23.08.2006 | 11:29 | Anderswo | In eigener Sache
 Riesenmaschine-Altar: Schon fast fertig! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Viele Berliner können sich nicht vorstellen, dass die Welt jenseits ihrer Stadtgrenzen überhaupt noch gerendert wird. Das gilt, ehrlich gesagt, auch für die Riesenmaschine-Redaktion, die von Donnerstag bis Sonntag trotzdem teilweise auf dem 26. Erlanger Poetenfest vertreten sein wird. Und zwar mit einer Lesung, einer Podiumsdiskussion ("Der Schriftsteller im Medienzeitalter"), Riesenmaschine TV und einer Rauminstallation. Letztere, der "Altar des Alltags" wird auch für die Leser zu Hause an den Bildschirmen zugänglich sein, und zwar unter altar.riesenmaschine.de. An diesem Altar können Menschen aus Erlangen, aber auch Berlin (und sogar aus ganz anderen Städten) etwa dem Gott des übertriebenen Ehrgeizes an der falschen Stelle huldigen, aber auch dem Götterpantheon des Software-Debugging und dem Stellvertretenden Gott der Nichtzuständigkeit. In Erlangen kann zu diesem Zweck eine Kerze angezündet werden, im Rest der Welt betätigt man einen Schalter im Internet, woraufhin vor dem jeweiligen Gott ein Licht erstrahlt. Heute jedoch nicht! Erst müssen wir noch dem (durch eine heisse Nadel dargestellten) Gott der Projektfertigstellung in letzter Sekunde huldigen.
22.08.2006 | 06:30 | Anderswo | Alles wird besser
 Bestie Hunger. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Namen seien Schall und Rauch, sagt ein doofes Sprichwort, aber darüber, dass das nicht ganz stimmen kann, könnten sich zum Beispiel die Stadt Mumbai und der Keksriegel Twix gepflegt unterhalten, denn beide hiessen früher in Teilen der Welt anders, und sind bis heute traumatisiert, oder wenn schon nicht traumatisiert, so doch jedenfalls mit Schokolade überzogen (Twix) beziehungsweise überbevölkert (Mumbai).
Es ist ergo sehr wichtig, neue Sachen von Anfang an richtig zu benennen, damit man nicht irgendwann in die Zitrone (früher: den sauren Apfel) Namensänderung beissen muss. Das hat sich offenbar auch das Management eines neuen Restaurants in Mumbai zu Herzen genommen und die Mampferei pfiffig nach einem der berühmteren Europäer der jüngeren Vergangenheit "Hitler's Cross" genannt. Die Namenswahl führte selbstverständlich zu sofortigen Protesten, die die Manager aber gekonnt aushebeln: "Bei uns geht es nicht um Krieg oder Verbrechen, hier kommen Menschen her, um sich bei einer schönen Mahlzeit zu entspannen." Genau wie beim Führer damals also, und alles ist in schön schwarz-weiss-roter Ordnung. Konsequenterweise haben die Betreiber auch vor, zu einer Restaurantkette zu expandieren und in andere Teile Mumbais vorzustossen. Die aber zuerst ihrerseits versucht hätten, ins Restaurant einzudringen, man ist also im Recht.
Es ist natürlich keine Schande, den guten Namen Hitlers auszubeuten, macht ja jeder heutzutage, der Spiegel, in dessen Online-Journalismus-Attrappe diese Meldung sicher bald auftaucht, Günther Grass, Walter Moers. Sogar wir machen das. Und wenn es der Proteste zu viel werden, kann Hitler's Cross sich ja immer noch umbenennen. Zu "Pot of Pol" zum Beispiel, "Tastidi Amino Acids" oder "The Archipel Gulasch". Twix hat es schliesslich auch nicht geschadet.
20.08.2006 | 11:39 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen
 Vorläufiger Endpunkt einer unschönen Entwicklung. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Alles begann, so will es die Mär, damit, dass frühe Christen aus Langeweile mit dem Zeh in den Sand kritzelten. Gegen diese Langeweile erfanden die Römer dann zwar Zirkusspiele, aber es war zu spät, der Fisch hatte sich schon als Akronymbol unter den Frühgeeks etabliert und wollte nicht mehr weggehen. Hat ja auch gar keine Füsse, so ein Fisch.
Heutzutage findet der Fisch sich hauptsächlich auf den Autos von Menschen, die das Bedürfnis haben, es von den Bergen zu rufen, bzw von der Stossstange. "Es" ist dabei meist eine lächerlich unhaltbare Ansicht zur Evolution, zur menschlichen Sexualität oder zum geologischen Alter von Steinen. Diese Fische, so sagten säkularere Naturen, stanken vom Kopf her, und also erfand man den Darwin-Fisch und seine Freunde, um vernünftigere Ansichten auf ähnlich lächerliche Weise rumposaunen zu können wie die Christen.
