Riesenmaschine

05.08.2007 | 10:58 | Berlin | Alles wird besser

Townhouses à la Gaza


Vorsicht, es wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das neue grosse Wohn-Ding in Berlin sind derzeit die Townhouses. Dabei ist unter dem Begriff durchaus Platz für unterschiedliche Konzepte und Vorstellungen davon, wo die Reise der Stadt durch die Zeit hingehen soll. Während das noch von Baudirektor Stimmann durchgesetzte individualistische Ensemble am Friedrichswerder in Mitte das grossbürgerliche "Anything goes" der Kaiserzeit emuliert, wird in den Prenzlauer Gärten am Volkspark Friedrichshain das kleinstädtische Vorortidyll von – sagen wir: – Münster-Gievenbeck im neuen International Style der Gated Community aus einem Guss inszeniert. Obwohl längst nicht restlos verkauft, werden dort gerade die meisten Einheiten bezugsfertig gestellt. Schon parken Family-Vans und Mittelklasse-Limousinen in den Einfahrten, einzelne Balkone sind mit Vorgarten-Windspielen und bunten Glaskugeln dekoriert, Kinder in Bullerbü-Outfit und mit ebensolchen Namen spielen artig zwischen den Rabatten. Nur zwei seltsame Kuben aus massivem Beton an der Einfahrt befinden sich noch im Rohbaustadium und geben Rätsel auf: Werden hier demnächst zeremonielle Torwächter mit hoher Fellmütze und Bajonett patroullierend ihren Dienst versehen? Oder werden die Dinger doch noch mit Sandsäcken und Maschinengewehren zu veritabel wehrfähigen Wachtposten-Stellungen à la Gaza-Stadt hochgerüstet? Das hängt wohl auch davon ab, wie sich das soziale Klima im umliegenden Favela-Bezirk Prenzlauer Berg in der nächsten Zeit verschärft.


Kommentar #1 von Daniel:

Eben daran vorbeigeschlendert. Das ist so unglaublich kleinbürgerlich, von der Stillosigkeit ganz abgesehen. Nils Minkmar schreibt derweil heute in der FAS: "(...) alle landen abends im Restaurant "Grill Royal", um einigermassen ratlos festzustellen, dass Berlin nun aussieht wie Düsseldorf." Wenn's denn wenigstens so wäre!

05.08.2007 | 16:46

Kommentar #2 von Vlad Kefir:

Lustig, das Phänomen, dass ausschliesslich so genannte Kleinbürger das Wort "kleinbürgerlich" verwenden, um etwas, also ihre Herkunft und eigentlich ihr kümmerliches Dasein zu beschreiben, um von ihm abzulenken, indem sie die FAS lesen, die heissen natürlich auch alle Daniel, Benjamin und Oliver

05.08.2007 | 18:26

Kommentar #3 von Eric:

Dafür musste Berlins beste Klappe weichen. Schande.
Wer nicht weiss was eine Klappe ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Klappe_(Sex)

05.08.2007 | 22:54

Kommentar #4 von Norman:

Zu dem Thema Townhouse im Prenzlauer Berg habe ich das ier auch schon gesehen.
http://motheroftheretardedbutcher.blogspot.com/2007/06/wo-geht-das-licht.html

06.08.2007 | 09:03

Kommentar #5 von Holm:

Willo Göpel, Projektsprecher der Prenzlauer Gärten, merkt an:
1. Die Einheiten der Prenzlauer Gärten sind ­ entgegen Euerer Meldung ­
vollständig verkauft.
2. Eine "Gated Community" findet nicht statt. Im Gegenteil ­ die Privatstrasse ³Schweizer Garten² ist mit einem öffentlichen Wegerecht belegt
und für jedermann zugänglich.
Die von Euch investigativ aufgedeckten Rohbauten sind (links) das Müllhäuschen und (rechts) das Pförtnergebäude, der fremde Autofahrer mittels Schranke am Befahren des Gelände hindern soll ­ im übrigen ein Wunsch der öffentlichen Hand und nicht des Bauträgers.

06.08.2007 | 16:48

Kommentar #6 von Cujau:

Tja, es stimmt; man lebt hier in einem Krisengebiet. Jeden Tag Terror, von früh bis spät. Armes Dixi!
http://cujau.de/index.php?/archives/40-Wohnen-in-Gaza.html

10.08.2007 | 09:59

Kommentar #7 von Masematte:

Münster-Gievenbeck als "kleinstädtisches Vorortidyll" zu bezeichnen ist leider falsch, denn Münster ist (laut Wikipedia seit 1915) eine Grossstadt, auch wenn es einem Berliner mangels Indizien wie innerstädtischem Schienenverkehr und unüberwindbaren Marsch-Distanzen zwischen zwei annehmbaren Tanzlokalen wahrscheinlich nicht so vorkommen mag. Zum anderen könnte man hier dem Irrtum auferliegen, das junge Durchschnittsalter in MS-Gievenbeck läge an den vielen jungen Familien und Studenten, die sich, wie es die Webseite suggeriert, aufgrund des ruhigen und harmonischen Umfeldes ansiedelten. Vielmehr ist MS-Innenstadt eine Overcrowded Community, und viele Studenten, die nach dorthin ziehen wollten, haben nichts zum wohnen gefunden, waren zu faul zum Suchen, oder wollen (müssen wegen Gebühren)tatsächlich viel studieren, tragen dann aber auch nichts zum Vorortidyll in Gievenbeck bei, weil sie am Wochenende in der schönen Altstadt zechen,und sich dann im Vorortbild nur dadurch bemerkbar machen, dass Samstags Nachmittags die Rollos im Studentenwohnheim runtergezogen sind. Mit den Statistiken aus Münster ist es eh so eine Sache: In den demografischen tauchen die Studierenden grundsätzlich auf, in den politischen nicht. Ein Blick auf Wikipedia genügt, um sich davon zu überzeugen, oder wie erklärt man sich eine Stimmenverteilung mit 42% für die CDU in einem so jungen Vorortidyll voller Studenten? Richtig, denen ist Give-Back scheissegal, die wollen es so schnell wie möglich los werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnster-Gievenbeck
Ich für meinen Teil fände eine International Gated Community im Style einer Grossstadt in Gievenbeck viel attraktiver.

14.08.2007 | 02:35

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