Riesenmaschine

03.03.2007 | 21:43 | Anderswo | Was fehlt

Hirn hamstern, für dumme Zeiten


Erstaunlich violett ist es innen drin in so einem Nagetier. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Für Zeiten der Not hat die Natur das Hamstern erfunden. Und weil ja aufgrund eines kognitiven Irrtums es dem Menschen immer scheint, als würde alles schlechter, neigt er ganz grundsätzlich zur Anhäufung von Gebirgen aus Dingen, die ihm dann den Weg versperren. Er verhungert dann, weil der Weg zur Sammlung von Frühstücksfleischdosen von all den gekauften Hamstern versperrt wird. Man nennt sowas Ironie, wenn man nichts davon versteht.

Wenn man nichts von Sachen versteht, braucht man manchmal mehr Gehirn, das man sich zum Beispiel auf brainmaps.org beschaffen kann, wo fleissige Hamster 15 Terapixel davon zusammengetragen haben, für alle zugänglich. 15 Terapixel! Dagegen verblassen die Grassamen, die – zur Rettung der Welt nach der nächsten grossen Katastrophe – demnächst in der Weltuntergangsgruft (Doomsday Vault) in einem Berg bei Spitzbergen verscharrt werden sollen, zu einem hirnlosen Nichts. Zugegeben, "Doomsday Vault" ist ein hübscher Name für ein Loch in der Erde mit Gras drin, aber die Prioritäten sind verstellt, wo Gras eingelagert wird, und nicht Gehirn. Ohne Gras zu denken geht nämlich ganz gut, aber hirnlos Gras pflanzen: unvorstellbar.


03.03.2007 | 14:29 | Anderswo | Alles wird besser

Gegen den Strunk


(Foto: Pressefoto vom Verleih)
Lange Zeit galt ja Michael Kliers "Überall ist es besser, wo wir nicht sind" als der schönste topophobe Titel in der Geschichte des deutschsprachigen Films. Am 9. März bekommt dieser nun Konkurrenz, wenn in Österreich Antonin Svobodas "Immer nie am Meer" (Trailer hier) startet, eine Komödie, die nicht nur im Titel Ortsfrust verbreitet, sondern tatsächlich 70 Minuten in einem eingekeilten Mercedes spielt.
Am Drehbuch schrieben neben Svoboda die drei Darsteller, die Wiener Radiomatadoren Christoph Grissemann und Dirk Stermann, sowie das Hamburger Studio-Braun-Mitglied Heinz Strunk mit, und so verzweifelt wie deren Humor ist auch der Film; als Komödie ist er Helge Schneiders miesepetrigem Meisterwerk "Jazzclub" verwandt, und wer dort gelacht hat, tut es vermutlich auch hier.

Das Schönste an "Immer nie am Meer" ist aber wahrscheinlich nicht mal Absicht: Nach zehn Millionen europäisch koproduzierten Roadmovies, die möglichst viele Grenzen überfahren, während schrullige Aussenseiter zu sich selbst finden – "Im Juli", "Heller als der Mond", "Blue Moon", "Donau" (als Dampfschiffvariante) undsofort – war es höchste Zeit, dass dieser Film passiert. Dass mal jemand die Karre nimmt und das perfideste aller EU-Filmförderungs-Abzock-Genres gegen den Baumstamm setzt. Schluss, aus. R.I.P.


