Riesenmaschine

14.02.2007 | 17:43 | Berlin | Zeichen und Wunder

Katze Katze Kluge


Übrigens geht es im Beitrag eigentlich nur peripher um Katzen (Foto: polandeze / Lizenz)
Film ist gar keine so wahnsinnig neue Erfindung, wie alle tun. Laut Alexander Kluge gibt es seit einigen zehntausend Jahren Film in unseren Köpfen, in Form von Assoziation, Tagtraum, Erfahrung und Bewusstsein, und die technische Erfindung des Kinos hat dem lediglich reproduzierbare Bilder hinzugefügt. Die allerdings was kosten: der jetzt auf der Berlinale laufende "The Good German" etwa 27 Millionen US-Dollar, was im Vergleich nicht mal so viel ist, aber eben doch geschätzte production values von 173 Dollar pro einzelnem Frame bedeutet. Der Besuch in Krasnogorsk bei Moskau dürfte dabei nicht unbedeutend zu Buche geschlagen haben, wo Hollywood sich in Form von Archivmaterial den authentischen World-War-II-Look einkaufen kann.

Man kann aber auch versuchen, die Bilder billiger von einem Kopf in den anderen zu bekommen. Schon der Konzeptkünstler Robert Barry hatte die Idee, Kunstwerke mittels Telepathie zu übertragen (Telepathic Piece, 1969). Im Büro Friedrich kann man noch bis zum 18. Februar das in der Berlinale Sektion "forum expanded" laufende Telepathie Experiment I von Isabell Spengler sehen. Zwar ruckelt der Projektor anfangs noch etwas, wenn Isabell "Katze, Katze" sendet, und Antonia, die im Nebenzimmer sitzt, nur Hund versteht. Am Ende funktioniert das Ganze aber erstaunlich gut, und man verabredet sich telepathisch zum gemeinsamen Ausreiten. Ist also auch eine praktische Sache, wenn man mal das Handy vergessen hat. Die Ausstellung ist umsonst.

Michaela Gruber | Dauerhafter Link | Kommentare (1)


08.02.2007 | 01:17 | Berlin | Fakten und Figuren

Die Maschinenmensch-Maschine


Dieses Bild zeigt etwas überraschend den besprochenen Roboter in der Galerie 5213. Die Ausstellung geht nur noch bis Samstag.
Irgendwann in einer der nächsten 200 Futurama-Folgen wird es eine Szene auf einem Fussgängerzonenplaneten geben. Dort wird Fry einer als Roboter verkleideten Person am Strassenrand einen Dollar geben, sie wird sich dann ein ganz klein bisschen bewegen und Fry wird sich freuen und sagen "Toll, ich fühle mich wie vor 1000 Jahren. Da gab es auch schon Menschen, die so tun, als wären sie Roboter, um ein bisschen Kleingeld zu kriegen." Worauf Leela antworten wird: "Aber das ist doch gar kein Mensch, sondern ein Roboter, der sich bloss als Mensch verkleidet hat, der sich als Roboter verkleidet hat." Und wäre Fry nicht zum Jahreswechsel 1999/2000 eingefroren worden, sondern acht Jahre später, würde er dann antworten: "Achja, stimmt, ich erinnere mich, so einen hatte Cajus Pietschmann mal gebaut, der stand damals in der Galerie 5213 in Berlin. Sah aber nicht so realistisch aus wie der hier." Naja, Futurama wird auch nicht mehr das sein, was es gerade ist.


06.02.2007 | 09:04 | Berlin | Nachtleuchtendes

Blinkentealights

In Berlin ist vorgestern trotz des gewohnt unkonkret gehaltenen Oberthemas "unfinish!" die 20. Transmediale zu Ende gegangen. Neben den Konferenzpanels, Performances und Clubabenden gab es natürlich auch wieder eine Ausstellung und dessen mit Abstand bemerkenswertestes Exponat war der Random Screen von Aram Bartholl, eine Milchglas-Wand aus 5x5 Pixeln, die zufällig heller und dunkler werden (auf Platz zwei: Eine Koreanerin, die in dem kurzen Film Against God By Water Pistol bei Platzregen mit einer Wasserpistole in den Himmel schiesst).

