberfläche aus edlem Holz und anmutigen Rundungen, dem Auge und dem Herzen ein Wohlgefallen. Und wenn man sich am Tisch in dieser Form satt gesehen hat, beziehungsweise wenn einem umgekehrt zu wenig Tisch da ist, und man also nicht satt gesehen geworden ist, dann zückt man das Universalwerkzeug Grabbelpfote, fuhrwerkt für ein paar Sekunden zart herum, und wundersame und schöne Dinge geschehen, aus der Mitte entspringt ein Stern, und alles fügt sich nahtlos zu einem merklich grösseren Ganzen wieder zusammen. Ach, wäre doch alles so wie dies..., ah, steht ja oben schon.


14.01.2007 | 17:52 | Alles wird besser

Zur Hölle: Fünf Minuten

Zum längst fälligen Relaunch ihrer Website hat sich das Bulletin of the Atomic Scientists etwas Besonderes einfallen lassen – und stellt ihr Trademark-Gimmick, die Doomsday-Clock von sieben auf fünf Minuten vor zwölf. Damit sind wir so dicht am Weltuntergang wie seit 1984 (Frankreich wird Fussballeuropameister) nicht mehr. Überhaupt, selbst 1947 war es angeblich sicherer auf der Atomwelt, obwohl da noch viel mehr Nazis frei herumliefen. Nun ist das Kausalprinzip, soviel weiss man schon lange, "tiefe 80er" (Anselm von Canterbury), und Atome machen seit einiger Zeit sowieso, was sie wollen. Aber sind fünf Minuten nicht etwas phantasielos knapp, gemessen an den ungünstigen Dingen, die man sich noch ausdenken könnte, bevor blowing up in smoke und all das? Oder sollte es umgekehrt hoffnungsfroh stimmen, dass die Uhr jetzt nur noch maximal vier Mal vorgestellt werden muss, bevor endlich wieder Atomfrühling werden darf? Andererseits, irgendjemand muss die Arbeit machen, so ein Planet verschwindet ja nicht von alleine. William S. Burroughs: No job too dirty for the fucking scientists.


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