02.03.2007 | 18:04 | Anderswo | Alles wird besser

Die Zukunft ist ein Schlammbad


Foto: Lofter, Lizenz
Und während anderswo noch über Technologie, Innovation, Zivilisation oder einfach nur Gadgets diskutiert wird, führt Englands Weg unbeirrt zurück in die Steinzeit. Das kann man nur konsequent nennen, denn bei der wellenförmigen Natur jedweder Entwicklung kürzt es einfach den Weg über den Fortschrittsbuckel ab. Daher ist es bedauerlich, dass wir den wohl wichtigsten Schritt dorthin verpasst haben, den im Januar stattfindenden Tough Guy-Contest, ein unbeschreibliches Survival-Schlamm-Spektakel, bei dem nur jeder Fünfte durchkommt, basierend auf dem Erfahrungsschatz aus mehreren Weltkriegen und noch mehr sibirischen Ferienlagern. Gerade eben legt der amerikanische Sportjournalist Jim Caple bei ESPN ein bestürzendes Zeugnis darüber ab ("drunk is the only time to fill out the race application"). Der dazugehörige Film zeigt, ach, das soll sich jeder selbst ansehen, aber er zeigt jedenfalls die Zukunft, soviel sei verraten. Eine Zukunft, bei der man am Eingang einen "Death Warrant" unterschreibt (wie im richtigen Leben auch), und ausserdem angibt, welcher Religion man angehört, "for last rites before burning". Und dann kann man sich wirklich nicht über mangelnde Unterhaltung beschweren, auf der "Mr. Mouse Farm for Unfortunates" in Wolverhampton, dem Venue des Ereignisses, man wird sozusagen, äh, ständig und zuverlässig bei SEHR schlechter Laune gehalten, durch eiskalte Wassergräben, Feuerhaufen, Stromschläge, Schlammlöcher, Dreckbrühe, insgesamt sieht Takeshi's Castle dagegen aus wie Kindergeburtstag. Und wenn man glaubt, damit in Würde fertig zu sein, taucht irgendein Engländer auf, der das Ganze in Unterhosen bewältigt hat. Aber wenn das in der Zukunft eben so ist, meine Güte, so be it. Wir geloben jetzt schon, im nächsten Jahr dem Beispiel Englands zu folgen.


02.03.2007 | 12:02 | Anderswo | Alles wird besser

In den Krebsgang schalten


Glück im Unglück: übers zweite Loch glatt weggesegelt.
(Foto: salim) (Lizenz)
Automatikschaltungen für Fahrräder mögen einer der letzten Schreie einer aussterbenden Technologie sein; aber hört sie jemand? Denn auch wenn niemand im Wald steht, während ein Baum aufs Automatikfahrrad fällt, geht es ja kaputt. Na gut, das war jetzt eine etwas wilde Assoziationskette, und zudem orthogonal zur Fahrtrichtung des Artikels aufgezogen. Probieren wirs anders.

Wie jeder weiss, sind Fahrräder eine verkorkste Erfindung. Man kann nur in eine Richtung mit ihnen fahren, man kann nur eins der zwei Räder lenken, Draufsitzen ist verhältnismässig bequem und die Kette schmeckt nicht nach Erdbeeren, sondern nach Öl. Kein Wunder, dass kaum jemand ein Rad hat und die coolen Kinder alle Segway fahren. Das muss aber nicht sein, denn wenn man nur ein bisschen Grips bemüht, kann man auch das Problem Fahrrad im Handumdrehen lösen. Michael Killian, ein irischer Programmierer, hat einmal kurz beherzt nachgedacht, und ein Fahrrad entwickelt, dessen beide Räder lenkbar sind, und auf dem man sowohl vorwärts als auch rückwärts fahren kann. Beziehungsweise nach links oder rechts, weil man auf dem, äh, Gebilde, quer zur Fahrtrichtung sitzt und in die Pedale tritt. Nur die Kette schmeckt leider immer noch nach Öl, aber dafür gibts sicher bald einen Patch.


28.02.2007 | 02:54 | Berlin | Anderswo | In eigener Sache

Donnerstag ist Riesenmaschinentag


Meide Informationen von Menschen, die vor Mikrofonen reden. (Foto: Jan Bölsche)
Montags ist Nudeltag, Dienstag Strudeltag und Mittwoch Knödeltag. Freitag ist Fasttag, Samstag ist Zahltag und Sonntag natürlich Zweitligatag. Donnerstag hingegen ist Riesenmaschinentag, ein Feiertag in 21 (sehr kleinen) Ländern, das ZDF überlegt bereits die Einführung eines "Worts zum Donnerstag". Und wie jeden Donnerstag finden deshalb auch an diesem Donnerstag wieder in drei verschiedenen Städten drei Veranstaltungen mit Riesenmaschine-Autoren statt: In Berlin trifft Holm Friebe um 20 Uhr im Grünen Salon auf die baldige Ex-Zitty-Chefredakteurin Mercedes Bunz und andere Leute um über "Kein Geld, aber tausend Ideen" zu reden. Fast zeitgleich, nämlich um 19.30 Uhr, halten Klaus Nüchtern und Tex Rubinowitz in der Buchhandlung Leporello in Wien die szenische Lesung "Wir können vor lauter Kraft ein Lyrikbändchen von Rilke zerreissen". Und in München beginnt im Literaturhaus ebenfalls um 20 Uhr Riesenmaschine TV, mit Sascha Lobo und Kathrin Passig an den Mikrofonen und Michael Brake am Laptop.


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