Riesenmaschine

06.07.2006 | 08:07 | Anderswo | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Assoziationskettenmassaker: Buddha bolzt nicht

Dieses Plakat, das im Dongcheng Distrikt in Peking aushängt, wirbt nicht für ein buddhistisches Golfkloster, sondern für teure Immobilien, die in irgendeiner "Rote Mauer Villen Gegend" – so geht Branding hierzulande – ausserhalb der Stadt halbfertig vor sich hinwesen und auf irgendwelche VIP-Käufer warten. Buddhistischer Mönch + Golfschläger + coole Sonnenbrille = Eyecatcher, weil feichang qi guai, dachte man sich sicher in der Beijing East Xinhe International Advertising-Agentur, und fertig war die Kampagnenlaube.

Dabei sind Golf und Buddhismus gar nicht so weit auseinander, wie der chinesische Werber glaubt; in seinem Essay "Golf and Buddhism" hat Reverend Marvin Harada von der "Orange County Buddhist Church" dazu einiges Banales sagen können. Aber auch der birmanische Diktator General Ne Win, der 1962 im Zuge seiner Machtergreifung einen Buddhistischen Sozialismus proklamierte, war passionierter Golfer. Während seiner Ägide liess er in dem ansonsten recht unlifestyligen Land eine grosse Anzahl Golfplätze anlegen. Nach dem Sturz Ne Wins wurde Birma zwar in Myanmar unbenannt und der buddhistische Sozialismus gestrichen. Ansonsten änderte sich nicht viel: Der Klerus des weiterhin buddhistischsten Lands der Welt ist bis heute eng mit den regierenden Militärs verbandelt, die weiterhin Golfplätze bauen und auch dort ihre Entscheidungen treffen, bisweilen sogar ihre Untertanen. So wird von General Saw Maung, dem ehemaligen Vorsitzenden der Junta, die bis 1997 den ungemein dystopischen Namen SLORC trug, berichtet, er habe seine Berater mit Golfschlägern verprügelt, wenn das Einputten nicht klappte. Bitte assoziieren Sie von hier ab selbst.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Assoziationskettenmassaker

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


Kommentar #1 von Hempel der Weltenbummler:

Myanmar? War das nicht eines der Länder, die seit jüngster Zeit google und andere Suchmaschinen blockieren, um die Bevölkerung von unbequemen Teilen des Internet fern zu halten? Und, war es nicht auch das Land, dessen Namen ich bis vorgestern nicht mal kannte? Faszinierend. (hier wäre ein horizontal-smiley mit hochgezogener Augenbraue angebracht, in Bezug auf Spock. Aber wir wissen ja, wie willkommen Smileys im brandneuen Universum sind)

06.07.2006 | 11:00

Kommentar #2 von CYS:

Vom SLORC zum Ork bzw. auf die Enterprise; netter Versuch, Hempel. Und tatsächlich: Wenn gerade mal Strom da ist, wird in Myanmar so einiges weggeblockt, aber das nicht erst seit neulich. Trotzdem: Ein sehr schönes und in der Tat faszinierendes Land, wie man oben sieht.

06.07.2006 | 11:13

Kommentar #3 von CFB:

Über die Freizeitgestaltung buddhistischer Mönche wundere ich mich schon lange nicht mehr. Die können alles und dürfen das sogar. In Thailand liegen die auch einfach mal mit Mekong-Whiskey im Arm auf der Parkbank. Bei uns ist das ja leider nur bestimmten Leuten gestattet, die sich die nötige Fachkompetenz erst mühsam erarbeiten mussten.
Es scheint fast, als wäre in Länder wie Birma und Thailand Buddhismus eher so was wie ein Lebensgestaltungs-AddOn, halt etwas, das die Möglichkeiten der Existenzausschmückung erweitert. In Japan und an unseren VHS wirkt das Ganze eher limitierend. Andererseits dürfen da ja auch Motorrollerbesitzer fast alles, auf den Strassenverkehr bezogen sogar nichts anderes als das. Religiösität oder Motormobilität ist da drüben vermutlich gleichwertig.
An Birma selbst finde ich übrigens am interessantesten, dass die englische Version Burma lautet. Ist Deutsch also vielleicht nicht mehr als Englisch in Lautschrift?

06.07.2006 | 13:20

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