Auch der Darwinfisch, seiner Beinchen zum Trotz, ging nicht wieder weg, und also bauten die Christenmenschen in Notwehr einen noch grösseren Fisch namens Wahrheit, der den Darwinfisch auffrisst. Dieser vorläufige Sieg des Jesusfisches ist aber nur scheinbar, denn die Tatsache, dass er zur Evolution gezwungen wurde, ist als Metapointe ein klarer Punkt für die Agnostikerfraktion. Es bleibt spannend.
19.08.2006 | 01:28 | Anderswo | Alles wird schlechter
 Absteigen! Absteigen! (Foto von striatic / Lizenz)[/url]] Sich über Übersetzungsautomaten lustig zu machen, ist ja bekanntlich verboten, aus guten Gründen – selbst die Fehler von Laienübersetzern auf Speisekarten und dergleichen sind ja in der Regel deutlich weniger komisch als ihre begeisterten Sammler das gerne hätten, sondern müffeln vielmehr sogar ein wenig nach dem Chauvinismus demonstrativer Weltläufigkeit. Schon mal lachen, ja schonmal kräftig amüsieren darf man sich aber über, zumal offizielle, Stellen, die tatsächlich solche Übersetzungsautomaten bemühen, wenn Schilder zweisprachig anzulegen sind. Das ist zum Beispiel in Kanada und Wales gesetzlich vorgeschrieben, um einen Kulturkonflikt zu entschärfen, der sich der niedlichen menschlichen Eigenart verdankt, Affen, die anderslautig grunzen, total doof zu finden. In Wales, wo man ja nun wirklich sehr anders grunzt als anderswo, wurde kürzlich ein "Cyclists dismount"-Schild von der zuständigen Behörde durch einen Übersetzungscomputer gejagt, heraus kam "llid y bledren dymchwelyd", was – wir wissen es selbst nicht, glauben es aber gern – die walisische Version der Überschrift dieses Artikels ist.
17.08.2006 | 17:07 | Anderswo | Supertiere
 Ganz anderes Tier, merkt ja doch keiner und es musste schnell gehen (Foto: 南宮博士 / Lizenz)Als Käfer hat man es nicht leicht. Entweder man würgt sich unter Verpestung der Umwelt steile Hügel hoch, läuft und läuft und läuft, wird am Ende – von ein paar Unverbesserlichen abgesehen – doch verschrottet und muss mit dem ewigen Makel leben, Adolf Hitler zum geistigen Vater gehabt zu haben. Oder man stirbt aus, einsam und verlassen in einer slowenischen Höhle, mit der kalten Schulter der Welt im Blickfeld, allein weil der eigene Taufpate anno 1933 unglücklicherweise ein Nazi war.
Letzteres Schicksal, das Schicksal des Anophthalmus hitleri, wird die Welt ab sofort zu Tränen rühren. Wie nämlich die National Geographic Deutschland in ihrer Septemberausgabe zu berichten weiss, steht der sowohl braune als auch blinde Hitler-Käfer vor der Ausrottung, wovon aber weder Wissenschaft noch Umweltschutzaktivisten Kenntnis nehmen – des Namens wegen. Man kann es verstehen: Die eigenen 15 Minuten Ruhm mag man nun wirklich ungern in Gesellschaft eines kleinen Höhlengetier fressenden Käfers namens Hitler verbringen.
Allein unter Neonazis erfreut sich der Käfer grosser Beliebtheit. Doch was hilft's? Selbst braun und blind, werden diese kaum den endgültigen Tod des Anophthalmus hitleri zu verhindern wissen, auch wenn er unter ihresgleichen mittlerweile ein begehrtes Sammlerstück darstellt. Und während man Sorgfalt bei der Namenswahl nicht oft genug anmahnen kann, wird offenbar: Der Käfertod, auch er ist ein Meister aus Deutschland.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- grau (außer an Mäusen)
- den Mann mit Fichte aushebeln
- Crossbranding bei Spielzeugbaggern
- Anaphorik
SO NICHT:
- Flokati-Mousepad
- Krankheit als Weg
- menschliches Versagen
- Jener-Deixis
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"The Wrestler", Darren Aronofsky (2008)
Plus: 3, 6, 9, 49, 118 Minus: 1, 140, 155 Gesamt: 2 Punkte
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