Riesenmaschine

21.12.2006 | 03:08 | Was fehlt | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles | Papierrascheln

...denn es roch so nach Äpfeln und Nüssen


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Der vierte Kondratieffsche Übergang der kapitalistischen Konjunkturentwicklung hält zur bevorstehenden Weihnachtszeit neben Globalisierung und Nanotechnologie gerne auch mal greifbarere Gimmicks bereit. Zum Beispiel in Gestalt eines – beim Lebensmitteldiscounter Plus nach dem grossen Erfolg im Vorjahr bereits zum zweiten Mal nur für kurze Zeit zu erwerbenden – Toilettenpapiers mit Rentiermotiven und Spekulatiusduft. Vorsicht ist trotz Dreilagigkeit für empfindliche Hintern geboten, denn Verbraucherratgeber geben Verbrauchern gemeinhin den Rat, auf parfümiertes Klopapier zu verzichten, um Reizungen vorzubeugen. Spannender und passender hätten wir übrigens eine Variante mit Spekulatiusmotiven und Rentierduft gefunden, selbst wenn, wie der Riesenmaschinen-Korrespondent aus Inari zu berichten weiss, Rentierragout nach nassem Hund riecht und schmeckt. Also vermutlich ganz ähnlich wie das noch aus dem Sommer übriggebliebene Papier mit Grasgeruch. Naja, ist ja auch vom gleichen Hersteller.

Volker Jahr / Michael Brake | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


16.12.2006 | 14:09 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt | Vermutungen über die Welt

Von Luft und Liebe allein


keine autonomen Systeme (Foto: brappy / Lizenz)
Man kann der Natur so einiges und manches vorwerfen. Dass sie Kraut und Rüben sei zum Beispiel. Und dass der Wald nicht gekachelt ist, auch. Doch eines nicht: Dass Maikäfer abstürzen, wenn ihre zwei AAA-Zellen leer sind, Katzen sich alle zwei Stunden heimlich in die Ladestation im Flur setzen, um ihre Lithium-Ionen-Akkus aufzuladen und Ameisen auf die Strasse gehen, wenn Vattenfall die Strompreise erhöht.

Das liegt daran, dass die Natur im Gegensatz zum Menschen ihre Gadgets häufig als autonome Systeme gestaltet. Während der Mensch darunter eine Gruppierung versteht, die alljährlich zum ersten Mai die schöne Oranienstrasse kaputtwirft, statt zum Beispiel mal den Potsdamer Platz, meint die Natur damit, dass sich ihre Gimmicks die Energie, die sie zum Sachen-und-Dinge-Tun so brauchen, einfach selber machen. Es ist ja nicht so, dass die Fernsehfernbedienung beispielsweise keine Gelegenheit hätte, ihren Energiehaushalt zu decken: Im Laufe eines durchschnittlichen Fernsehabends wird zumindest auf die Kanalinkrementierungs- und -dekrementierungstasten eine Menge an mechanischer Energie ausgeübt, die umgewandelt den Strombedarf einer Kleinstadt deckt. Für sehr kurze Zeit zumindest. Genug jedenfalls für das kleine Infrarotlämpchen einer Fernbedienung, die dann ganz ohne Batterien auskäme.

Dass so etwas und noch viel tollere Dinge (Tapeten, die aus dem Lärm der Nachbarskinder Strom für die eigene Stereoanlage erzeugen, Mobiltelefone, die sich aufladen, wenn man seinen Gesprächspartner nur laut genug anschreit) tatsächlich funktionieren, beweist das Graduiertenkolleg Micro Energy Harvesting der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, obwohl es das überhaupt erst seit Oktober gibt. In einer Pressemitteilung heisst es: "Die Umsetzung dieser Vision wird zahlreiche neue Produkte ermöglichen und unsere Lebensumwelt in Zukunft vielfach beeinflussen." Eines dieser neuen Produkte könnte zum Beispiel die Rotationsenergie von Fahrradrädern dazu nutzen, Front- und Heckscheinwerfer mit Strom ... schon gut.


