20.10.2006 | 03:11 | Anderswo
 Mens sana in corpore sano, das merkt man gleich. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Der Engländer hat es nicht leicht: Schon seine Währung heisst so, als ergäben zwei davon ein Kilo – und seine Jugend wird auch immer fetter. Und als wäre das alles nicht bereits empörend genug, bleibt dem verstörten Nachwuchs seit September nicht einmal das gewohnt ungesunde Schulkantinenessen. Denn in den Mensen müssen nun täglich zwei Einheiten Frisches und Gesundes an jedes Kind verfüttert werden – sehr zum Leidwesen der schweren englischen Jugend, die offensichtlich bislang direkt nach dem Abstillen auf Kartoffelchips umgewöhnt wurde.
Besorgte Mütter in Rawmarsh in South Yorkshire griffen angesichts solch massiver Regierungsgrausamkeit zur Selbsthilfe, um ihre leidenden Kinder mit den Qualen des Entzugs nicht ganz alleine zu lassen. So verkauften die "meat pie mums" an die von erhöhter Vitaminzufuhr und Ballaststofffolter bereits völlig ausgezehrten Schüler durch den Schulhofzaun hindurch Hamburger, Fritten und Sandwiches. Inzwischen haben sie, wohl ob medialer Schmähungen, ihren mobilen Schulhofimbiss wieder abgebaut. Vermutlich nur ein taktisches Intermezzo, um sich in der Illegalität neu aufzustellen und danach mit Tonnen von Biskinriegeln, Salzlecksteinen und in Groll frittiertem Mutterkuchen zurückzukehren, und den school meal fascists endgültig zu zeigen, was eine knusprig gebratene Harke ist.
18.10.2006 | 18:11 | Anderswo | Alles wird besser
 Diebstahlsicher und massgeschneidert. (Foto von Nelson Minar / Lizenz)Der an sich plausiblen Broken-Windows-Theorie von Wilson und Kelling zur Genese von Gaunerei und Vandalismus – wenn man irgendwo ein Fenster einschlägt, zieht es im ganzen Stadtviertel, und zwar erst einen über und dann woandershin – ist ja manches vorzuwerfen, vor allem, dass sie die neokonservative Nulltoleranzpolitik mitverursacht hat, die amerikanischen Schülern Schulverweise wegen Handbewegungen, mikroskopischen Spielzeugpistolen und Lutschbonbons einhandelt. Eleganter Kameraschwenk auf Indien, wo in der verbrechensgeplagten Stadt Aurangabad grade eine hübsche Variante der Broken-Windows-Theorie erprobt wird. Es liegt ja auf der Hand: weil bekanntlich niemand, der bei Verstand ist, rosarote Dinge haben oder auch nur anfassen will, muss man einfach die ganze Stadt rosarot anstreichen, und schon geht das Verbrechen ein wie eine Primel, die man rosa angestrichen hat. Unbekannt ist bislang, wie Jaipur, die amtierende rosaroteste Stadt Indiens, auf die Konkurrenz reagieren wird. Hoffentlich nicht mit rosa Killerelefanten.
16.10.2006 | 10:07 | Anderswo | Supertiere | Zeichen und Wunder
 EntführvorschlagWie die englischsprachigen chinesischen Medien erst jetzt melden, tauchte am 5. Oktober im Zoo von Shanghai ein vierjähriges Kind auf, das tags zuvor im 1.500 Kilometer entfernten Pekinger Zoo entführt worden war. Der Junge namens Xiao Hang wurde von Zoobesuchern erkannt, die sein Foto auf einer Vermisstenseite im Internet gesehen hatten. Die Polizei vermutet, die Entführer hätten Xiao Hang in dem Moment wieder freigelassen, als sie feststellten, dass er hör- und sprachbehindert war. Wie die Entführer den Jungen von dem einen in den anderen Zoo transferierten, erklärte die Polizei nicht. Eventuell handelt es sich also gar nicht um eine Entführung, sondern um den ersten geglückten Menschenteleportationsversuch, durchgeführt von irgendwelchen hochintelligenten Nagern. Oder Bären. Oder Katzen. Von Tieren jedenfalls.
16.10.2006 | 01:22 | Anderswo | Alles wird besser
 Sieht aus wie ein Unkrautjäti, ist aber keiner. (Foto: peyri) Es klingt wie eine ausgezeichnete Idee. Statt Felder mit grossen Mengen von Flüssigkeiten mit komplizierten Namen einzusprühen, damit böses Kraut zuhause bleibt und gutes Kraut frohlockt, schickt man niedrige Niedriglohnarbeiter mit der Nase an der Scholle ins Feld, die das Unkraut abschneiden, und Gift auf den Stumpf tun. Und wäre es nicht praktisch, wenn diese pflegeleichten Helferlein, statt Mittagspause zu machen, sich einfach von Sonnenlicht ernähren könnten? So dachten sich Studenten an der Universität von Illinois das, weil sie die Nase voll davon hatten, selbst durchs Feld zu krabbeln, und also bastelten sie sich einen autonomen Solarroboter zur Unkrautbeseitigung. Könnte dieses Meisterwerk sich auch noch selbst aus Ackerscholle und Pflanzenabfall replizieren, die grausame Herrschaft des Unkrauts über den Menschen könnte schon bald gebrochen sein – wenn, ja, wenn die Erfinder dem Jäti nicht auch noch einen Internetanschluss eingebaut hätten. Und wer Unkraut jäten ginge, wenn er auch im Internet Roboterporno gucken könnte, ist zum Jäten doch garantiert zu doof.
15.10.2006 | 15:18 | Anderswo | Sachen anziehen
 Sarghammer (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Ga sind eine kleine Volksgruppe im Süden von Ghana. Die Ga glauben, die Toten würden im Jenseits wieder arbeiten müssen und um ihnen dort den Berufseinstieg zu erleichtern, beerdigt man die Toten gerne in wunderschönen Särgen. Fischer in Fischen, Ananaspflanzer in Ananassen, Geschäftsleute in Mercedessen und ein Metzger in einem Schweinefuss. Symbole sind ebenfalls sehr beliebt, solche des Status (Turnschuhe, Colaflaschen) und solche der Magie (Schlangen, Hähne). Kane Kwei und sein Nachfolger Paa Joe sind die bekanntesten Sargbauer und gerade werden sie von der westlichen Kunstwelt entdeckt. Vermutlich sehen die Kuratoren und Kunstsammler darin Claes Oldenburg von und für Arme mit einem Schuss naiver Exotik und fertig ist die Kunst. Und an fremden Kulturen Interessierte sehen darin etwas herrlich Verrücktes und gleichzeit so Tiefgründiges und selbst-im-Tod-so-voller-Lebenslustiges, dass Paa Joe bald nur noch in den Westen liefern wird, zum Beispiel an die amerikanischen Gynäkologin, die sich eine Gebärmutter bestellte.
(Zum Thema: Regula Tschudi, "Die vergrabenen Schätze der Ga – Sarg-Kunst aus Ghana")
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Legosteine statt Fingernägel
- Schellfisch
- Geld (macht reich)
- Textextexegese
SO NICHT:
- Gardinen mit Goldkante
- Bronzeplastik
- Zwiebeln zwiebeln
- Schnabeltassen bei 40 Grad waschen
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"The Art of Negative Thinking", Bård Breien (2006)
Plus: 15, 31, 37, 80 Minus: 90 Gesamt: 3 Punkte
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