28.05.2007 | 02:21 | Anderswo | Fakten und Figuren
 Joachim Lottmann (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Sie hier ist vemutlich die beste Website der Welt – wenn man in Nordkorea wohnt. Aus der Kopfzeile tropft eine Träne, "Melodie von Mobiltelefon" funktioniert leider nicht, braucht ja auch keiner, "Musik" hat vorbildliche Titel, vor allem in der Kindersektion, die selbst Margot Honecker zum Weinen gebracht hätten ("Der Persimonenbaum am Küstenposten", " Oh, du Schimmel an jenem Tag", "Greiskraut-Salat – ein Zeichen seiner Pietät"), die aber alle gleich klingen. Unter "Charakter Zimmer" gibt es kostenpflichtige animated gifs, die man aber auch einfach so runterladen kann, offenbar ein Geschenk des koreanischen Volks an die darbende Welt. Des Weiteren gibt es leere "Einkaufsroller", ein nicht anklickbares Werbebanner für die Automarke "Hwipharam" und "zugkräftige Filme" mit irren Plots ("Jeder weiss davon, dass das Schilaufen von einer hohen Stelle aus nach einer niedrigen stattfindet. Leider sollten Marderhund, Katze und Bär im Schilaufen die Flaschenkürbisse in einer hohen Stelle pflücken. Wie gelang dies aber dem Marderhund?"). In punkto Kreativität sucht diese Webseite ihresgleichen, allenfalls Rainald Goetz kann da derzeit mit seinem Vanity Fair Blog mithalten, momentan in seinem heroischen Kampf gegen den "Lügeneimer" Joachim Lottmann. In seiner Pfingstansprache schreibt er davon, wie sich Lottmanns Gehirn langweilen würde, wenn in der Umwelt nicht Irrsinn zugange wäre, ihn, Goetz, mache es allerdings verrückter als sein "Innenhirnirrsinn" vertrage. Deshalb kämen sie auch nie und nimmer zusammen, so wie der Nord- und der Südteil Koreas, der Flaschenkürbis und der Marderhund.
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24.05.2007 | 02:35 | Anderswo | Alles wird besser
 "Fog enhancement" in Schottland (Foto: Kathrin Passig)Irgendwann vor langer Zeit in einem Buch hat Old Shatterhand Regen in der Wüste erzeugt, mit blossen Händen (praktisch). Seitdem ist nicht viel passiert in der weltweiten Kontrolle des Wetters, dem dreizehnten Reiter der Apokalypse. Stattdessen jammern die Leute und behelfen sich mit Mikrokompromissen, sogenannten Klimakonferenzen oder Regenschirmen. Wie immer ist in einem einzigen Land, dem Paradies auf Erden, alles anders. Die Rede ist natürlich von China, und wenn man schon einen gewaltigen Staat auf der Prämisse aufbaut, man könne die Menschen ändern, wenn man nur die Gesetze entsprechend einrichtet, dann ist nicht überraschend, dass man, mit den Menschen soweit fertig, damit beginnt, das Wetter zu verbessern, mit Chemiebomben, Wolkenabwehrraketen und mehr als 30.000 Wetterinfanteristen. Chinas meteorologische Behörde definiert in den bereits 2002 (da mussten wir noch Schnee schippen!) verabschiedeten Wettergesetzen, was sie darunter versteht: rain or snow enhancement, hail suppression, rain suppression, fog dispersal, or frost protection. Seit 1999 hat China angeblich 250 Mrd. Tonnen Regen hergestellt, und eine halbe Million Quadratkilometer Land sind hagelfrei. Keine Klassengesellschaft, dafür Bärengalle, keine ekelhafte Freiheit, dafür Zensur und saubere Propaganda, kein Hagel, kein Frost, dafür Olympische Spiele. So lässt es sich leben.
Jetzt will China die Bemühungen um das chinesische Wetter zentralisieren, um künftig auch Regenschirme verbieten zu können (liebes China, das Letzte war ein Scherz, bitte nicht übelnehmen). In diesem Zusammenhang dringt ans Tageslicht Kunde vom neuesten Projekt: Man plant die Verhinderung von schlechtem Wetter für die Olympiade 2008 in Peking. Nähert sich eine Wolke dem Stadion, so wird man sie vernichten, bevor sie ihr Ziel erreicht. Das ist spektakulär kompliziert, wie Experten weltweit zugestehen. Anderswo ist man ja noch nichtmal in der Lage, ein Flugzeug zu vernichten, das in eine Wolke fliegt.
21.05.2007 | 18:48 | Anderswo | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Wo der Bartel das Trendgetränk holt (globetrotter1937) (Lizenz)Durch das Dickicht der Trendnachrichten über die unaufhaltsame Verfeinerung der Produktwelt nagt hin und wieder der Hirsch der Vereinfachung einen schmalen Pfad. Das US-Magazin Slate berichtete schon im April über den neuen Snobtrend Leitungswasser: Weil Europa sehr weit weg von Amerika sei und Bruder Baum über derlei Transportverbrechen weine, kehre man in der kalifornischen Trendgastronomie Perrier, Evian und San Pellegrino zugunsten von gefiltertem und bläschenbefülltem Gratis-Leitungswasser den Rücken. Obwohl Europa von Europa gar nicht so weit weg ist wie von Amerika, wird dieser Trend, wie jeder andere Trend aus Kalifornien, binnen Minutenfrist nach Deutschland importiert werden. Und da die Welt dringend einfacher und überschaubarer werden muss, stehen wir mit Wimpeln am Wasserhahn bereit, um ihn zu begrüssen.
