Riesenmaschine

29.04.2006 | 09:58 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Rolling Stones


Querfeldeinschnittlähmung (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Schon der Mensch an sich ist eine recht mangelhafte Konstruktion. Doch inmitten der Gattung gibt es Menschen, die noch mehr als andere durch ihre speziellen Mängel und Bürden fremdbestimmt waren.
Die Zeiten, in denen Alter und Behinderung ein Stigma waren, sie scheinen nun wie weggewischt. Ein unglaublich naheliegende Erfindung wird den Alltag Gehbehinderter in naher Zukunft dermassen aufmöbeln, dass es kaum abzusehen ist. Einfach Ketten statt Räder an einen Rollstuhl schrauben und schon geht sie los, die neue Zeit. Während betagte, ältere Damen, von Gendefekten und artverwandten Bugs Geplagte sowie Opfer von Unfällen bislang stets auf Hilfe angewiesen und in ihrem Aktionsradius massiv eingeschränkt waren, steht nun eine Zukunft ins Haus, bei der man beim winterlichen Spaziergang durchs verschneite Dickicht euphorisierten Rollstuhlfahrern ausweichen müssen wird. Oder unsanft auf der Treppe von hinten überrollt wird. Einigermassen absehbar, dass bei all der entstehenden Begeisterung der ein oder andere Gehbehinderte die Fähigkeiten des neuen Geräts überschätzen wird. Wer aber zerrt dann den gestrauchelten Panzerstuhl samt Fahrer aus den gefährlichen Schneemassen? Es ist ein Kreuz. Die Mängel, sie vernichten die Träume des Menschen ein ums andere Mal.


28.04.2006 | 19:24 | Anderswo | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Wasser Marsch


Ganz wichtig: Quellenangaben (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Geschrei auf den Strassen Europas war gross, als 2003 George W. Bush in den Irak einmarschieren liess. "Krieg ums Öl" titelten linke Blätter und witterten unfreundlichen Kapitalismus. Bald schon aber werden diese Gazetten "Krieg ums Wasser" rufen, wenn man dem politikwissenschaftlichen Kassandrakomplex trauen darf. Ähnlich wie in Waterworld, wird behauptet, werden wir uns wegen Wasser noch hübsch die Köpfe einschlagen. Bzw. eher: Die sich, denn die Wasserproblematik stellt sich zunächst vor allem in den trockenen Gebieten der Erde. Während in Europa die Qualität des Wassers mittels des Grander-Effektes längst derart verbessert wurde, dass man mit dem an sich mittelprächtigen Produkt Wasser sogar seinen Mercedes auf Hochglanz bringen kann, steht beispielsweise in Libyen eher Quantität auf der Tagesordnung.

Mit einer Hybris, die nur Autokraten an den Tag legen, lässt Gaddafi dort seit über 20 Jahren (und für weitere 25 Jahre) einen grossen, von Menschenhand erschaffenen Fluss bauen. Dafür wurden die Wasservorräte eines sich unter der Wüste Sahara befindlichen Urmeeres angezapft. Das Wasser, das zum Teil bereits 38.000 Jahre unnütz unter dem Sand rumliegt, wird in 6.500.000 m³-Portionen pro Tag über 4.000 km durch das Great Man-Made River-System abtransportiert werden. Das "achte Weltwunder" (Colonel Muammar al-Gaddafi) kostet bislang 25,6 Milliarden Dollar, soll die wachsende Bevölkerung des Landes mit Wasser versorgen – und wird zur Folge haben, dass die Sahara noch weiter austrocknet (ja, das geht, von unten nämlich). Das Projekt ist also zwar hübsch grössenwahnsinnig, aber kein sonderlich nachhaltiger und dauerhafter Lösungsansatz. Denn irgendwann ist das Urmeer einfach leer, all die grünen Anbauflächen in Libyen verdorren – und der Krieg ums Wasser kommt trotzdem. Der einzige solche Krieg, den die Geschichte bislang kennt, trug sich übrigens 2500 v. Chr. zu, als Ulama, der König des Stadtstaates Lagasch, dem benachbarten Umma das Wasser gleich zweiter Flüsse abgrub: Euphrat und Tigris im damaligen Mesopotamien. Das Land heisst heute Irak – und gekämpft wird immer noch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Wann werden wir das Wasser verstanden haben?


