Riesenmaschine

08.06.2006 | 01:30 | Alles wird besser

Die Ja-Männer? Vielleicht.


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
In einem schönen Dokumentarfilm wurden vor drei Jahren die subversiven Yes-Men einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Die Yes-Men schleichen sich, in Verkleidung als Firmen- oder Regierungsvertreter, auf Konferenzen ein, und halten Vorträge, die nach glaubwürdigem Beginn zunehmend bizarre Formen annehmen und die ökonomischen und politischen Absichten der Konferenzteilnehmer und vor allem der dargestellten Opfer, unterlaufen.
Es liegt daher nahe, auch den offenbar gefälschten Vortrag von Vertretern der vorgeblichen McDonald's-Tochter Interactive, in dem diese sich vom Mutterunternehmen wegen dessen zunehmend gemeingefährlicher Firmenpolitik lossagte und der am Dienstag auf dem UK Serious Games Summit für Wirbel sorgte, den Yes-Men oder ihrem Umfeld zuzuschreiben. Neben dem lobenswerten Ansatz, das Böse da zu pieken, wo es kitzelt, gefällt uns dabei die in der Powerpoint-Datei des Vortrags enthaltene McDonald's-Braut besonders gut. (via BoingBoing)


07.06.2006 | 21:57 | Was fehlt | Sachen kaufen

Die Welt zu Gast bei Freunden


Mohammed Atta (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Die Firma Panini mit ihren Klebebildchen ist ja der einzige Weltkonzern, der mit der Fussball-WM einen Riesenreibach macht, ohne Image und Street Credibility einzubüssen: Wenn erwachsene Männer und Frauen Fussballbilder tauschen, ist der Niedlichkeitsfaktor hoch. Das weiss die Firma Panini selbstverständlich auch und hütet dieses unschuldige Disney-Image aufs Sorgfältigste. Neuerdings kann man unter www.mypanini.com ein eigenes Passbild hochladen, in das berühmte Klebebild-Layout einpassen und sich 10 Sticker mit dem Bild seines Sohnes, Neffen oder Opas zu einem günstigen Preis bestellen. Süss! Dieses System ist leider todsicher und genau so wenig zu torpedieren wie die Eintrittskarten-Politik der FIFA. "Ein Freund von mir" hat es versucht und ist kläglich gescheitert. Zu Recht, denn so geht es ja nun wirklich nicht!

Sehr geehrter Herr Xxxxxxx-Xxxxxxxxxx,
in unserer Datenbank sind wir auf Ihren Sticker "mohammed atta" gestossen.
Zu unserem Bedauern können wir diesen nicht drucken und haben Ihnen deshalb den bezahlten Betrag wieder zurückgebucht. Wir können dies leider nicht mit unserer Firmenpolitik vereinbaren.
Wir danken für Ihr Verständnis und verbleiben
mit freundlichen Grüssen
Panini New Media


07.06.2006 | 15:26 | Anderswo | Papierrascheln

Viswanoglu


Plagiarismus ist nicht nur ein Problem des Literaturbetriebs (Foto: dweekly / Lizenz)
Plagiarismus ist eine eher langweilige und auch nicht besonders überraschende Sache, vor allem, wenn es um Romanautoren geht, die sich angeblich bei wissenschaftlichen Texten bedient haben. Der englische Richter, der den Plagiatsprozess gegen Dan Brown leitete, langweilte sich dabei sogar so sehr, dass er in den Urteilstext seinen eigenen Code einbaute. (Für unsere kleinen Knobelfreunde und für zwangsneurotische Dan-Brown-Fanatiker hier das komplette Urteil samt Code als PDF.) Was bei den Plagiatsvorwürfen nicht überrascht, ist die Tatsache, dass sich Fiktion bei Wissenschaft bedient, bewegen sich die beiden doch zumeist in recht säuberlich getrennten Parallelwelten, und wenn man dann beispielsweise abends nach Meerestieren forscht, findet man im Internet nach dem vierten Glas Rotwein eben ein paar wissenschaftliche Artikel und schwupps werden diese Artikel literarisch verarbeitet und verkaufen sich wie warme Semmeln.

"Parallelwelten?" wird sich der aufmerksame Leser denken, "da war doch was"? Knapp daneben, in Deutschland heisst das nicht Parallelwelt, sondern Parallelgesellschaft, und das Wort verweist auf die Integrationsprobleme von Menschen mit Migrationshintergrund. Feridun Zaimoglu, dem ehemaligen Bart- und Preis-der-Jury-Träger des Bachmannwettlesens 2003, wird vorgeworfen, Teile seines Romans "Leyla" bei Emine Sevgi Özdamars Roman mit sehr langem Titel abgeschrieben zu haben. Die in der Presse aufgeführten "Plagiatsbeispiele" überzeugen freilich noch nicht, sondern lassen einen eher zur überraschenden Erkenntnis kommen, dass junge türkische Frauen ähnliche Erfahrungen machen.