Zwar sagt man, in der deutschen Gastronomie werde im Unterschied zur amerikanischen der Gewinn über die zum Essen eingenommenen Getränke erwirtschaftet, so dass schon wenige Minuten später mit dem Ableben eines Grossteils des Gaststättengewerbes gerechnet werden muss. Aber im Interesse der vereinfachten Entscheidungsfindung "Wohin zum Essen" und auch der unkomplizierteren Beitragsgestaltung wollen wir auch in diesem Punkt einfach mal wie immer: einverstanden sein.
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20.05.2007 | 23:58 | Anderswo
 Rainbow Stein (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Swan Typo (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)  Psychedelic Butterfly (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Bis der 2007er Jahrgang der Riesenmaschine-Palimpsest-T-Shirts aus der Druckerei kommt, dauert es noch einige Tage. Vertreiben wir uns so lange die Zeit mit einem Blick auf die neue Kollektion des japanischen Labels Graniph, das schon gelegentlich Gegenstand unserer Berichterstattung war: Wieder hat der anonyme Designer seinem Hang zum Deutschtum freien Lauf gelassen, wobei der Instinkt die fehlende Sprachkenntnis mehr als kompensiert. Erneut gelingen ihm bizarr schillernde Motive, erratische Findungen, getragen von existentieller Leichtigkeit und romantischer Tiefe. Manches ist leicht zu lokalisieren, etwa als Goethe-Zitat. Einiges scheint direkt aus der Sphäre des Tourismus übernommen. Einiges weist Tocotronic-hafte Sloganqualität auf. Anderes wirkt dagegen wie das Gestammel Demenzkranker. Nie jedoch entsteht der Eindruck kompletter Wahllosigkeit, man habe es gar mit einer transkulturellen Manifestation des Infinite monkey theorems zu tun. Immer wieder stellt sich eine frappante Kongruenz zwischen Signifikat und Signifikant her. Das Shirt namens Crack Skeleton zeigt, was es vorgibt zu zeigen, nämlich "gekreuzte Knochen". Das Shirt Helvetica benutzt als Schrift für den Aufdruck "Helvetica" die Schrift Helvetica (über die im übrigen gerade ein Dokumentarfilm in Umlauf ist, aber das gehört nicht hier hin). Und, als wenn es noch eines Beweises für die Germanophilie des Hausdesigners bedurft hätte, findet sich im Sortiment auch ein Shirt namens German Logo. Allerdings ist dessen Aufdruck ausnahmsweise auf Englisch.
20.05.2007 | 14:28 | Anderswo | Alles wird besser
 Tut das nicht weh? (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Beim Dyson Design Award 2007 fielen zahlreiche Erfindungen positiv ins Auge, u.a. sah man dort eine Kreuzung aus Fahrrad und Rucksack und einen gutaussehenden Stuhl namens Emotion, der "sekundäre" Zwecke erfüllt, zum Beispiel als Ablageplatz oder Rennfahrzeug. Aber darum soll es hier nicht gehen. Stattdessen erfand Angelene Ozolins ein zweiteiliges Gerät namens Assure Flow (via Medgadget): Zum einen hätten wir da ein Ventil aus drei konzentrischen Röhren, zwei davon aus Nitinol, einem shape memory metal, das je nach Temperatur oder Druck hart (Austenit) oder weich (Martensit) wird. (Interessant, oder?) Dieses Ventil wird, das ist der wichtige Teil, in die Harnröhre eingesetzt und tut dort das, was ein Ventil so tut: Es lässt ab und zu Dinge durch. Und zwar, wenn man den zweiten Teil von Assure Flow ins Spiel bringt, eine technisch schlichte Fernbedienung mit USB-Port und Speicherfunktion, damit kein, ähm, Tropfen verloren geht. Insgesamt also eine 100%ig dichte, fernbediente Blase, für alle, die das nicht alleine hinkriegen. Auf die ganzen üblichen Scherze mit Behinderten, Inkontinenz und Verlegen von wichtigen Kleingegenständen soll hier grosszügig verzichtet werden.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Sternhagelvöllegefühl
- Wilderjahr
- Neustart an der Weinstraße
- Surfen auf dem Scheitelpunkt des Lichts
SO NICHT:
- Karzinome (lästig)
- Knopp-Dokudrama über Walter v.d. Vogelweide
- Mozartjahr
- Wellenreiten auf einem Brett aus Schorf
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Bedevilled", Cheol-Soo Jang (2010)
Plus: 3, 12, 48, 49, 51, 63, 80 Minus: 1, 89, 113 Gesamt: 4 Punkte
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