05.12.2006 | 12:14 | Supertiere | Was fehlt

Flieg, Kiwi, flieg


Hier bitte dieses traurige, aber illegale Bild hindenken
Flugunfähige Vögel, was hat sich die Evolution dabei nur gedacht? Schon als vor 1600 Jahren die Moa-Nalos dran glauben mussten, hätte man merken können, dass Vögel wahrscheinlich nicht nur zu rein dekorativen Zwecken herumfliegen. Im frühen 16. Jahrhundert wurden die St.-Helena-Ralle und das St.-Helena-Sumpfhuhn aufgegessen, spätestens 1650 gab es keine Mauritius-Papageien mehr, 1681 erschlug ein spanischer Conquistador die letzte Dronte, schon vor 1700 war es aus mit der Mauritius-Ralle, vermutlich vor 1760 mit dem Rodrigues-Solitär, 1761 war Leguats Sumpfhuhn ausgerottet, irgendwann im 19. Jahrhundert starb das letzte Kosrae-Sumpfhuhn und Ende des 19. Jahrhunderts der Stephenschlüpfer. Es gibt noch 86 Kakapos, ein paar Kagus, etwa 1.500 Galapagosscharben, 200 Waldrallen, 221 Takahes, und jetzt ist der Kiwi dran, von dem es einstmals 12 Millionen gab. 1987 biss ein einziger Hund 500 der 900 Kiwis im Waitangi State Forest tot, Kiwis werden von Wieseln gefressen, treten in Opossumfallen, fressen Rattengift, stolpern in Swimmingpools oder werden überfahren. Auch wenn man die Evolution in ihren sinnlosen und grausamen Experimenten (was kommt als Nächstes, Katzen ohne Beine? Schwimmunfähige Fische?) nicht unterstützen sollte, kann man vielleicht darüber nachdenken, die von Sascha Lobo hier kürzlich aufgeworfene Trendhaustierfrage mit der Anschaffung eines Kiwis zu beantworten. Zwar ist der Kiwi nachtaktiv und völlig unsozial, aber wer ist das nicht; ausserdem ist er pflegeleichter als viele andere Nationaltiere (Löwe, Adler, Biber) und kann im Unterschied zu den meisten Haustieren mit Nasenlöchern an der Schnabelspitze und dem bei Vögeln eher seltenen Schnurrhaarfeature glänzen. Vielleicht braucht er nur individuelle, frühkindliche Förderung, damit er das mit dem Fliegen doch noch lernt. Wir haben es ja schliesslich auch geschafft.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Stavros ist tot


02.12.2006 | 13:10 | Was fehlt | Vermutungen über die Welt

Screenshots


Hier stirbt keiner (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Und hier auch nicht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Wer in den letzten Wochen Mainstreammedien aufschlug, konnte sich dem seltsamen Glauben hingeben, die wunderbare Welt der Computerspiele sei aufregend, gefährlich und grausam. Und das 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Während Eltern, Lehrer, Politiker und sonstige notorisch ahnungslose Mitmenschen vor Angst, Verachtung, Hass oder Angst allerlei forderten, waren jüngere Mitmenschen verunsichert: Irgendetwas machten sie offenbar falsch, immerhin kam bei dem ein oder anderen Computerspiel durchaus ab und an Langeweile auf, selbst wenn es darum ging, Menschen oder als Aliens verkleidete Menschen umzulegen.

Eine sehr hübsche Sammlung äusserst langweiliger Momente aus diversen Computerspielen legt somit eine ganz neue Lesart der aufgepeitschten Berichterstattung der letzten Wochen nahe: Das Problem der Gewaltcomputerspiele ist nicht, dass man in ihnen mit animierten Knarren auf animierte Lebewesen animierte Kugeln schiessen kann. Sondern dass sie früher oder später langweilig werden. Dann nämlich erreicht die sonst ja bestens beschäftigten Jugendlichen der stete Ruf der Mutter bzw. der Gesellschaft: Geh raus! Tu was! Triff Freunde! Und dann, erst dann, hat man den Schlamassel.


01.12.2006 | 00:39 | Anderswo | Was fehlt

Teures Gesicht

Bitte betrachten Sie das Gesicht dieses Mannes einmal etwas genauer. Die unendlich traurigen Augen hinter Brillengläsern, so gross wie kleine Teiche. Die aufeinander gepressten Lippen, die ein fürchterliches Geheimnis zu bewahren scheinen. Die etwas unordentliche Frisur, die nach der streichenden Hand einer liebevollen Frau schreit, dazu das steife, weisse Hemd, der Schlips, der Kragen. Können Sie sich vorstellen, dass genau dieses Gesicht in China Gold wert ist, Gold im Wert von rund 50 Millionen Euro? Schwerlich! Und doch ist es so, denn das Gesicht des traurigen Mannes prangt auf allen Packungen eines höchst erfolgreichen chinesischen Produkts. Sagen Sie uns oder vermuten Sie jetzt bitte, welches, und wir erzählen Ihnen mehr über den Mann, das Produkt und die Firma, die es herstellt. Chinesen und Chinabewohner, die die Antwort auf Anhieb wissen, werden gebeten, sich in den ersten zwei Stunden zurückzuhalten, damit auch der Rest der Welt eine Chance hat, wenigstens noch dieses Mal.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (50)


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