28.04.2006 | 15:48 | Berlin | Anderswo | Alles wird schlechter | Listen

Das Grauen hat einen N@men


Berlin: Normal schlecht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Auch Berlin: Lächerlich schlecht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Zingst an der Ostsee: Irrwitzig schlecht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Internet! Lobt und preist es, was hat es uns alles an herrlichen Dingen gebracht. Wir lernen Menschen kennen, die exakt die gleiche Störung haben wie wir, wir können mit ihnen weiterkommunizieren, wenn sie nach Belutschistan umziehen, wir können bloggen, von wo wir wollen und dabei auch noch bis zu 4,37 Euro am Tag mit Adsense verdienen! Aber ach, wo das Internet auf die richtige Welt stösst, beherrschen Verwirrung und Dummheit zu grossen Teilen die Szenerie. Das lässt sich besonders an den Namen von Internet-Cafés ablesen. Doofe Namen von Geschäften sind im Moment ja hip und gehen wie gestohlen Brot. Insofern freuen wir uns, den Anstoss für eine neue Liste geben zu können. Fortsetzung demnächst auf Spiegel Online.


28.04.2006 | 10:29 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Memento Mori


As time goes by (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Lange genug wurden Gadgets als unnötiger Unsinn und Zivilisationsmüll abgetan, obwohl die letzten, grossen Revolutionen ja fraglos von kleinen, am Körper tragbaren Dingen ausgelöst wurden. So wie der iPod endlich den in Absolute Giganten geäusserten Wunsch "Es müsste immer Musik da sein" Wirklichkeit werden liess und das Leben in der Postmoderne erst erträglich machte, so bedeutet das wieder entdeckte US Patent No. 5,031,161 nichts weniger als den nächsten kapitalen Umbruch. Die uhrförmige, kleine Erfindung verrät dem Träger seine Lebenserwartung in Jahren, Monaten, Tagen, Stunden und Minuten. Der Effekt wird grossartig sein: Endlich wird das Leben zu einer vorstellbaren Grösse! Erbstreitereien gehören der Vergangenheit an, alles kann noch entspannt geplant werden, ehe abgenippelt wird. Endlich wird man bei der Wahl der Lebensversicherung nicht mehr über den Tisch gezogen! Endlich kann der aus der Tages- und Wochenplanung beliebte To-Do-Listenismus auf das Leben übertragen werden, endlich hat das ständige Aufschieben seine Berechtigung verloren und an seine Stelle treten schöne, sinnvolle Notizen: Unbedingt bis 30 erledigen: Agentur gründen, Weltreise, Studium fertig! Deadline Mitte 35: Familie (urgent!), Doktortitel, Mercedes kaufen. Nicht vergessen: Erbe in den nächsten drei Wochen verprassen! Schon bald wird man sich fragen müssen, wie man bisher nur sinnvoll ohne diese Erfindung leben konnte. Was aber passiert eigentlich, wenn die Batterie leer ist und das Ding stehen bleibt?


27.04.2006 | 23:39 | Was fehlt

3000 Zimmer


Ersatzbild für dieses vermutlich nicht rechtefreie Bild
Hotel Post ist der beliebteste Herbergsname im deutschen Sprachraum. Google hat 191 Millionen Einträge zu diesem Namen, was hypothetisch bedeutet, dass sich jeder Deutsche in etwas mehr als zwei Posthotelbetten gleichzeitig breitmachen könnte, und auch für Österreicher, Südtiroler, Schweizer und Wolgadeutsche noch reichlich Platz wäre, wenn jedes Hotel auch nur ein einziges Bett hätte. Das grösste Hotel der Welt hingegen steht in Pjöngjang/Nord Korea. Allerdings ist es in keinem Stadtplan eingezeichnet und kein Fremdenführer kennt es, wenn man nach ihm fragt. Dabei hebt es sich für jeden gut sichtbar von der Silhouette der Stadt ab. Das ist so, als ob man einen Elefanten in einer Ecke seines Zimmers stehen hätte, und ihn einfach ignorieren würde. (Vielleicht tarnt Nordkorea sein Superhotel aber auch mit einem Problem-Anderer-Leute-Feld.)

So war das nicht immer, denn als das Ryugyong Hotel noch gar nicht existierte, gab es bereits Briefmarken, die es abbildeten, und in die Stadtpläne hatte man es auch schon aufgenommen. Es sollte das höchste Gebäude der Welt werden, bis 1992 jählings alle Bautätigkeiten eingestellt wurden, keiner weiss warum, vermutlich sah man ein, dass das Haus sowieso nie richtig ausgelastet werden würde – bei 3000 Zimmern für die paar tausend Touristen, die das Land pro Jahr besuchen dürfen. Nun scheint aber nicht nur Pjöngjang unter einer Hotelkrise zu leiden, sondern auch Berlin, wo Luxuszimmer im von Karl Lagerfeld ausgestatteten Schlosshotel Vier Jahreszeiten längst beim Lebensmitteldiskounter Plus ("Prima Leben und Sparen") verramscht werden.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Im Dutzend surrealer


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