Riesenmaschine

03.01.2007 | 17:20 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Blindfahrt


Augenbewegungen machens möglich.
(Foto: nate2000)
Wer fahren will, muss hingucken. In Neuseeland wurde kürzlich einem Blinden das Fahren verboten, weil er gegen dieses simple Naturgesetz verstossen, das Steuer von einem betrunkenen Freund übernommen und an seiner statt den Wagen gegen eine Wand gesetzt hatte. Wer sich nun aber die Hände reibt, zu Fäustchen ballt und neuseelandfeindlich hineinlacht, weil ja ein Blinder sowieso nicht fahren kann und man ihm das deshalb auch nicht verbieten muss, sollte vielleicht mal über folgende neue Information aus der Welt der Wissenschaft nachdenken: schon länger ist bekannt, dass Autofahrer vor dem Kurvenlenken Richtung Kurve spähen, und dass dieses Vorspähen das Lenken erleichtert. Neu ist die Einsicht, dass es dabei offenbar gar nicht ums Kurvesehen, sondern um die Augenbewegung selbst geht – macht man nämlich die Kurve unsichtbar, hilft das Hingucken trotzdem. Jetzt müsste man den Versuch wohl mit komplett Blinden wiederholen, aber die dürfen ja leider nicht fahren.


02.01.2007 | 21:21 | Alles wird besser | Listen

Programmhinweis mit Riesenmaschinen


Foto von Alexander Somna (Lizenz)
Einer unserer guten Vorsätze für 2007 ist eine stärkere Besinnung auf die Riesenmaschine-Kernkompetenzen, zu denen u.a. Riesenmaschinen gehören. Deshalb empfehlen wir uneingeschränkt die aktuelle Ausgabe von Galileo (das ist so etwas wie die Sendung mit der Maus für Erwachsene, von der man immer aus Versehen den Anfang guckt, weil sie direkt nach den Simpsons kommt), wo es einen lieblos aus alten Archiv-Mazen zusammengeklebten exklusiv und hochaufwändig recherchierten Beitrag mit den sieben seltsamsten Riesenmaschinen aus deutschen Fabrikhallen zu sehen gibt. Mit dabei sind zeitlose Klassiker wie der Apfelwhirlpool, die Eiertrennmaschine und die Brezelschlingmaschine. Leider kam die Sendung heute Abend um 19 Uhr, aber das macht nichts, denn sie wird morgen früh um sieben noch mal ausgestrahlt. Und wer die Arbeitsweise von Magazin-Redaktionen in den grossen privaten Senderverbänden kennt, ahnt schon, dass es auch danach noch ein paar Chancen geben wird.


02.01.2007 | 17:34 | Alles wird besser | Was fehlt | Sachen kaufen

Automatisierung aller Autoautomaten


Neu mit Solala-Energie. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die gute alte Parkuhr, das macht man sich oft nicht klar, existiert nur in unserer fälschlich Erinnerung genannten Verklärungsanlage im Kopf, denn in Wirklichkeit handelte es sich um eine schlechte, alte Parkuhr. Parkgebühren sind vollkommen akzeptabel, die Strasse hat lange genug nur so herumgelegen und es höchste Zeit, dass sie sich endlich selbst finanziert. Der schmerzimpogewordene Begleitumstand zu den alten Parkuhren war jedenfalls, neben ihrem unnachgiebigen Diskussionsverhalten, die lästige, sture Münzfixierung.

Damit ist es in Berlin nun vorbei, die Parkautomaten können mit EC-Karten bezahlt werden. Karte hineinstecken, je geplanten drei Minuten Parkzeit einmal auf ein Knöpfchen drücken, fertig. Fünf Cent je drei Minuten werden vom Konto abgebucht und wenn man Anarchist ist, kann man mit seiner EC-Karte an jeden Automaten gehen, immer drei Minuten eingeben und so die Stadt pleiteparken, denn der Verwaltungsvorgang kostet sicher viel mehr als fünf Cent. Und wieder ist die Welt ein Stück schöner, schneller, automatischer und gadgetiger geworden. Wir werden nicht ruhen bis zur totalen McGyverisierung des Alltags, bis man mit einem einzigen Universaltool busfahren, einkaufen, orgelspielen, radfahren, Plätzchen backen und fliegen (endlich!) kann.


