Riesenmaschine

21.06.2006 | 11:05 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Tatsachen des Bodens


Bahnhof (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
"Um zu fliegen, muss man sich nur auf den Boden werfen und danebenfallen". Um zu liegen, muss man sich nur auf den Boden werfen. Um zu werben, muss man nur etwas auf den Boden kleben, und zwar Floor Graphics, die laut einer Herstellungsfirma, und das kommt jetzt etwas überraschend, im Lebensmitteleinzelhandel "vom Kunden akzeptiert" werden. Nanu? Vom Kunden akzeptiert? Zieht man da den werbeüblichen 250%igen Selbstdarstellungsaufschlag ab, dann steht vermutlich dahinter, dass nur ein geringer Prozentsatz der Supermarktüberfälle direkt mit Floor Graphics begründet wird. Schlechte Werbung wird nämlich nicht besser, indem man sie an anderen Orten als sonst anbringt. Im Moment schiessen Floor Graphics wie Pilze auf dem Boden, seltsamerweise genau zu einem Zeitpunkt, wo praktisch niemand in Deutschland noch den Kopf hängen lässt und nach unten blickt.

In anderen Ländern gibt es Gebiete, wo man besser ständig nach unten blickt. Zum Beispiel in Kambodscha, Angola, Afghanistan oder auch Bosnien-Herzegowina. In diesem Zusammenhang sind noch mehr Bodentatsachen interessant. Zum Beispiel die Mine des Monats, ein Preis, der leider seit März nicht mehr erneuert wurde, schade, welche Mine würde nicht gerne mal gross rauskommen, immer nur Underground hält doch keiner aus. Ebenfalls interessant ist, dass die beiden deutschen Konzerne DaimlerChrysler und Siemens tief ins Landminenbusiness (bzw. Streumunition) verstrickt sind, wogegen man hier gegen sein kann. Die Riesenmaschine wendet sich aber ausdrücklich gegen die einseitige Betrachtung des Zufallskillers Landmine, daran hängen auch Arbeitsplätze, ohne Minen gäbe es also viel mehr Arme.


20.06.2006 | 11:09 | Nachtleuchtendes

Brathirn, selbstgemacht


Nachmachen, Kinder!
(Foto: 44165698@N00 / Lizenz)
Fruchtbar und furchtbar trennt nicht viel, das wissen von zum Beispiel Karnickeln und Kröten überrannte Inselstaaten und Kleinkontinente recht gut. Auch in der Hirnforschung ist das so, wo seit hunderten von Jahren interessante Aufschlüsse gewonnen werden, wenn im Kopf was kaputtgeht. Der berühmteste Fall war wohl Phineas Gage, dem beim Steinesprengen eine Stahlstange durch die Stirn getrieben wurde, und der mit anschliessenden Verhaltensänderungen dokumentiert, wozu das Stirnhirn möglicherweise gebraucht wird. Das war 1848, und bis heute gehen grundlegende Theorieveränderungen oft auf einzelne Kopfdefekte zurück. Die Neuordnung der Sehrinde in einen aktions- und einen wahrnehmungsorientierten Verarbeitungsstrom zum Beispiel wurde von Milner und Goodale vor zwanzig Jahren zunächst mit den sonderbaren Effekten in einem Einzelfall von Kohlenmonoxidvergiftung begründet.

Der grosse Nutzwert lokaler Defekte hat natürlich auch dazu geführt, dass Tieren, besonders Affen, in sogenannten Läsionsstudien oft chemisch oder elektrisch Hirnzellen lahmgelegt oder gleich ganz zerschossen, und die folgenden Verhaltensstörungen akribisch protokolliert werden. Eine durchaus frurchtbare Forschungsmethode. Seit den späten achtziger Jahren kann man dergleichen auch am Menschen ausprobieren. Bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) werden starke Magnetfeldpulse direkt an der Kopfhaut erzeugt, was bei entsprechender Eichung der Felder Hirnareale entweder aktiviert oder für eine gewisse Zeit lahmlegt. Wie das funktioniert, weiss zwar niemand so genau, aber verwendet wird es fleissig. Das gleiche gilt übrigens für die Kopfspinne Orgasmotron, die von der Wissenschaft bislang eigenartigerweise gemieden wird. Ein Tabu?

Noch ein bisschen weniger verstanden als starke TMS sind die Effekte extrem schwacher Magnetfelder, wie sie zum Beispiel Michael Persinger verwendet, um bei seinen Versuchspersonen das Gefühl übernatürlicher Präsenz zu erzeugen. Seine Forschung dazu hat Persinger reichlich Kritik religiöser Gruppen eingetragen. Die von ihm zu Gottbeschwörung und Religiösentriezen verwendeten Geräte liessen sich verhältnismässig leicht zuhause nachbauen, weswegen eine Bande von Geeks bei Sourceforge jetzt auch das openTMS-Projekt gegründet hat. Zwar hat bislang noch niemand behauptet, dass es für solche Hirnbratanlagen nur einen weltweiten Bedarf von fünf Stück geben wird, aber weil das berühmte PC-Zitat von IBM Chef Watson vermutlich auch nie gesagt wurde, haben wir in zwanzig Jahren wohl alle so ein Ding im Wohnzimmer stehen. Wenn es dann noch Wohnzimmer gibt.


