Riesenmaschine

21.12.2005 | 21:33 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Bakteerien


Tee, grün, aromatisiert (Foto: Joyseph)
Die Teenager-Jahre sind vor allem deswegen schlimm, weil man ständig im Kinderzimmer von angebeteten Klassenkameradinnen sitzt, Erdbeer-Sahne-Tee aus dem Leonardo-Glas schlürft und dabei Gestik und Mimik eines Geniessenden imitieren muss. Dank einer Initiative des "Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)" gibt es nun die einmalige Chance, die tiefenpsychologischen Folgen dieser Seelenpein zu lindern. Denn eben jenes hilfreiche Institut warnt jetzt vor lauwarm aufgegossenen Tees. Nur bei ausreichender Wassertemperatur und Ziehdauer sei gewährleistet, dass die in manchen Tees vorhandenen Bakterien, Hefen oder Schimmelpilze abgetötet werden. Damit steht unzweifelhaft fest: Tee schmeckt nicht nur scheisse, es gibt auch gute Gründe dafür, nämlich offenbar Schimmelpilze, Hefen und Bakterien. Man würde ja auch kein Ei hart kochen und essen, von dem man wüsste, dass es im Rohzustand Salmonellen enthielte. Danke, BfR! Aber wofür zum Teufel ist Eure Unterabteilung 3Z ("Experimentelle Tierhaltung", Leitung Prof. Spielmann) zuständig?


18.12.2005 | 06:21 | Anderswo | Alles wird schlechter

Save the Hoodie


In England verboten: der Sensenmann (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Seit vielen Jahrhunderten wird das Kapuzenshirt, englisch Hoodie, von Minderheiten wie Mönchen, Rotkäppchen, Hooligans und Jugendlichen verehrt und verwendet. Damit muss Schluss sein, sagen nun viele besorgte Engländer aus unbestimmten Gründen. Schon seit längerem leisten sich Englands Polizei und Geheimdienste den etwas eigenwilligen Spleen, einfach alles über jeden herausfinden zu müssen. Als ein Nebenergebnis dieser Philosophie erhalten die Briten fast alleine die Videokameraindustrie am Laufen: Zwanzig Prozent aller weltweit installierten Überwachungskameras, insgesamt vier Millionen Systeme, stehen in Grossbritannien. Desweiteren legt man sich zur Zeit ein ganzes Arsenal an scharfen, sogenannten Anti-Terrorgesetzen zu, die das Leben im Land unkomplizierter gestalten werden – es ist dann einfach fast alles verboten. Im Zuge dieser Entwicklung ist es nur naheliegend, dass auch die Kapuze ins Schussfeuer gerät, schliesslich hat die englische Obrigkeit, zum Beispiel der Sheriff von Nottingham, schlechte Erfahrungen mit Kapuzenträgern gemacht, insbesondere im Wald von Sherwood. Die englische Labour-Regierung unterstützt daher offen, wenn auch etwas dümmlich, dass Einkaufszentren und Schulen neuerdings das Tragen von Kapuzenshirts verbieten. Seltsam ist, dass sich gerade die Kapuzenträger mit Nachdruck wehren, zum Beispiel im Rahmen der "Save the Hoodie" Kampagne von Lady Sovereign. Womöglich wurde hier ein entscheidender Nerv getroffen – solange sie dabei eine Kapuze tragen dürfen, ist Engländern offenbar alles egal. Vielleicht sollte man die empfindlichen Hoodies lieber in Ruhe lassen, immerhin gibt es wesentlich effektivere Varianten, das Gesicht zu verbergen, die ebenfalls noch nicht verboten sind, zum Beispiel Sonnenbrillen, Atemschutzmasken oder einfach Haare im Gesicht. Na los, England, dagegen muss man doch was unternehmen.

Aleks Scholz | Dauerhafter Link


17.12.2005 | 18:22 | Anderswo | Alles wird schlechter

Das Waldemar Massaker


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nachdem dem türkischen Schriftsteller Orhan Parmuk momentan der Prozess gemacht wird, weil er das türkische Volk verunglimpft hat, indem er an das Massaker an den Kurden und Armeniern erinnerte, erinnern wir uns an einen anderen ca. neun Jahre zurückliegenden Fall von Volksverunglimpfung, als nämlich der Kärntner Lokalpolitiker Jörg Haider, mühsam seinen Neid unterdrückend, dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Franz Vranitzky vorwarf, er sei "der Weltmeister im Belügen der Österreicher". Der deutsche Dramatiker Max Goldt setzte noch eins drauf, indem er fragte, ob diese Meisterschaft jedes Jahr ausgeübt werden würde. Er wollte nämlich auch gerne einmal mitmachen, und proklamierte in einem offenen Brief an das Volk, dass die Jahrtausendwendenfeier erstens bereits am 1.1.1997, und zweitens nicht wie üblich auf dem Stephansplatz stattfände, weil dort die Weltmeisterschaft im Tortenheben der Frauenwahnsinnigmacher ausgetragen würde, das Jahreswechselfest würde dadurch kurzfristig in den Richard-Waldemar-Park verlegt. "Geht alle hin, denn es wird euer letztes schönes Silvester. Am 1.7.97 wird Österreich ja von Grossbritannien an China zurückgegeben".