Nun würden es die Genrekonventionen der Medienkunst gebieten, dass die Lichtschwankungen des Random Screen auf einer komplexen Matrix basieren, die sich aus einer Kombination der Transmediale-Zuschauerzahlen, der Bewegungen der Überwachungskameras am Berliner Hauptbahnhof und dem weltweiten Auswurf an Blogartikeln speist. Aber nichts da: Schaut man auf die Rückseite, findet man 25 Fächer, in denen jeweils ein Teelicht steht, auf dem wiederum jeweils eine frei gelagerte, präparierte Bierdose angebracht ist. Durch die aufsteigende Hitze drehen sich diese Bierdosen zufällig schnell, und weil nur an einer Stelle der Aussenwand ein Loch angebracht ist, durch das Licht strahlen kann, ergibt sich das Zufallsmuster. Inspiriert wurde das Ganze übrigens vom Blinkenlights-Projekt, und als bekanntermassen allem Alten und Undigitalen verbundenem Blog stehen wir kurz vor der Anschaffung eines Random Screens. Sobald man damit auch Tetris spielen kann, schlagen wir zu.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Speedart und Blinkenlights 2.0


30.01.2007 | 14:14 | Berlin | Supertiere

Gewappnet für den Winter


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Von einem guten Wappentier erwartet man, dass es gewisse charakterliche Grundzüge seines Trägers widerspiegelt. Der doppelköpfige Adler im Wappen Österreich-Ungarns symbolisiert Weitsicht, Scharfsinn und allgemeine Planlosigkeit, der Löwe im Stadtwappen der kreisfreien Stadt Wuppertal verkörpert Virilität, Pioniergeist und eine Neigung zu Alkoholismus etc. Nur konsequent, dass auch die heutigen Grosskonzerne als moderne Staaten im Staat sich in dieser heraldischen Tradition Symboltiere zulegen, die wichtige Attribute ihrer inkorporierten Identität personifizieren. Die Gasag zum Beispiel hat sich mit dem glimmenden, von innen heraus illuminierten Eisbären ein aussagekräftiges Maskottchen gewählt, das auf den ersten Blick unmissverständlich klar macht, dass es hier um Winter und polare Kälte bzw. deren Abwesenheit und also genaues Gegenteil geht. Als grundsympathischer Zeitgenosse dürfte der Eisbär zudem einen Schlag bei grossen Teilen der Bevölkerung geniessen, ungeachtet seines in der Realität mitunter durchbrechenden raubtierhaften Rüpelverhaltens.

Rätselhaft bleibt allerdings die Botschaft der aktuellen Kampagnenmotivs, worin der vermeintlich familienkompatible Sympathieträger ganz augenscheinlich den Hund der Familie qua physischer Überlegenheit aus dessen Körbchen vertrieben hat, um sich selbst wonnig hineinzukuscheln, während jener auf das harte Parkett verwiesen ist, was ihm seinem bedröppelten Gesichtsausdruck nach alles andere als zusagt. Wir wissen nicht genau, was uns das sagen will, aber vielleicht hat es ja irgend etwas mit den in den vergangenen Jahren dramatisch angestiegenen Gaspreisen des Versorgers zu tun. Als Repräsentant der Endkonsumenten vermittelt der geprügelte Hund gleichsam die Botschaft "Du bist nicht allein" und stiftet somit zumindest Trost, wenn nicht gar so etwas wie Identifikation mit dem Angreifer.


30.01.2007 | 02:04 | Berlin | In eigener Sache

Weltchronik – Die Premiere (Gast: Dr. Mark Benecke)


Wir durften uns nicht länger ausschliesslich auf unsere komödiantischen Fähigkeiten verlassen (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Am Mittwoch (31.1., 20:00, Eintritt 10/8 Euro) wird ein neues, monatliches Format seine Premiere erleben, das von Riesenmaschinen-Gastautor Jochen Schmidt und Falko Hennig, dem Gründer der Charles-Bukowski-Gesellschaft, Psoriasis-Forscher und Radio-Hochsee-Gastgeber betreut wird. Die Weltchronik
findet immer am letzten Mittwoch des Monats im Filmkunsthaus Babylon statt und wird den Versuch darstellen, dem vergangenen Monat allein mit der Macht der Worte sowie aller anderen unterhaltsamen Dinge Sinn abzugewinnen. Dabei wird den beiden passionierten Chronik-Autoren ein Gast zur Seite stehen, der exklusiv für sie Tagebuch führt, bzw. sich anders aus der Affäre zieht. Bei der Premiere wird das der bekannteste Forensiker Deutschlands, Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke sein, der bei dieser Gelegenheit erstmalig seine Ganzkörpertattoos einer Deutung unterziehen wird. Und schon im März wird bei der Weltchronik Kathrin Passig zu Gast sein, die sich bereits darauf freut wie Bolle.


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