Riesenmaschine

30.10.2006 | 12:02 | Anderswo | Alles wird besser

Romantik regelt und rollt

Die Welt ist schlecht, das Leben schön und das hat natürlich auch einen Grund, bzw. hat es ganz viele Gründe und einer davon ist Kontrast. Kontrast ist, wenn zwei, die eigentlich nicht zusammengehören, aneinandergenagelt werden; es ergibt sich etwas Neues, auch wenn es den ungeübten Beobachter zunächst schmerzt im Nerv. Der geübte Beobachter hingegen weiss: Das Aufeinanderprallen von Unähnlichem ist der Ursprung von Leben und Kultur. Und genau so pathostriefend steil werden die Menschen gedacht haben, die die aktuelle Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in Hamburg an den Zuschauer bringen wollen.

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Die Schau heisst nicht umsonst "Die Erfindung der Romantik", denn der Kreidefelsenmelancholiker Friedrich ist für die Deutsche Gemälderomantik, was Günter Grass für das Geständnisliteratur-Marketing ist: der stilprägendste Bartträger. Dass der romantischste Maler, hier im Bild sein "Wanderer über dem Nebelmeer", aber beworben wird mit dem unromantischsten Werbemittel neben Pissoirplakaten, dem Diesel-LKW mit unaerodynamisch angeflanschtem Konkavposter, zeugt von so lebensbejahender Liebe zum Kontrast an sich, dass man den Verantwortlichen zurufen möchte: Ja! Ihr seid auf dem richtigen Weg! Lasst Obdachlose Bank-Promotion machen! Schreibt Kettenmails gegen Spam! Und vor allem: schaltet als nächstes Motiv auf den LKW dringend eine Anzeige gegen den grossen CO2-Ausstoss der Industrieländer.


30.10.2006 | 00:39 | Anderswo | Supertiere

Der Schockfisch und die Produkte des Nichtseins


Gänzlich ungeschockter Fisch in Shanghai (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Haier ist die einzige chinesische Marke, die nun schon drei Jahre in Folge unter den 100 einflussreichsten brands der Welt rangiert. Wie schafft ein Unternehmen das, dessen Markenstrategie noch in Arbeit ist?

Die Antwort ist verblüffend einfach. Moderne Unternehmen brauchen gar keine Markenstrategien. Erwartet werden heutzutage vielmehr ehrliche Kommunikation, eine groovy Firmenkultur, Tierschutz und soziales Engagement. Haier kann in all diesen Punkten Vorbild sein – und sich daher teure Marketingetats sparen.

Unter dem Motto "Be brand the sail, be customer the teacher" offenbart der Elektrokonzern seine Ziele in vorbildlicher Ehrlichkeit: "expand the business into developing markets with little resistance" und "Priority given to influence and then profit". Haiers Strategie ist der Aufkauf "gut ausgestatteter Firmen" und der Austausch des Managements. Den ökologischen Standards entsprechend ist dieses Verfahren der Natur entlehnt und heisst daher Schockfisch: "'Shock fish' represent those companies which are well equipped but not well operated and can be vitalized if effective management is introduced." Die gekündigten Manager finden derweil Trost in Haiers Corporate Culture. Dort heisst es unmissverständlich: "Being itself is the product of not-being".

Wenn deutsche Firmen nicht als Produkte des Nichtseins enden wollen, passen sie besser jetzt ihre Strategien an! Haier-Küchengeräte sind in Deutschland bereits erhältlich. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die konzerneigene Zeichentrickserie Haier Brothers auch hierzulande ausgestrahlt wird. Wogegen sich auch niemand wird wehren können, denn die 212 Episoden verbucht Haier unter Social Contribution.


29.10.2006 | 03:54 | Anderswo | Alles wird besser

Another Brick gegen den Strom


It's a Stony
Die Elektronikfirma Sony, 1946 in den Trümmern eines völlig zerbombten Tokios gegründet, bringt mittlerweile jährlich über 500 neue High-Tech-Produkte auf den Markt, die alle dasselbe Problem haben: Sie benötigen Strom, um zu funktionieren. Nun wurde im bengalischen Jessore erstmals ein Sony-Produkt entdeckt, das auch ohne Strom ganz gut funktioniert. Ein genialer Schachzug des Konzerns, da in Bangladesh bereits seit Jahren Stromausfall trainiert wird. Ob sich die Sony-Designer dieses bisher konkurrenzlosen Öko-Gadgets von den Ruinen des damaligen Tokios oder gar vom hauseigenen "Backstein-Handy" P800 inspirieren liessen, lässt sich anhand des Fotos leider nicht erkennen. Es scheint sich jedoch ziemlich sicher um das erste Produkt einer neuen Low-Tech-Abteilung Sonys zu handeln, die den Konzern in Zukunft durch schwere Zeiten bringen könnte, wenn Elektronen nicht mehr so einfach aus Steckdosen herauszuholen sind.


28.10.2006 | 06:25 | Anderswo | Supertiere | Sachen anziehen

Weisser Riese


Symbolbild, die Salamander sehen natürlich ganz anders aus. (Foto: 80415664@N00 / Lizenz)
Tiere, dem Menschen in vielem überlegen, machen oft schnell schlapp, wenn es an Trends, Gimmicks und Moden geht. Bisher zumindest. Eine Meldung aus Japan weist allerdings ganz neue Züge auf, die man der Tierwelt bislang so nicht zugetraut hatte – und vor allem nicht zu diesem Zeitpunkt. Bei Kitahiroshima, im japanischen Hochland, entdeckten Bauern gleich fünf Riesensalamander – alle samt und sonders in modischem Gothic Baby White gekleidet. Um einen Zufall, vermuten selbst Experten, handelt es sich eher nicht. Dagegen spricht die ungemein hohe Anzahl der gleichzeitig gefundenen, typähnlichen Riesensalamander. Noch will es so keiner sagen, noch drucksen die japanischen Zoologen etwas rum, offensichtlich ist es aber dennoch: In Sachen Mode muss sich der Mensch warm anziehen. Bald werden wir alle neben Ratten mit schrägen Mützen und Seidenschals und Ahörnchen in gestreiften Pullovern ganz schön alt aussehen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Gothic White


27.10.2006 | 19:02 | Anderswo | Supertiere

Vogel vögili lupus


Heil Dir, König Loon, bester Vogel der Welt. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Parkschwäne sind, zum ersten, berüchtigt dafür, dass sie anderen Schwimmvögeln auf den Kopf hauen oder sie anderweitig versenken, entweder um die Brotquote bei Rentnerbesuchen in die Höhe zu treiben, oder einfach so, aus Scheiss. Der rundum geglückte Supervogel Loon, zum zweiten, läuft und fliegt wie ein Idiot, spricht und taucht aber wie der Gott der Wälder des Nordens, und spiesst obendrein rumdümpelnde Futterkonkurrenten beim Auftauchen auf seinem spitzen Schnabel auf, ein Vogelschaschlik mit rotglühenden Äuglein. Von den Raubvögeln, die der Hunger zum Vogelraub treibt, mal ganz zu schweigen. All das aber bereitet den Vogelkundigen nur unzureichend auf den Anblick von Pelikanen in London vor, die lebende Tauben verschlingen. Dass ausgerechnet der harmlose Watscheltrottel Pelikan jetzt böse wird, lässt auf Vampirkolibris und Schockwellensittiche hoffen. Flugs bitte, uns ist langweilig.


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