Also direkt etwas Parkartiges hatte er ja nicht unbedingt anzubieten, unten stand die Sonderabfallannahmestelle inmitten dampfender und gärender Trennmülltonnen, gleich daneben, nur durch ein Hartlaubgestrüppensemble voneinander getrennt, eine öffentliche Pissstube, ein von einer flackernden Neonröhre beleuchteter, gekachelter, odeur-und fliegenreicher Raum. Auf den schiefen Bänken ruhten sich Drogensüchtige von den täglichen Mühen und Qualen des Tages aus. Das alles ist jetzt vom Erdboden weggefräst worden, momentan schabt man sich in Sedimente vor, die noch kein Mensch je zuvor gesehen hat, zur Zeit ist man in eine Schicht hellgrauer Tonerde vorgedrungen. Was in dieses Loch kommt, ist noch nicht ganz klar, vermutlich ein riesiges Hundeklo.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


13.12.2005 | 02:08 | Alles wird schlechter

Um die Ecke gebracht


Schiesst in mehrere Richtungen: Der Corner Shot (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Viele Elemente der Kriegführung scheinen direkt aus dem Geschehen in den Kinderzimmern abgeleitet; eine der jüngsten Neuerungen auf diesem Gebiet ist das Um-die-Ecke-Schiessgerät. Der bei gizmag gesehene Corner Shot ermöglicht das Umbringen des Feindes, noch bevor er einen gesehen hat und sorgt damit für einen schönen Überraschungseffekt. Wo soll das, wenn wir die Frage noch einmal strapazieren dürfen, alles hinführen? Schüttelt man sich in amerikanischen Militärgefängnissen nur noch mit versteckten Elektroschockern die Hand? Und an der Front, im Stinkbombenhagel? "Lasst mich zurück! Ich bin auf ein Furzkissen getreten!"? Zeit, dass der Krieg einmal erwachsen wird.


10.12.2005 | 21:21 | Supertiere | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder

Kalamari Puffpuff


Irgendwann kriegen wir euch alle
(Foto: wmjas / Lizenz)
Wo immer man auch den neugierigen Blick oder die zivilisationsmüden (wenngleich in High-Tech-Wanderstiefeln steckenden) Füsse lenkt, die Kartographen und Weltverwalter waren je schon da, und am Rande des erhofften weissen Flecks auf der Landkarte verkauft ein Angehöriger der niederen sozialen Eingeborenenschichten weissgefleckte Kühlschrankmagnete und "My friend went to uncharted territory and all I got was this lousy T-shirt"-T-Shirts.

Einer der letzten echten weissen, oder vielmehr schwarzen, Flecken ist wohl die Tiefsee, die wegen allzuviel Wasser darin und darüber bislang glücklicherweise schwer erreichbar ist. Meldungen von dort enthalten Asphaltvulkane, Schwarze Raucher, blinde, Schwefelwasserstoff verzehrende Spinnenkrabben und den Riesenkalmar, den man bislang nur als angespülte und bis zu 20 Meter lange Leiche kannte. Ein Reich voller Zeichen und Wunder also, das ebenso die Vorstellungskraft ankurbelt wie leider den forschenden Eindringdrang. 1998 noch elektrisierte die Zeitschrift Mare ihre Leser mit einer ebenso packenden wie erfundenen Reportage über das Zusammentreffen mit einem Riesenkalmar. 2005 nun berichtet ein Forscherteam in den Proceedings der Royal Society von einer tatsächlichen Begegnung, die erwartbar prosaisch verlief. Das Tier verfing sich im Köderhaken, zog und zerrte vier Stunden lang (siehe Bild), bis zuletzt einer seiner beiden Langtentakel abriss. Nüchtern nutzten die Forscher das fünfeinhalb Meter lange Stück, das so frisch war, dass es sich an Bord des Schiffes an angebotenen Forscherfingern festsaugte, um die Gesamtlänge des beobachteten Tiers zu schätzen. Achteinhalb Meter lang war der Kalmar, schliessen sie, aber wie es ihm ohne eins seiner wichtigsten beiden Beinchen jetzt geht, das interessiert natürlich wieder keine Sau.

Die Entzauberung der Tiefsee hat also endgültig begonnen, in drei Jahren schnurrt dann der erste Tourist in einem Blechei zur Kalamarisafari abwärts in den Marianengraben – falls kein Riesensushiboom den Freizeitspass vorher vereitelt, oder die kommerzielle Raumfahrt den Markt verdirbt.


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Minus: 28, 196, 218, 219
Gesamt: 14 Punkte


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