13.02.2006 | 11:38 | Vermutungen über die Welt
Man kann's auch übertreiben. (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Nichts. Das muss das Ziel sein, auch wenn wir uns zur Zeit extrem schnell davon wegbewegen. Denn genauso, wie der moderne Mensch zu Hause in rasender Eile immer mehr Gegenstände anhäufelt, nimmt er immer mehr davon mit, wenn er das Haus verlässt. Vor 100 Jahren noch, es waren paradiesische Zeiten, weder Handy noch Weltkrieg erfunden, trug niemand etwas auf der Strasse. Die Hände frei, die Taschen leer, andächtig dem Verkehrslärm statt dem iPod lauschend und die Augen forschend in der Umgebung. Es waren Zeiten des Aufbruchs, der Begeisterung; Röntgenstrahlen wurden gefunden, Quanten entdeckt, Atomkerne, nur weil man es vorzog, sich die Realität genau anzusehen, anstatt sich mit Telekommunikation und Mikroelektronik zu befassen.
Die Washington Post hat das "Carry stuff" Phänomen jetzt kurz und oberflächlich untersucht, und gleich ein paar Erklärungen anzubieten, die alle irgendwie stimmen. Man wiegt sich im Glauben, man könne ohne dreihundert Gegenstände am Körper nicht mehr leben, man erhebt Sekundär- zu Primärbedürfnissen, weil man sich um letztere scheinbar keine Sorgen mehr machen muss. Ohne das unsichtbare Netz aus Dingen um ihn herum aber wäre der moderne Mensch hilflos, zappelt aufgeregt und überfordert hin und her, weil er nicht mehr weiss, was ein Kanaldeckel ist, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Nachdem wir den Kelch mit vergifteten Dingen ausgetrunken haben, bleiben wir überlebensunfähig zurück und die Welt der Sachen hat leichtes Spiel mit uns. Sie werden uns solange quälen, bis wir genauso leblos sind wie sie.
Deshalb ist es vollkommen falsch, öffentlich Empfehlungen abzugeben, was man unbedingt dabei haben sollte. Hier stattdessen der Weg zum Heil: 1) Staatlich verordnete Stromausfälle an geheimen Tagen. 2) Drastische Steuern auf Hosentaschen, ach, Taschen generell. 3) Vorgeschriebenes Mindestgewicht für alle im Handel erhältlichen Gegenstände (cirka 18 Kilogramm). Sie werden sich noch wundern, diese hirnlosen Dinger.
Kommentar #1 von pascal:
oh, das herumtragen ist imo nicht das problem. eher das ständige angeben: die gadget-träger kommen aus dem ständig irgendwas kommentierenderweise aus der tasche ziehen und wieder zurückgleiten lassen gar nicht mehr raus... schau, ich hab alles dabei. hier ipod mit protestsongs drauf um sich ideologisch zu festigen, kabelbinder um protestplakate aufzuhängen, die ehre der katharina blum, falls jemand intellektuelles vorbeikommt, geklaute kugelschreiber, viel geld,...
13.02.2006 | 16:09
Kommentar #2 von santi:
ich glaube auch, dass es nur ein temporäres phänomen ist. Bald denken sich ultra-gescheite Technikentwickler alle momentanen Geräte in Form eines RFID-ZigBEE-Super-Dupper-Biotech-Implantats aus und man kann direkt aus seinem Hirn telefonieren, Musik läuft im Mittelohrkanal (natürlich stereo in beiden implantiert) und schreiben tut man über einen virtuellen Füller im Zeigefinger installiert. Schöne neue Welt
13.02.2006 | 18:15
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ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Haus etwas anheben, dann mit der Seilbahn rein
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- Mit Bratenschmalz die Ski wachsen
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"Zero Motivation", Talya Lavie (2014)
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