Sehr viel sexier ist da schon der letzte grosse Plagiatsfall aus den USA, der in Deutschland fast nicht erwähnt wurde. Hier die Kurzfassung: 17-jähriges reiches gut aussehendes Mädchen indischer Herkunft will unbedingt nach Harvard, heuert dafür eine Coachingfirma an, deren Betreuerin die "autobiografischen" Geschichten des Mädchens an einen Buchverlag vermittelt, der dem Mädchen 500.000 Dollar Vorschuss für zwei Romane gibt. Das erste Buch erscheint, die Autorin ist mittlerweile 19 Jahre alt und studiert in Harvard, als im harvardeigenen Blatt Vorwürfe auftauchen, das Buch sei eine schlecht getarnte Kopie eines anderen Frauenromans von Megan McCafferty. Und in diesem Fall sind die Übereinstimmungen so auffällig, dass man auch beim allerbesten Willen nicht der Entschuldigung Kaavya Viswanathans (so der Name des Mädchens, hier der Wikipedia-Eintrag mit vielen Plagiatsbeispielen) folgen kann, sie habe den anderen Roman zwar gelesen, aber nicht kopiert, sondern "verinnerlicht". Der Verlag hat am 4. Mai das Buch vom Markt genommen, bei amazon können Interessierte noch überteuerte Restexemplare kaufen, und auf youtube gibt es schon den ersten hilflosen Ehrenrettungsversuch, der jedoch nur ein "Saturday Night Live"-Video mit Natalie Portman plagiiert.


07.06.2006 | 11:21 | Anderswo | Supertiere | Was fehlt

Aussterbende bitte hinten anstellen


Besonders pelzig ist das nicht.
(Foto: kevinzim) (Lizenz)
Tiere sind eine feine Sache. Man kann sie anschauen und sich wundern (Gürteltier, Anemone), man kann von ihnen lernen (Faultier, Biber) oder sich mit ihnen balgen (Hund, Termite), und man kann sich sogar von ihnen aufessen lassen (Schnappschildkröte, Grizzly). Ausgesprochen schade ist es daher, dass zahlreiche Tierarten schon den Weg in die Leckere Suppe angetreten haben; oder aufs Grosse Pausenbrötchen, oder woran man als frommes Tier kurz vor dem Artenerlöschen heutzutage sonst so glaubt.
Diese allenthalbene Aussterberei erbost den Tierfreund natürlich. Der besonders in Deutschland und Österreich umstrittene australische Krawallschläger Peter Singer hat gerade in Buchform dargelegt, was man so essen darf, wenn einem das Wohl pelziger Organismen am Herzen liegt. Manchem aber ist diese Arterhaltung durch korrekte Speisenfolge nicht schnell oder irrwitzig genug. Paul Martin von der University of Arizona zum Beispiel veröffentlichte grade ein Buch, in dem er die umstrittene These zu untermauern versucht, wonach der Mensch vor 10000 Jahren beim Einwandern Nordamerikas sogenannte Megafauna einfach aufass. Mammuts, Kamele, Riesenfaultiere und die anderen Riesenureinwohner wurden, sagt Martin, allesamt Opfer menschlichen Riesenhungers. Bedauerlich, sagt Martin, aber nicht unumkehrbar, und argumentiert für Rewilding, also die Wiedereinführung von Tierarten, die den gegessenen entsprechen: von Nashörnern, Löwen und Kamelen.

Aber Kameljagden in Texas sind nur der halbe Spass. Nach dem kürzlichen Durchbruch in der Mammut-Gen-Forschung ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der schon erfolgten ethischen Absegnung des Mammutklonens und der Planung eines Pleistozän-Parks erst elefantengrosse Klontaten folgen, und dann leckere Spanmammut-Grillabende (Tipp: mit Wassermelone im Maul bleibt das Tier schön saftig). Ziel ist womöglich ein Klonofen nach dem FIFO-Prinzip, bei dem man auf der einen Seite ausgestorbene Tierarten reinschiebt, und sie auf anderen bratfertig wieder rauszieht. Grade erst aussterbende Tiere – wie zum Beispiel der soeben neu entdeckte blinde Krebsartige aus einer Höhle in Israel – sollten sich also schon mal auf eine längere Wartezeit einrichten. Zuerst müssen schliesslich die Moas und Dodos zurückgebracht werden, die waren besonders lecker.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Die Frühjahrstiere 2006 sind da


07.06.2006 | 02:10 | Essen und Essenzielles | Zeichen und Wunder

Dekoratives Vernichten


Gelingt immer und klebt nicht (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Seit Wochen schon spritzen einem beim Surfen allenthalben Fotos und Videos entgegen, in denen ein paar Mentos ("The Freshmaker") Kaudragees in eine Flasche Diätcola geworfen werden. Diätcola geht den Mentos vernünftigerweise weiträumig aus dem Weg und sprüht also meterhoch aus der Flasche. Der Effekt, der auf einer Reduktion der Cola-Oberflächenspannung und infolgedessen schlagartiger Freisetzung aller Kohlensäure durch das in Mentos enthaltene Gummi Arabicum basiert, produzierte bis dato 389.000 Google Treffer für die Suchwort-Kombination Mentos und Coke allein, hat also mit anderen Worten neben beträchtlicher Mengen anderweitig komplett nutzloser Limonade und klebriger Bonbons mit bescheuerter Werbekampagne auch enorme Quantitäten Nerdfreizeit vernichtet, die sonst zweifellos eitel vertändelt worden wären, hat also im Ganzen höchst positiv zur Weltentwicklung beigetragen. Und im Falle dieser Mentos/Coke-Fontänensymphonie ist nicht nur die materielle Bilanz (202 Liter Cola und 523 Mentos aus dem Verkehr gezogen), sondern sogar das Video prima.


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