01.01.2007 | 15:44 | Nachtleuchtendes | Alles wird besser

Der Strahltriebwerksmann


Vogel? Flugzeug? Bring 'em on. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wer schon mal aus einem Flugzeug gefallen ist, kennt die Standard-Überlebenstipps: Beine zusammenkneifen, gut an jemandem mit einem Fallschirm festhalten oder am Ende erst eine Araukarie entasten und dann in einen Heuhaufen mit Gummimatratzenkern fallen. Zu den exzentrischeren Rettungsmassnahmen hingegen muss die Mitnahme eines Doppelflügels mit dreieinhalb Metern Spannweite und vier Strahltriebwerken drunter gerechnet werden, mit dem man dann zum Beispiel in hübschen Videofilmen dekorativ durch die Alpen brausen kann (Ton unbedingt abschalten). Wenn Yves Rossy – Jet-Man – jetzt noch Laserkanonen an seinen Flügel montierte, könnte er sich in einer tragisch-dramatischen Wendung unmittelbar nach dem Abwurf gleich an dem Sportflugzeug rächen, das ihn da ausgestossen hat, um dann den Rest seines Lebens unter der monumentalen Schuld zu leiden, und die kommerziellen Luftfahrtwege deshalb zu terrorisieren. Bis Schuhsohlenbombenmann kommt und ihn unerwartet aus der Luft pustet.


31.12.2006 | 13:04 | Alles wird besser

Avatar unser


Als sie die Avatare holten, habe ich geschwiegen,
denn ich spielte ja Halo. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die quantenmechanische Binsenweisheit, dass man nichts beobachten könne, ohne es im Prozess dieser Beobachtung auch zu verändern, gewinnt besondere Relevanz, wo solche Veränderung durchaus nicht im Interesse der so Beobachteten liegt, also bei Tier- und Menschenversuchen. Den meisten Organismen nämlich ist die Forschungsteilnahme ein rechter Dreck, aus dem sie oft körperlich unvollständig oder ganz defekt wieder ans Licht treten. Zahlreiche Experimente, die man vor ein paar Jahrzehnten noch mit Begeisterung durchführte, gelten heute als fragwürdig, weil man sich, zum offenbar ersten Mal in der Geschichte der Wissenschaft, neuerdings fragt, wie sich die Welt dabei fühlt, wenn man in ihr rumstochert. Unter die Versuche, die man heutzutage von keiner Ethikkommission mehr genehmigt bekäme, zählen Klassiker wie das Stanford-Prison- und das Milgram-Experiment. Sehr schade, dass man niemanden mehr derart triezen kann, denn die Ergebnisse beider Versuche sind faszinierend und waren wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Erkenntnis, dass der Mensch auch nur so ein idiotischer Affe sei.

In den Schulen gibt es ja seit längerem Bestrebungen, die Vivisektion von Fröschen gegen Froschsektionsvideos und interaktive Froschzerschneidungssoftware auszutauschen. Dieser löbliche Trend, das Leid durch seine Simulation zu ersetzen, ist jetzt auch in die Psychologie geschwappt, wo ein Team um Mel Slater das Milgram-Experiment virtuell nachgebaut hat – mit dem feinen Unterschied, dass die von den Probanden Gefolterten nun keine Schauspieler, sondern Computersimulationen sind. Interessanterweise verstört das Foltern komplett erfundener Pixelbündel die Probanden qualitativ genauso wie das richtiger Menschen. Somit ist die virtuelle Version des Experiments dem Original gleich zweifach gewachsen. Ethisch ist es fast ebenso fragwürdig – der Haupteinwand gegen Milgram ist ja das Unwohlsein, das bei den Probanden ausgelöst wurde – und die vermittelte Erkenntnis ist ähnlich unschön – was den Milgram-Probanden damals Stress verursachte, war offenbar nicht das Wissen, dass ihr Tun jemandem schadete. Höchste Zeit, dass die Simulation, in der wir leben, ein Upgrade bekommt.


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