15.06.2006 | 09:50 | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter

Im Winter ist es nachts wärmer als ohne Flugzeug


Kondensstreifen entstehen, wenn sich Wolken und Linien paaren
Die Welt wäre zweifellos übersichtlicher, hätten Dinge nicht die Eigenschaft, unerwartet ganz andere Dinge zu verursachen, Dingfortpflanzung. Beim Schmetterlingseffekt zum Beispiel führt das von einem in China umfallenden Sack Reis ausgelöste kühle Windchen zu Schnupfen bei einem Schmetterling in Amerika, der Schnupfen überspringt alle gesellschaftlichen Barrieren und Artenschranken, und ZACK! gibt's in Europa Schmetterlingsgrippepanik und Hamsterkäufe. Legt die Panik sich dann wieder, werden die Hamster an Autobahnraststätten ausgesetzt, es ist ein grosses humanitäres Elend, und alles wegen eines Sacks Reis.

Das ist natürlich alles Unfug, weil es für den Zusammenhang zwischen kaltem Luftzug und Schnupfen nach wie vor keinerlei Beweise gibt, aber es war ja auch nur ein Beispiel für unerwartete Kausalitäten. Hier ist ein anderes: Die manchmal von Flugzeugen verursachten Kondensstreifen reflektieren langwellige Wärmestrahlung zurück auf unser schmelzendes Walfischeis, gleichzeitig aber auch grade erst eintreffende Sonnenstrahlen zurück in den Weltraum. In der Bilanz wird es auf unserem Walfischeis ein bisschen wärmer dabei. Weil nun aber nachts die Sonne nicht scheint, und im Winter die Wahrscheinlichkeit von Kondensstreifen besonders hoch ist, haben Wissenschaftler sich jetzt in der Mittagspause überlegt, dass Nachtflüge im Winter besonders schlecht fürs Klima sind. Obwohl, so unerwartet ist die Kausalität ja gar nicht, hätte man sich eigentlich denken können. Warum kommen wir nie auf sowas?


09.06.2006 | 03:45 | Nachtleuchtendes | Vermutungen über die Welt

Schwarzweissmalerei


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Diejenigen unter uns, die sich noch an den sehr empfindlichen roten Knopf erinnern, den Vizekanzler Willy Brandt 1967 auf der Internationalen Funkausstellung drücken durfte, erinnern sich vermutlich auch, dass die Elterntiere hochaufgeregt waren, als sie uns aus der Wiege vor den Kasten verfrachteten. Die Bilder darin waren jetzt nämlich plötzlich in Farbe, und alles, alles würde nun also endlich gut.

Wie man auf obigem Bild aber unschwer erkennen kann, ist die Farbe im Fernsehen gar nicht echt, sondern kommt – wie alles Übel der Welt – daher, dass man zu lange auf den Apparat draufstarrt, und zwar auf den schwarzen Punkt in der Mitte. Vierzig Jahre lang belogen und betrogen, das ist in der Geschichte der Menschheit fnord sicherlich einmalig.

(Das grössere Original der Illusion gibts hier.)


02.06.2006 | 18:15 | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Von Kugeln und Löchern


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Kugelsternhaufen gehören zu den irrsinnigsten Erfindungen in der Geschichte der Erfindungen. Wenn sich heute jemand sowas wie das nebenstehende Gebilde ausdächte, dann würde man ihn vermutlich entweder mit einem spitzen Stock totprügeln oder mit einem Zombierocksong zum Schlager-Grandprix schicken. Der grösste Kugelsternhaufen in unserer Nähe heisst standesgemäss G1 und befindet sich im Andromedanebel, also nur zwei Millionen Lichtjahre entfernt. Und jetzt das eigentliche Spektakel: Ein wenig erhärtet sich jetzt der Verdacht, dass dieses wirre Monster im Inneren ein mittelgrosses Schwarzes Loch beherbergt, also eines dieser ultramassiven Geräte, die man nicht im Bett haben möchte. Supergrosse Schwarze Löcher sind relativ ubiquitös, nahezu jede Galaxie hat eines, und eher kleine Löcher fliegen auch in grosser Vielzahl durch die Gegend. Aber mittelgrosse Löcher, die fand man bisher nirgends. Vielleicht jetzt das erste im G1, vielleicht deswegen, weil die Beobachtungen von David Pooley und Saul Rappaport leider kein eindeutiges Ergebnis liefern, sondern nur einen abermaligen Verdacht, den man hier im Volltext nachlesen kann. Aber Verdacht hin oder her, selbst der leiseste Verdacht, dass dieses Kugelspektakelding im Innern, wo es vor Sternen dermassen wimmelt, dass man die Bäume nicht mehr sieht, ein Loch beherbergen könnte, ist es wert, erwähnt zu werden, was hiermit erledigt wäre. Ein Superloch im Superhaufen, wer hätte das gedacht.


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